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Die Erziehung eines so großen und kräftigen Tieres wie etwa eines Collies ist wichtig. Ohne Erziehung können sie Ihren Hund nur Anbinden oder Einsperren, um niemandem mit ihm zu gefährden. Beides ist Tierquälerei und würde beim Hund auf psychische Störungen führen. Ein Hund, den unsere Öffentlichkeit akzeptieren soll, muss lernen, Fremde nicht grundsätzlich als Freunde, Feinde oder Beute einzustufen. Unbekanntes, Lautes und komisch Riechendes darf ihn nicht in Panik versetzen. Er darf nicht auf anderer Leute Hunde und Katzen losgehen, selbst dann nicht, wenn diese ihn provozieren. Er darf nicht an der Leine ziehen und zerren oder unendwegt bellen. Er darf nichts schmutzig machen, Sandkästen von Kindern nicht betreten usw.
Wenn Sie Ihr Tier lieben, möchten Sie ihm sicher soviel Freiheit wie möglich gönnen. Dafür erziehen Sie es. Sie möchten auch lieber einen klugen als einen dummen Hund haben. Nehmen Sie sich die Zeit und Ihren Hund und bringen Sie ihm etwas bei! Lernunfähig geboren ist von den Hunden bestimmt keiner! Dumm gelassen werden dagegen viele.
Es gibt in der Hundeerziehung einige Grundregeln, die Sie kennen müssen:
* : Nehmen Sie sich genug Zeit. Füttern und Gassigehen ist nicht genug. Haben Sie für das Tier nicht vor und nach Ihrer Arbeit mindestens eine Stunde Zeit nur für den Hund, sollten Sie keinen Hund halten!
* : Sie müssen Ihren Hund lieben, Vertrauen zu ihm aufbauen und seine Bedürfnisse ernst nehmen. Auch ein Gebrauchshund ist ein empfindliches lebendiges Wesen und kein Gebrauchsgegenstand.
* : Sie brauchen eine gute Selbstbeherrschung. Lob oder Strafe (besser: positive oder negative Einwirkung) dürfen nur dann erfolgen, wenn sie vom Hund verstanden werden, niemals aus Ihrer Laune heraus. Leckerlis ohne Leistung sind genauso falsch wie Prügel im Zorn! Verprügelt gehört ein Hund sowieso nie, was nicht bedeutet, dass die Erziehung bei einem willensstarken Hund immer ganz ohne negative Einwirkung funktioniert.
* Diese wird gezielt in Form von Schreck-Einwirkung und/oder manuellem Eingreifen entlang der Wirkungsschwelle eingesetzt, so dass der Hund so gerade eben lässt, was er lassen soll oder tut, was er tun soll und nachdem er sich an ein wiederholtes, scharfes Kommando (z. B. "Aus!", "Platz!" oder "Fuß!") nicht gehalten hat. Voraussetzung hierfür ist, dass er die Befehle durch positive Konditionierung gelernt hat und in verleitungsärmeren Situationen sicher beherrscht.
* : Sie müssen sich in gleichartigen Situationen immer gleich verhalten, damit Ihr Hund Sie nicht als unberechenbar einstuft. Erst dann können Sie einen berechenbaren Hund erwarten!
* : Sie dürfen nicht aufgeben, wenn Ihr Hund etwas nicht sofort begreift. Das Lernen erfolgt in ganz kleinen Schritten. "Positive Verstärkung" nennt man das Loben und Fördern erwünschter Handlungen, auch, wenn diese erst im Ansatz erkennbar sind. Sie müssen sich auch über winzige Teilerfolge mit dem Hund freuen können und dürfen die Spielregeln erst dann erweitern, wenn der Hund seine vorige Lektion zuverlässig wiederholbar beherrscht.
* : Sie müssen fleißig üben, bis ein Befehl zuverlässig funktioniert. Bis der Hund seine Übung wirklich verstanden hat, also in vielen Wiederholungen zu Ihrer gemeinsamen Freude das Richtige getan hat, üben Sie ohne Ablenkung, d. h. ohne dass ihm andere Menschen oder Hunde in die Quere kommen.
* : Ernste Befehle werden mit tief gestellter Stimme gegeben. Mit tief gestellter Stimme werden bei uns grundsätzlich die wichtigsten Kommandos "Fuß", "Ruh!" und "Platz" ausgesprochen. "Sitz" sage ich dagegen mit hoher Stimme. Es kommt meist nicht so genau darauf an - er soll nur einen Moment warten - und die Unterscheidung von "Platz" ist dadurch klarer. Alle anderen Kommandos werden mit normaler Stimme gegeben. Im Prinzip respektiert der Hund wie der Wolf und der Mensch tiefe Stimmlagen mehr als hohe.
Das Lernen erfolgt beim Hund in zwei Richtungen:
1) Unterlassungserziehung: Angeborenes, was uns Menschen nicht passt, wird verboten.
2) Fertigkeiten erlernen: Triebe, die uns nützen, werden auf bestimmte Bahnen gelenkt.
Unter 1) verstehe ich das von Unarten wie den Mond anbellen, Türen zerkratzen, Ihre Sachen zerkauen, Jogger jagen usw.
Unter 2) verstehe ich das kontrollierte
* des Jagdtriebes zum Suchen und Apportieren von Gegenständen, zum Helfen bei der Jagd oder für den Schutzdienst,
* des Meutetriebes zum Zusammenhalten des Viehs, seiner Familie,
* des Revierverteidigens zum Schutz von Haus und Hof,
* des Bewegungsbedürfnisses zum Ziehen von Schlitten usw.
Während 1) relativ einfach ist - wir müssen nur schlagfertig genug sein, den Tieren die Unarten inflagranti zu vermiesen - ist 2) eine Kunst, die viel Konsequenz, Geduld und eine gute Beobachtungsgabe erfordert.
Man muss deutlich genug belohnen, aber auch deutlich genug strafen können ohne den Hund zu verängstigen. Auf den richtigen Moment kommt es an. Unarten dürfen nicht einreißen. Viele Hunde empfinden die beim Zerren an der Leine ständig auf ihr Hinterteil gedonnerte Leine ihres hysterischen Frauchens schlicht als "Scheiß Spiel" oder als Schicksal, ohne zu begreifen, was eigentlich gemeint ist. Solch ein armer Hund hat doch immer ziehen müssen, um Frauchen überhaupt in die "richtige" Richtung zu lenken und in Bewegung zu halten! Einen Moment des Nicht-Ziehens, der gelobt und belohnt wurde, hat der Hund gar nicht erst kennengelernt.
Hunde brauchen klare Rangordnungsverhältnisse und eine gewisse geistige und körperliche Beanspruchung, ohne die sie verkümmern und krank werden. Hunde, die nicht klar wissen, wer ihr Chef ist, verwildern oder stellen sich selbst an die Spitze in der Familien-Rangordnung. Dann wählt der Hund den Weg selbst, bis er überfahren ist. Das Befolgen der, gemessen an unserem Sprachumfang wenigen Worte, die der Hund versteht, bringt ihm Anerkennung bei seinem "Chef" ein, was den Hund glücklich macht. Ich gehöre auch zu den Menschen, die den militärischen Kommandoton hassen, wie er auf einigen Hunde-Übungsplätzen leider immer noch üblich ist. Deshalb gebe ich meine "Kommandos" auch lieber leise, normal gesprochen. Man muss die Betonung jedoch so wählen, dass der Hund den Befehl auch lauter gesprochen wiedererkennt, wenn der Befehl ihm über eine weitere Distanz gegeben wird.
Bei meinen Hunden war die Unterlassungserziehung mit so manchem "Aus!" und spontanen Flug eines Pantoffels verbunden. Der Hund braucht nicht jedesmal getroffen zu werden, meist genügt der Schreck, und schon bald gilt "Aus!" auch ohne Pantoffel. Zunächst noch mit der werfenden Handbewegung, später auch ohne sie. Hat der Hund zu einer bestimmten Handlung mehrmals sein "Aus!" bekommen, wird er sie nicht mehr lieben. Wir sind am Ziel. Um schneller zum Ziel zu kommen, habe ich mit Testsituationen gearbeitet. Ich habe zum Beispiel absichtlich Käse auf dem Tisch stehen lassen. Den stehlenden Hund konnte ich dann auf frischer Tat ertappen.
Die Erziehung zu bestimmten Leistungen auf Befehl erfolgt in drei zeitlich aufeinander folgenden Stufen:
1) Erklären des Befehls durch und belohnen, was der Hund gerade tut. "Sitz!", wenn er sich setzt, "Komm!", wenn er gerade kommt usw. Das genügt einige Tage lang. Führen Sie bereits jetzt das charakteristische Handzeichen ein, das Sie mit dem Befehl geben möchten. So kann der Hund sein Kommando nicht nur hören, sondern auch sehen. Der doppelte Reiz prägt sich umso besser ein. Außerdem funktioniert das Kommando später auch dann, wenn der Hund nichts hören kann (Beispiele im Kapitel zu "Platz!").
2) , wenn er auf Befehl das richtige tut. Setzt er sich auf "Sitz!" hin oder kommt er, wenn er gerufen wird, bekommt er ausgiebig Lob und eine Belohnung, Spielen oder Leckerli. Hilfestellung durch ein sanftes Niederdrücken, Heranziehen oder dergleichen ist hierbei erlaubt. Noch besser ist es jedoch, den Hund völlig zwanglos zu "überreden", das gewünschte zu tun, z.B. sich zu setzen, indem ein Leckerli über seinen Kopf nach hinten geführt wird. Um das leckerli im Blick zu halten, wird der Hund sich setzen, um Genickstarre zu vermeiden. So etwas wird vor jedem Füttern geübt. Verwechselt der Hund zwei Befehle wiederholt, sind Sie wahrscheinlich selber Schuld. Sprechen Sie die Befehle betonter aus, machen Sie die Unterschiede deutlicher. Offenbar kann er die Begriffe nicht auseinanderhalten. Ich verwende deshalb "Pack!" statt "Fass!" bei meinen Hunden, wenn sie etwas greifen oder aufheben und festhalten sollen. Gladess neigte dazu "Fass!" mit "Fuß!" zu verwechseln.
3) , dass er tut, was wir sagen. Voraussetzung ist, dass er für eine Belohnung, wenn er sie haben will, den Befehl sicher befolgt. Will er auf "Sitz!" woanders hinlaufen, wird er festgehalten und jetzt energischer in die Sitz-Position gedrückt. Buddelt er auf "Komm!" weiter in der Erde herum, wird er zur Erinnerung, dass ich was gesagt habe, mit einem Lehmklumpen abgetroffen. (Ich brauche auch hier nur gelegentlich zu treffen.) Der Hund soll wissen, dass wir ernst meinen, was wir ihm sagen. Wir vereiteln alle anderen Tätigkeiten, wenn wir ihm etwas bestimmtes aufgegeben haben. Zu jedem einzelnen Befehl wird der Hund in seinem Gedächtnis bald keine andere Handlungsmöglichkeit mehr finden, als die gewünschte. Respekt ist der beste Garant dafür, dass der Hund freiwillig bei uns bleibt, uns in kurzen Abständen aufmerksam beobachtend, ob wir ihm etwas sagen wollen.
Die Länge der Übungseinheiten sollte so gewählt sein, dass der Hund eine Wiederholungsübung in einem Moment beendet bekommt, in dem er noch mit Spaß an der Übung dabei ist. Das hinterlässt bei ihm ein gutes Gefühl. Umso lieber wird er die nächste Übungsphase dieser Art beginnen. Neue Übungen oder Änderungen der Spielregeln sollte er bis Abschluss der Übungseinheit wenigstens ansatzweise begriffen haben, so dass Sie ihn mit Lob und Belohnung entlassen können. Macht der Hund einen erschöpften Eindruck, ist es höchste Zeit, zum Ende zu kommen. Der Blick auf den Hund sollte bei Übungsphasen immer Vorrang haben vor dem Blick auf die Uhr. Deshalb ist es hier auch nicht sinnvoll, in Minuten anzugeben, wie lange die Einheit dauern sollte. Neue Befehle oder Änderungen der Spielregeln sollten an den folgenden Tagen wiederholt geübt werden, da Sie sonst Gefahr laufen, Sie doppelt erklären zu müssen. Hat der Hund dagegen eine Übung oft richtig gemacht, schadet auch eine längere Pause nicht. So fand ich während Arons Erziehung manchmal wochenlang keine Zeit, ihn suchen zu lassen. Bei Fortsetzen der Suchübungen war ihm seine Aufgabe jedoch sofort wieder klar. Da aus zeitlichen Gründen, aber auch um den Hund nicht zu überfordern, unmöglich alle Übungen gleichzeitig erklärt und geübt werden können, sollte man sich für jeden Tag ein Lieblingsthema vornehmen und erst dann ein neues Thema angehen, wenn der Hund sicher mitspielt. Langweilen Sie den Hund aber nicht, indem Sie stundenlang dasselbe mit ihm üben. Hat er einige Male gut mitgespielt, darf auch mal wieder etwas dran sein, was der Hund schon länger kennt und ihm auf jeden Fall Spaß macht. Oder Sie gehen zwischendurch erst einmal einige km weiter.
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