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Apportieren

Gladess hat gleich beide Stöckchen gebracht

 

Die beste Voraussetzung zum Apportierenlernen ist gegeben, wenn der zu apportierende Gegenstand bereits ein Lieblingsspielzeug des Hundes ist. Das Kommando "Komm!" muss er bereits verstehen. Auch "Stopp!", "Sitz!" oder "Platz!" und "Aus!" müssen spätestens jetzt trainiert werden. Sonst wird der Hund mit seiner Beute im Fang ein Jagdspiel mit Ihnen beginnen, bei dem Sie keine Chance haben. Es hat unserem braunen Junghund Aron schon als Welpe Spaß gemacht, der alten Gladess das Stöckchen, das sie mir bringen wollte, wegzunehmen und damit zu verschwinden, was eine wilde Jagd auslöste, da Gladess ihr Spielzeug wiederhaben wollte. Sie konnte es ihm immer irgendwann abnehmen und mir bringen. Sie war ihm über 1 Jahr lang übergeordnet. Dabei ging sie selbständig so perfekt vor, dass sie in zwei Teile zerbrochene Stöckchen beide einsammelte und brachte. Häufig war es auch ihre Idee, mit einem von ihr gefundenen Stöckchen das Spiel zu beginnen. Bei dominanteren Hunden sollten Spielbeginn und Spielende jedoch immer vom Menschen ausgehen.

Das Bringen überließ der halbstarke Aron teils aus Faulheit, teils aufgrund seiner Position in der Rangordnung der alten Gladess. Erst wenn Gladess Platz-halten musste, arbeitete mein brauner Hund ordentlich. Das beste ist es, wenn man das Apportieren aus dem Jagdtrieb des Hundes heraus entwickeln kann. Der Hund fängt das Bringsel und lässt es nicht mehr los, wenn er zu Ihnen gerufen wird. Bei Belana und erst recht bei ihren Kindern begann ich das Apportieren sehr früh. Bei letzteren nutzte ich das Bedürfnis der wenige Wochen alten Welpen, ihre "Beute" in die vertraute "Wurfhöhle", unsere Küche zu bringen. Ich setzte mich in den Kücheneingang und warf das Spielzeug wenige Meter aus der Küche hinaus. Der Welpe, der seine vertraute Küche mutig verließ, um Beute zu machen - ein bestätigendes "Ja! Fein!" erklang in dem Moment - und schleunigst mit ihr zurück zu kommen, musste also an mir vorbei. Diesen Moment nutzte ich, um dem kleinen Welpen die Beute abzunehmen, ihn dafür aber mit einem Leckerli zu belohnen und erneut zu werfen. So lernten die Welpen in wenigen Tagen spielerisch, was Apportieren für eine gute Sache ist. Aron hingegen ließ das Bringsel grundsätzlich fallen, sobald ich ihn rief. Collies sind nun einmal keine typischen Apportierhunde. Außerdem hatte ich bei ihm die ersten Monate versäumt, das Apportieren einzuüben. Wahrscheinlich hatte ich ihm sogar unbewusst das Bringen von Gegenständen generell verleidet, weil er sich in der Wohnung häufig verbotene Sachen geschnappt hat. Mein "Bring!" beeindruckte ihn überhaupt nicht. Er verstand es nicht, obwohl Gladess ihm so oft gezeigt hatte, was ich meinte.

An einem Nachmittag setzte ich "Bring!" und damit den Anfang des Apportierens bei ihm durch. Ich legte ihm das Stöckchen buchstäblich ins Maul ("Pack!") und nötigte ihn, es einen Moment festzuhalten. Einige Male zwang ich ihn mit der Leine, so einige Schritte zu mir zu kommen, obwohl er sich störrisch stellte. Wenn man sich nicht mehr anders zu helfen weiß, als auf Mittel der Zwangsdressur zurückzugreifen, ist es umso wichtiger, Ruhe zu bewahren und freundlich zu bleiben, um den Hund nicht zu verschrecken und ihm den neuen Befehl total zu verleiden. Ich sagte also freundlich "Bring!" und lobte ihn für jeden Schritt, den er mit seinem Stöckchen auf mich zukam. Die großzügige Leckerli-Belohnung und das anschließende Spielen ließen ihn schnell Freude an der neuen Aufgabe entwickeln und alle Ängste und Abneigungen vergessen, die er anfangs entwickelt hatte. Mir genügte es für die nächsten Tage, wenn Aron das Bringsel auf meine Anordnung "Bring!" nur einige Schritte in meine Richtung brachte, bevor er es doch wieder fallen ließ. Von dort holte ich es zunächst selbst, während ich ihn lobte und ihm ein Leckerli entgegenstreckte.

Nach und nach wurde ich anspruchsvoller. Ich ging rückwärts und befahl mehrmals "Bring!", immer wenn er das Bringsel fallen ließ. Also musste er das Bringsel weiter tragen, bis er es mir vor die Füße werfen konnte. Schließlich überraschte ich ihn, indem ich aus dem Rückwärtsgehen plötzlich einen großen Schritt auf ihn zu machte und so das Bringsel zu fassen bekam, bevor er es fallen lassen konnte. Dafür gab es viel mehr Lob und Belohnung als sonst. Er fing noch am gleichen Tag an, mir sein Bringsel bewusst in die Hand zu drücken. Aus dem Apportieren mit allen "Such"-Variationen habe ich für Wochen unser Lieblingsspiel entwickelt. Arons Jagdspiel mit Gladess ist dabei zu einem wichtigen Teil der Belohnung geworden. Übrigens: Während Gladess Erziehung musste ich selbst das Jagen in diesem Belohnungs-Spiel übernehmen, da kein zweiter Hund existierte. Das war ganz schön kraftraubend, aber es kam sehr gut an!

 

Hilfe zum Schlüssel finden lernen

 

Bringsel

"Apportieren" heißt nichts anderes als "herbeibringen". Gemeint ist das Bringen weggeworfener oder versteckter Gegenstände (Bringsel) auf das Kommando "Bring!" (vgl. "Such!"). Apportiert werden kann alles, was der Hund tragen kann, ohne ihn zu überfordern oder zu verletzen. Es gibt Apportier-Hölzer im Fachhandel zu kaufen. Wir kamen immer mit selbstgemachten oder gefundenen Spielsachen aus. So ist ein Stück Holz, das nicht splittert ebenso geeignet wie ein Stück Leder oder ein ausrangierter Schuh. Achten Sie darauf, dass Ihr Hund nicht Steine apportiert, da er sich an solchem Spielzeug die Zähne ruiniert. Auch lehmige und sandige Tennisbälle schleifen die Zähne nach und nach ab.

Vorübergehend benutzten wir bei unseren bereits fortgeschrittenen Apportier-Hunden einen auf Pappe gebundenen ausgedienten Schlüssel, später nur den Schlüssel mit Wollfaden, schließlich den Schlüssel auch ohne Wollfaden, um das Apportieren zu perfektionieren. Einerseits lernt der Hund so, einen immer kleineren Gegenstand wiederzufinden und zu bringen, anderseits kostet ihn das fremde Material einige Überwindung. Gerade bummelig apportierende Hunde rennen viel schneller zum vermuteten Landeplatz des weggeworfenen Schlüssels, wenn sie einmal lange nach dem kleinen Ding zu suchen hatten, für das es die Belohnung gibt. Hunde, die bisher mit den Augen suchten, werden so gezwungen, beim Suchen den Geruchssinn einzusetzen. So habe ich oft erst den weggeworfenen Schlüssel bringen lassen und als zweite Übung den irgendwo vergrabenen oder in einen Busch gehängten Schlüssel mit dem jetzt schon stärkeren Geruch suchen und bringen lassen.

 

"Aus!" nach "Sitz!", was nicht mehr gesagt werden muss

 

Stöckchen holen

Ordentlich apportierte Gladess das Stöckchen, setzte sich vor mich und gab es in die Hand aus. So ordentlich wie sie es gelernt hatte, machte sie es nur, wenn ich anders nicht mitspielte oder wenn ich "Bring!" befohlen hatte. Das Apportieren, gemischt mit Tauziehen und Flughund-Spielen war Gladess Lieblingsspiel. In ihren ersten Monaten hatte ich sie zum Spiel motiviert. Bis zum Schluss nach fast 16 gemeinsamen Jahren kam sie dann aus eigenem Antrieb oft zu mir, um mich zum Spielen aufzufordern, ein gefundenes Stöckchen oder einen unter einer Hecke hervorgezerrten leeren Blumentopf in der Schnauze. Auf das Einsammeln weggeworfener Blumentöpfe hatte ich sie zwischendurch abgerichtet, weil ich Blumentöpfe damals gut brauchen konnte und unter den Hecken der Schrebergärten genug lagen. Sie ließ aber auch keinen gefundenen Tennisball liegen, da sie wusste, wie gut sich solche Dinger werfen ließen.

Zu Hause brachte sie mir den Wassernapf, wenn sie ihn leer getrunken hatte. Ich sagte anfangs "Bring!", wenn ich beobachtete, dass sie ihn gerade leer machte. Sie wusste bald, dass ich frisches Wasser einfüllte, wenn ich den Napf gebracht bekam.

 

Mit leichten Schlägen auf den Kopf Trieb erhöhen

 

Spiel-Eifer verstärken

Meine Gladess motivierte ich durch leichte Schläge auf den Kopf immer stärker in den Stock zu beißen, ihn festzuhalten und zu ziehen. Das gehörte zum Spiel so selbstverständlich wie das Umsichschlagen eines Rehs, das von Vorfahre Wolf gefangen wurde. Bilder vom sich daran oft anschließenden "Flughund" spielen sind im Kap. "Futter" zu sehen.

 

Gladess apportiert schweren Knüppel

 

Apportieren mit erhöhtem Schwierigkeitsgrad

Die neunjährige Gladess apportiert einen Ast aus einem Wildwasser.

 

durch starke Strömung

 

Der felsige, glitschige Boden und die starke Strömung scheinen sie nicht zu behindern.

 

Sie kommt langsam voran

 

Dieser Tag am Mt. Whitney gefällt ihr sehr viel besser, als der vorige in Death Valley!

 

Geschafft!

 

Geschafft!

 

Mit "Beute" wieder bei uns

 

Stolz bringt sie ihr Stöckchen zu mir. Eine Runde toben auf dieser Seite des Baches hat sie sich verdient, bevor wir die Berg-Wanderung fortsetzen.

 
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Hundeausbildung. modern - artgerecht - erfolgreich 
Thomas Achim Schoke
Blackwell Wissensch., Bln, 1998



Die Integration des Hundes in seine Umwelt, die Förderung genetischer Anlagen und die Ausbildung werfen Fragen auf, mit denen sich jeder Hundebesitzer früher oder später auseinandersetzen muß. Den Hund als soziales Lebewesen zu verstehen und seine kommunikativen Möglichkeiten, vor dem Hintergrund der Abstammung vom Rudeljäger Wolf, zu nutzen, ist Voraussetzung für die erfolgreiche Hundeausbildung. Dennoch richtet sich das Buch nicht nur an erfahrene Hundehalter, die einen Weg zur artgerechten Erziehung suchen, sondern auch an alle Hundefreunde, die zum ersten Mal über die Anschaffung eines Hundes nachdenken
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