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Gudrun Beck
Der lenkbare Hass einer Nation
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Der Unfall
Am Anfang stand der tragische Tod eines 6-jährigen Jungen in Hamburg.
Er war von 2 scharf gemachten Hunden einer "Kampfhundrasse" zerrissen worden.
Zumindest einer von diesen Hunden war schon einmal auffällig geworden, so dass
über ihn Leinen- und Maulkorbzwang verfügt worden war. Zum Tatzeitpunkt
lief dieser Hund mit einem ähnlichen zweiten Hund frei herum.
Der Unfall war so schrecklich, dass jeder, der von ihm hörte, bestürzt und
betroffen sein musste. Der Hass richtete sich sofort gegen die Hunde als die
brutalen Täter. "Weg mit all solchen Bestien", war eine schnell verbreitete Stimmung,
die die Medien immer weiter anheizten, nicht zuletzt, indem sie täglich von neuen Unfällen
mit Hunden berichteten. Plötzlich war jeder Hundebiss eine neue Schlagzeile wert.
Ein Teil der Bevölkerung hat jetzt erst so richtig Angst vor Hunden bekommen,
ein anderer Teil verspürt einfach nur Hass.
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Die Reaktion der Politiker
Die Politiker sahen sich einerseits unter Druck gesetzt, jetzt
(endlich) etwas zu tun, um die Bevölkerung vor solchen Unfällen zu schützen, erblickten andererseits
aber auch die Chance, sich nun in den Augen der offenbar Hunde hassenden Mehrheit mit rigorosen
(Anti-)Hundehaltungs-Verordnungen zu profilieren.
So einmütig wie nie quer durch die Parteien wurde eine Landeshundeverordnung nach der anderen
beschlossen. Die Konzepte dazu lagen z. T. unbeachtet schon
lange in den Schubladen. Offenbar wartete man auf einen solchen Unfall,
um die anschließende Stimmung in der Öffentlichkeit zur Durchsetzung zu benutzen.
Oder sie wurden im Hauruckverfahren zusammengesetzt und sogleich beschlossen.
Die Verordnungen selbst "erzählen" von der Inkompetenz ihrer Verfasser.
Da wurden willkürlich Hunderassen zu "Kampfhunden" erklärt und sogar Rassen aufgelistet,
die es gar nicht gibt (z. B. Chinesischer Kampfhund, Römischer Kampfhund)!
Fragen, die auf jeden Fall noch zu beantworten sind, sind die nach der Vollziehbarkeit der neuen Regeln,
gerade weil sie viel zu viele Menschen auf einmal treffen!
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Stellvertreterfunktion: "Ausländer raus!"?
Interessant ist es, zu beobachten, wie vor allem Namen ausländischer
Hunderassen sich dort finden.
Hat man Angst vor der Lobby, die Kommissar Rex und Bernhardiner Beethoven
möglicherweise doch bei uns im Staate haben?
Warum wird zwar nicht Bernhardiner und Deutsche Dogge, wohl aber die i.d.R.
genauso friedfertige Bordeaux Dogge oder der viel kleinere Dogo Argentino in
der gleichen Aufzählung zum "Kampfhund" - Kategorie 1, wie der American
Staffordshire Terrier oder der Pitbull Terrier, deren Schlagzeilen wir ja
nun leider kennen? Hat der schrecklich starke Huutch hier mitgewirkt? Nimmt
man dem Dogo seine Ahnen übel? Dann müsste man auch die meisten anderen
Terrier-Rassen verbieten!
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Das Denunzieren
Zur allgemeinen Anti-Hundestimmung der Medien und der Politik kamen Aufrufe von Wohnungsbaugesellschaften,
Nachbarn zu denunzieren, die "Kampfhunde" halten. Da nun auch Ordnungsämter und Polizei Razzien starteten,
war das Denunzieren äußerst Erfolg versprechend.
Die Bevölkerung hilft wie nie zuvor den öffentlichen Stellen, Hunde "auszumerzen". Denn man weiß ja,
dass die Tierheime nun überfüllt sind und den "eingezogenen" Hunden die Todesspritze bevorsteht und
wünscht sich diese auch.
"...und hier wohnt ein fanatischer Schäferhund, aber gegen den können wir nichts machen.
Der steht ja nicht auf der Kampfhundliste.", hörte ich zwei alte Frauen sich unterhalten, als
sie gerade am Garten unserer Nachbarn vorbeigingen. Die einzige Unart, die bei diesem Hund auffällt,
ist, dass er fremde Hunde anbellt, an denen er, immer brav angeleint, vorüber geführt wird.
Auch unsere Collies hatten Besuch vom Ordnungsamt. Einen Tag später erzählte mir meine Mutter,
was man ihr im kirchlichen Handarbeitskreis zu berichten hatte: "Ihre Tochter wird ihre Hunde ja
jetzt wohl einschläfern müssen... Das Ordnungsamt war schon da!". Dem ist natürlich nicht so, da
unsere Hunde vernünftig gehalten werden. Außerdem hätte das Ordnungsamt wahrscheinlich andere
Vorschriften gemacht, als einschläfern. Ganz so weit sind wir Gott sei Dank noch nicht!
Wie kommen die braven christlichen Nachbarn wohl darauf? Meine Hunde trifft keine Schuld. Sie sind schon
für die Rettungshundausbildung auf maximale Menschenfreundlichkeit hin erzogen worden und dürfen
in Wohnung und Garten nur ausnahmsweise bellen. Allein ihre Existenz ist manchen ein Dorn im Auge.
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Gewalttätige Hundehasser auf der Straße und in Parks
Hundebesitzer und Hunde sind willkommene Opfer ohnehin Streit suchender Mitmenschen und
Gruppen geworden. Kinder aus Familien mit Pittbull Terrier werden mit Steinen beschmissen, bis sie mit schweren
Kopfverletzungen ins Krankenhaus müssen, Rentner gehen mit Krückstock auf Hundehalter los, deren
Hund gerade für die Diskussion am Baum angebunden ist, Jugendliche provozieren so gut sie können.
The war begins!
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Wo bleibt die innere Sicherheit?
Fazit: Brauche ich demnächst eine Schusswaffe für's Gassigehen? Oder muss ich immer
warten, bis mein großer, starker Lebensgefährte Zeit hat, mitzukommen? Sollte FRAU doch lieber
hinter dem eigenen Herd bleiben als überhaupt alleine raus zu gehen? Ich werde nie die Meldung in einer
Bochumer Zeitung vor einigen Jahren vergessen, in der berichtet wurde, dass eine Frau, die mit ihrem
Baby im Kinderwagen um den Kemnader See spazieren ging, von einem Triebtäter vergewaltigt und ermordet
wurde. Mit einem großen Hund zusammen wäre ihr das wohl nicht passiert!
Solange nicht genug Polizei herumläuft, um uns Bürger draußen zu beschützen, wird
man/frau wohl doch genötigt sein, sich selbst zu schützen. Wie denn, bitte?
Man kann nicht das schreckliche Unrecht an Einem durch viel Leid an Anderen wieder gut machen.
Die Kräfte, die eigentlich alles nur gut meinten für die innere Sicherheit, bewirkten das Gegenteil:
Krieg auf den Straßen, Hundehasser gegen Hundehalter und ihre Tiere. Weder Gewalt
gegen Hundebesitzer noch Rasierklingen gespickte Köder in Parks sind im Sinne der Politik,
hoffe ich doch.
Und auch ausgesetzte "Kampfhunde" erhöhen nicht gerade die öffentliche Sicherheit.
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Notwehrwaffe starker Hund?
Es gab schon Situationen, in denen auch ich mich durch meinen Hund /
meine Hunde sehr gut beschützt fühlte.
Auch andere Frauen wurden schon durch den eigenen Hund vor meist männlichen Übeltätern
bewahrt. Ich wünsche meinen Hunden z. Z. wirklich keinen Zwischenfall, in dem sie ihre Zähne
zu meiner oder ihrer Verteidigung einsetzen müssten. Gerade, wenn es keine Zeugen gibt oder nur
die Gegenseite "ihre" Zeugen hat, dürfte es wohl schwierig werden, Notwehr als solche zu beweisen.
Was mit einem Hund passieren wird, der gebissen hat, brauche ich wohl nicht weiter auszuführen.
Andererseits kann natürlich nicht abgestritten werden, dass alles, was für die Verteidigung gut ist,
auch für Angriffe missbraucht werden kann. Insofern kann es natürlich auch weiterhin kriminelle
Menschen geben, die sich mit ihrem starken Hund besonders stark fühlen und diesen zur aktiven
Bedrohung anderer einsetzen. Hier müssen in den bekannt gewordenen Fällen härtere Strafen gefordert
werden, wie generell bei Gewalttaten!
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Die Psyche der Hundebesitzer
Und doch ist ein Hund - auch ein großer - soviel mehr als nur eine "Notwehrwaffe": Ich will
nicht behaupten, dass jeder von uns Hundebesitzern früher einmal schlechte Erfahrungen MIT MENSCHEN
gemacht hat, wohl aber, dass uns die uneingeschränkte, ehrliche Zuneigung, das sensible Einfühlungsvermögen
unserer Vierbeiner, seine Lebensfreude und die mit ihm verbundene Alltagsroutine des Rausgehens und
Versorgens über seelische Tiefs und persönliche Niederlagen hinweg hilft. Familienmitglied Hund kann
u. a. Vereinsamung, Depressionen und Herz-/Kreislaufkrankheiten vermeiden und heilen helfen. In vielen
Familien ist der Hund der beste Freund der Kinder oder der alten Menschen.
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Integration statt Ausgrenzung und Kriminalisierung!
Von klugen Politikern würde ich erwarten, dass sie Maßnahmen zur Integration
ergreifen, statt die von den Medien angezettelte
Polarisation nun selbst noch auf die Spitze zu treiben. Menschen leben seit mindestens
14.000 Jahren, nach neuesten Funden wahrscheinlich sogar seit 300.000 Jahren mit Hunden
zusammen. Insofern ist der Hund ein kulturelles Erbe und nicht bloß ein lästiges Hobby Weniger.
Auch können die neuerdings erzwungenen Autofahrten zum Gassigehen auf dem nicht bebauten
Land nicht im Sinne moderner Politik sein. Abgesehen von der zusätzlichen Abgasbelastung
wird auch die Sozialisation der Hunde, die Fremde kaum noch als "normal" kennenlernen können,
immer schwieriger. Insofern ist eine Zunahme der Beißunfälle vorprogrammiert.
Es ist schon erschreckend, wie viele Menschen sich bei der Begegnung mit Hunden völlig falsch
verhalten und wie oft die Signale, die vom Tier ausgehen,
völlig falsch interpretiert werden. Um Unfälle mit Hunden zu verhindern, sollten nicht nur fahrlässig
oder kriminell handelnde Hundehalter verfolgt werden, sondern andererseits auch Ansätze gefördert
werden, wo Kindergärtner/innen und Lehrer/innen das Thema Hund ernsthaft im Unterricht durchnehmen
und den positiven Kontakt zwischen besonders braven Tieren und Kindern herstellen möchten. Ein Mensch,
der dem potentiellen Beutegreifer Hund keine Angst zeigt, scheidet als Opfer in den meisten Fällen aus!
Damit möchte ich natürlich nicht von der Tatsache ablenken, dass an Unfällen mit Hunden IMMER der Halter
Schuld hat, außer vielleicht, der Hund wurde aktiv gequält. Aber selbst in einem solchen Fall muss nach
der offenbar fehlenden Aufsicht durch den Halter gefragt werden.
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Hundehaltung - ein Hobby für Reiche?
So, wie man als Hundebesitzer mehr und mehr auf den eigenen Garten zum
Abreagieren der Kräfte des Hundes und auf das eigene Auto zum Anfahren erholsamer
Auslaufgebiete angewiesen ist, stellt sich die Frage,
ob Hunde demnächst ein Privileg der Reichen sind. Die sozialen Aufgaben, die Hunde
heute für mehrheitlich nicht besonders reiche Menschen erfüllen, müssten dann zunehmend
von anderen Menschen übernommen werden, letztlich wahrscheinlich von Therapeuten und Ärzten.
Es wird einerseits teuer und ist andererseits
für die Betroffenen mit weniger Lebensqualität verbunden! Das lässt sich anhand von Umfragen
in Altenheimen sofort belegen. Selbst dort wird die Hobbytierhaltung aus gutem Grund mehr und
mehr erlaubt! Andersherum ist der aus Prestigegründen angeschaffte Hund reicher Leute oft weit
schlechter sozialisiert, als der Hund von der Oma im Block nebenan. Denn manch einer verziert
seinen Besitz mit einem schönen Tier und hat später doch keine Zeit mit ihm aktiv und hundgerecht
zu leben. Ein vereinsamter Hund, der sich bald als sein
eigener Chef einstuft, wird zur Gefahr!
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Hoffnung auf Normalisierung
Dann die Meldung, dass die nächste Fußballweltmeisterschaft in Deutschland ausgetragen wird.
Welch eine Freude nach den verlorenen Spielen der Europameisterschaft!
Allgemeiner Jubel und fast keine andere Nachricht in allen Programmen.
Den Morgen darauf treffe ich während der Trainingsfahrt mit meinen Hunden vor dem Sacco Dog Cart nur
freundliche Menschen. Ausgeglichene Rentner, die das Gespräch suchen über meine kräftigen Zughunde, eine
Schulklasse mit Lehrer und Lehrerin, die mir sehr ordentlich einen Weg an allen Schulkindern vorbei frei
räumen, lächelnde alte Damen an der Bushaltestellen.
Hat der Krieg doch nicht begonnen? Haben die Deutschen wieder gute Laune? Ich hoffe es sehr!
Schnell noch ein Anti-Hunde-Stern inkl. Kochrezept für Hundefleisch und dann hoffentlich wieder andere
Themen in den Medien.
Hat sich die FDP ausgerechnet, dass wir Hundebesitzer ihr gerade in NRW genau die Stimmen bringen können,
die bei der letzten Wahl vor wenigen Wochen gefehlt haben, um statt der Grünen mit an die Macht zu kommen?
Deren Ansätze für eine alternative Hundeverordnung klingen recht vielversprechend - warten wir's ab, oder
besser: Helfen wir mit, sofern man uns lässt!
Wir Hundebesitzer werden den jetzigen politischen Fehlgriff
sicher nicht verzeihen und schon gar nicht vergessen lernen, auch wenn, wie bei uns in NRW, die letzte
Landtagswahl gerade erst gewesen ist. Begleiten uns doch Leinenzwang und z. T. auch Maulkorbpflicht und
andere Einschränkungen ab jetzt permanent.
Forderungen nach dem "Hundeführerschein" gibt es auch aus unseren Kreisen schon lange, um
gefährliche Hundehalter ausfindig zu machen und die von
ihnen ausgehende Gefahr auszuschalten.
Das Thema ist ja nun leider wirklich nicht neu. Neu ist die plötzliche Beschlussfreudigkeit und
Unsachlichkeit seitens der Verantwortlichen.
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Schlussbemerkung: Kollektiver Hass ist abrufbar und lenkbar.
Was ich erschreckend finde, ist, wie einfach sich eine ganze Nation aufhetzen lässt und an einer
Minderheit den eigenen aufgestauten Frust und Hass abzureagieren bereit ist - mit legalen und
illegalen Mitteln, je nach Primitivität des Mitmachenden. In diesem Fall traf der Hass uns
Hundehalter und unsere Tiere.
Verordnungen und Mitteilungen der Länder:
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Hallo Hundefreunde,
sicher hat Euch in der letzten Zeit auch das Thema "neue Hundeverordnungen"
beschäftigt. Wir haben für Euch einiges zusammenstellt. Links neben dem
eigentlichen Beitrag
seht Ihr Querverweise zu passenden Beiträgen, die ins Forum geschrieben wurden. Die
Auswahl ist relativ zufällig getroffen. Es könnten sehr viel mehr Links dort
stehen. Unter dem Beitrag
erreicht Ihr die neuen Verordnungen, offizielle Stellungnahmen und
Pressemeldungen.
In unserem nächsten Magazinbeitrag würden wir gerne von Initiativen
berichten, die etwas
gegen die Hundeverordnungen bzw. deren Folgen tun. Wir bitten um Eure
Mithilfe!
Ihr könnt uns Infos über entsprechende Aktivitäten an redaktion@hunde.com
schicken.
Wir möchten die Initiativen bekannter machen und auf diesem Wege
unterstützen.
Vielen Dank im Voraus für Eure Hilfe!
Gudrun Beck,
Redaktion www.Hunde.com
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