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21.01.00 --
Claudia Lackerbauer
Erstes Lebewesen im All: "Laika" - einige kritische Gedanken [vorsicht lang]
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Ein kurzer historischer Rückblick:
Am 27. November 1957 startete die damalige UdSSR die Raumkapsel Sputnik
2 mit der Hündin 'Laika' an Bord.
Laika war eine 'Promenadenmischung', die in den Strassen Moskaus
aufgelesen wurde.
Die Kapsel war gerade mal so gross, dass Laika sich nur hinlegen, stehen
oder sitzen konnte.
Mit Biomedsensoren, die Daten über Herzschlag, Atmung und
Körpertemperatur zur Erde sendeten, wurde die Hündin in ihrer Kapsel,
die mit einem Sauerstofftank und einem Behälter für - wie es auf den
englischsprachigen Web-Seiten der NASA bezeichnet wird - 'jelly food'
(Übersetzung laut Langenscheidt: gallertartiges, 'schwabbeliges' Futter)
ausgerüstet war, ins All befördert.
Aufgrund eines technischen Problems, dass ich hier nicht näher
beschreiben will, stieg die Temperatur in Sputnik 2 auf 40°C an!
Nach einer Woche starb Laika an Überhitzung und Sauerstoffmangel - der
Inhalt des Sauerstofftanks war nach dieser Zeit aufgebraucht.
Das Stranden im All und der daraus resultierende Tod der Hündin waren
von den sowjetischen Wissenschaftlern übrigens bewusst geplant worden,
da es damals noch keine Möglichkeit gab, die Kapsel so auszustatten,
dass sie die Hitze des Wiedereintritts - ca 2000°C - überstanden hätte.
Sputnik 2, historisch betrachtet unumstritten eines der wichtigsten
Ereignisse der 'bemannten' Raumfahrt schlug damals in den USA, dass sich
zu diesem Zeitpunkt bereits an der Spitze des Kalten Krieges mit der
UdSSR befand, nicht nur politische Wogen:
Ein Ereignis, das heutzutage kaum noch bekannt ist:
Zigtausende Tierschützer protestierten damals im gesamten US-Gebiet
gegen diese Grausamkeit und Tierquälerei.
Viele nahmen ihre Hunde zu den Demos mit und zogen ihnen T-Shirts an mit
Texten wie 'Ich habe mich nicht freiwillig zu diesem Wahnsinn
gemeldet!',
'Warum habt ihr mich im All sterben lassen?', 'Beispiel Laika: Wie sich
der Mensch die Erde untertan nacht', 'Die 'Roten' ermorden den besten
Freund des Menschen zu kommunistischen Propagandazwecken!', ...
Natürlich waren sicherlich viele dabei, die wohl nur deshalb mitgemacht
haben, weil sie sich in ihrer Ehre als US-Staatsbürger gekränkt fühlten:
Die Raumfahrt der USA war damals noch nicht so weit überhaupt
erfolgreich einen Satelliten ins All zu befördern, geschweige denn eine
Kapsel mit einem Lebewesen an Bord!
Nebenbei bemerkt: Die Amerikaner begannen kurze Zeit später mit Mäusen,
Meerschweinchen und Halbaffen zu experimentieren, was keinen einzigen
Tierschützer irgendwie gekratzt hat. Die beiden Schimpansen Ham und
Enos, die vor dem ersten bemannten Flug die Mercury-Kapsel testeten,
wurden und werden wie Helden verehrt - die US-Medien haben dazu
natürlich wesentlich beigetragen.
Nun bin ich eigentlich auch dort angelangt, wo ich eigentlich hinwollte:
Inwiefern haben wir Menschen eigentlich das Recht unsere Hunde (und auch
andere Tiere) für diese Zwecke zu missbrauchen?
Bei allem Enthusiasmus für eines meiner liebsten Steckenpferde - die
Raumfahrt - ist an Sputnik 2 doch ein wesentlicher Punkt, der mich
ärgert und auch nachdenklich stimmt: Dass Laika sterben musste, war ohne
Zweifel von vornherein klar, denn es war niemals geplant, die Kapsel
sicher zur Erde zurückzubringen. Das Stranden im All - welch ein
grausamer Tod!!
Bevor der erste Kosmonaut auf die Reise geschickt wurde, unternahmen die
Sowjets auch noch Versuche mit anderen Hunden.
Im Gegensatz zu Laika in Sputnik 2 kann ich ich diese Tests noch eher
mit meinem Gewissen vereinbaren, da hier die oberste Priorität darin
lag, die Hunde unversehrt zur Erde zurückzubringen: Das heisst
Verletzungen oder gar der Tod der Hunde sollten unter allen Umständen
vermieden werden. Irgendwie bin ich der Ansicht, dass die
Wissenschaftler bei Laika vorsätzlich gehandelt haben. Sie hätten IMHO
warten müssen, bis die Ingenieure ein - mehr oder weniger sicheres -
Wiedeereintrittssystem entwickelt hatten.
Wie bereits oben erwähnt, befand sich die UdSSR damals bereits auf der
Spitze des Kalten Krieges mit der USA. Der zu diesem Zeitpunkt rein
politisch motivierte Wettlauf zum Mond brachte mit dem Start von Sputnik
1 die erste Niederlage für die USA. Die politische Führung der Sowjets
ordnete eine erneute Niederlage innerhalb kürzester Zeit an - Sputnik 2!
Die Wissenschaftler hatten zwischen den beiden Starts nur ca 1 Monat
Zeit!
Bei allem Enthusiasmus für die Raumfahrt, bin ich hier an einem Aspekt
angelangt, den ich in keinster Weise mit meinem Gewissen vereinbaren
kann: Das Ausnutzen der Hunde für politische Zwecke!
Sputnik 2 würde ich IMHO als 50% wissenschaftlich und 50% politisch
motiviert bezeichnen.
Laika musste in diesem politisch motivierten Wettrennen den höchsten
Einsatz bezahlen, den ein Lebewesen bieten kann: das LEBEN!
Nach ihr mussten auf beiden Seiten noch weitere Tiere und beim
dramatischen Höhepunkt dieses - wie ich es bezeichne - 'russischen
Roulettes' auch Menschen mit dem höchst möglichen Einsatz bezahlen.
Die Menschen, die umkamen, haben freiwillig an diesem Rennen
teilgenommen. Laika wurde mehr oder weniger zwangsbeglückt.
Zwangsbeglückt wurden IMHO auch die vielen US-Hunde, die in ihre
Parolen - T-Shirts gezwängt von Ihren Besitzern zur Demo zu Laikas Tod
mitgeschleift wurden.
Obwohl ihr Einsatz bei weitem nicht so hoch war, wurden auch sie im
Prinzip nur politisch missbraucht...
Dieses Posting ist wahrscheinlich sehr ungewöhnlich und sprengt bei
weitem den Rahmen von den immer wiederkehrenden Kastrationsdebatten,
Dominanzproblemen, nicht stubenreinen Welpis und ähnlichem.
Ein derzeit laufender Thread, der meiner Ansicht nach gut zu der
Botschaft dieses Postings passt, ist das 'höhere Steuer für
Kampfhunde'-Thema:
Die Tiere, die grossteils bei weitem besser als ihr Ruf sind, werden
auch hier zu einem Spielball von profilierungssüchtigen Politikern
degradiert, die auf einige Schäfchen mehr bei der nächsten Wahl aus
sind.
Ich freue mich schon auf viel -ernstgemeintes- Feedback auf dieses etwas
ungewöhnliche Posting.
So long,
Claudia und Wuff Sela
P.S.:
Als ich meine 'Lotty' - Name laut Abstammungsnachweis - damals bekam war
mir eines sofort klar:
Dieser grauenhafte Name muss weg!
Begeistert von der 'Pionierin der Raumfahrt', wie die unfreiwillige
Sputnik 2-Passagierin teilweise von ihren Fans verehrt wird, wollte ich
sie 'Laika' nennen. Aber angesichts der traurigen Umstände und des
politischen Missbrauchs, den die damalige Laika mit den Tod bezahlen
musste, habe ich mich dann doch für 'Sela' entschieden.
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