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23.07.02 -- Claudi + Loulou

Unglaubliche Geschichten 1














Der Mann, der nicht zu hängen war

Februar 1885 6.58 h
Der Pfarrer des Gefängnisses von Exeter, der Richter und der Oberaufseher betreten die Zelle des zum Tode verurteilten John Lee und wecken ihn. Erst vor kurzem ist der Geistliche mit diesem Amt betraut worden. Und heute wird es seine erste Hinrichtung sein. Ihm graut...und das kann man gut nachfühlen. Gestern war der Galgen im Gefängnishof errichtet worden, direkt gegenüber der Kapelle..und jeder Hammerschlag war ihm durch Mark und Bein gegangen.
Die vierzig jahre Seelsorge in Sussex haben ihn doch sehr geprägt und sein empfindsames Gemüt lehnte sich nur einmal auf bei dem Gedanken, bei einem solchen "Spektakel" mitwirken zu müssen. Aber das ist jetzt seine Aufgabe, da zu sein, wenn jemand stirbt - oder getötet wird.Dabei zu sein, wenn auch John Lee stirbt. Da zu sein und für seine Seele beten.
Zu seiner grossen Überraschung empfängt der Verurteilte die drei Männer mit einem breiten Grinsen: "Na Männer ist es endlich soweit? Hat meine letzte Stunde geschlagen? Bitte sehr meine Herren nach ihnen"!
Der Geistliche fragte ihn, ob er vorher noch beichten möchte.
"Wozu? Wir sehen uns bestimmt bald wieder!"
Die vier Männer maschieren also zum Galgen, wo Mister Berry, der Scharfrichter, dem Verurteilten die Hände auf dem Rücken fesselt. Der Pfarrer murmelt seine Gebete, steigt die Stufen hoch und stellt sich auf den Platz, der für ihn vorgesehen ist.
"Möchten sie noch etwas sagen? fragt der Richter den Verurteilten.
Mit fester Stimme sagt John Lee: "nein nichts".
Dann geht alles sehr schnell: Der Henker stülpt die weisse Kapuze über den Kopf des Verurteilten legt ihm die Schlinge um den Hals, tritt einen Schritt zurück und gibt seinem Gehilfen das Zeichen. Der Geistliche schliesst die Augen und betet nun ein wenig lauter. Der Gehilfe zieht die Schnur am Riegel - doch die Fallklappe geht nicht auf.
Ein paar Sekunden lang herrscht eisige Stille. Der Henker fasst sich als erster und gibt dem Gehilfen abermals ein Zeichen. John Lee wird von Strick und Kapuze befreit. Er ist blaß, aber - ja er wirkt fast amüsiert!
Hallo, da bin ich wieder! Und zum Pfarrer, der mit weichen Knien neben ihm steht, bemerkt er nur: ich habs ihnen ja gesagt, daß wir uns bald wiedersehen.
Auf dem Galgengerüst ist es sehr eng. Der Geistliche und der Verurteilte werden aufgefordert, herabzusteigen. Die Mechanik muss überprüft werden. Der Henker und sein Gehilfe machen sich an die Arbeit. Doch alles funktioniert - bei Zug verschiebt sich der Riegel ganz normal und die Falltür klappt mit einem dumpfen Schlag nach unten.
Mister Berry der Henker entschuldigt sich: "Es tut mir leid...aber...aber wir müssen es nochmal machen".
"machen sie nur! Tun sie ihre Arbeit!" John Lee wirkt ganz lässig.
Die weisse Kapuze wird ihm wieder übergestülpt, die Schlinge um den Hals gelegt. Der Pfarrer schliesst die Augen und murmelt wieder seine Gebete. Der Henker gibt das Zeichen, der Gehilfe zieht an der Schnur. Der Riegel verschiebt sich und die Falltüre - klemmt schon wieder!
Jetzt reicht es! Der Richter durchbohrt den Henker mit wütenden Blicken. Der Riegel wird zurückgeschoben, Schlinge und Kapuze wieder abgenommen.
"Führen sie den Verurteilten wieder in seine Zelle"
Während John Lee von den Wärtern abgeführt wird, begibt sich der Geistliche in seine Kapelle und bittet Gott, er möge die Herzen der Menschen bewegen, daß sie den armen Mann begnadigen, der zweimal Todesangst ausstehen musste.
Unterdessen arbeitete der Henker fieberhaft. Der Mechanismus wird erprobt und abermals erprobt. Alles funktioniert einwandfrei. Der Riegel verschiebt sich, und die Klappe fällt jedesmal nach unten. Mr. Berry stellt sich sogar selbst auf die Fallklappe, packt den Strang fest mit beiden Händen und befiehlt : jetzt! Zieh die Schnur!
Sofort klappt die Falltüre nach unten und der Henker schaukelt einige Sekunden am Strang. Dann lässt er sich unter den Bretterboden fallen. "Es ist wirklich alles in Ordnung. Sie haben es doch gerade eben selber gesehen!.
Also gut sagt der Richter auf ein neues!
Und wieder verlässt John Lee seine Todeszelle. Doch er weckt den Eindruck als ginge imh das Ganze nichts an.
Der bedauernswerte Pfarrer wird benachrichtigt, daß die Hinrichtung nunmehr stattfinden kann. Er versucht einzuwenden, daß unter diesen Umständen...in Anbetracht des eindeutigen Zeichens...der zweimaligen Offenbarung des göttlichen Willens....Man könnte die Strafe doch aussetzten!
Doch der Richter besteht unerschütterlich drauf, daß jeder Beteiligte wieder seinen Platz einzunehmen hat.
Die göttliche Gerechtigkeit in Ehren aber die irdische Gerchtigkeit muß ihren Lauf nehmen, John Lee hat gemordet - er muss sterben.
Die aussergewöhnlichen Umstände dieser technisch so schwierigen Hinrichtung verbreiten sich im Gefängnis wie ein Lauffeuer, jetzt drängen alle Häftlinge an die vergitterten Fenster und starren auf den Mann, der mit seinem Seelsorger und seinem Henker nun bereits zum zweiten mal unter den Galgen tritt.
Jeder steht wieder an den für ihn vorgesehenen Platz.
Bevor Mr. Berry, John Lee wieder die Kapuze überstülpt meint er noch: Tut mir leid, alter Junge, aber dieses Mal wirds ernst.
"meinst du? bemerkte der Verurteilte - wieder mit seinem herausfordernden Grinsen.
Nun, der hat vielleicht die Ruhe weg, denkt der Henker für sich und mit gemischten gefühlen zieht er ihm abermals die Kapuze über den Kopf und legt die Schlinge um, prüft den Knoten und tritt zwei Schritte zurück.
Zum dritten mal murmelt der Geistliche in seiner Ecke die obligatorischen Gebete und schliesst die Augen.
Totenstille. da erhebt sich auf einmal eine Stimme: Sie singt ein altes englisches Lied - eine gedämpfte Stimme, dennoch ruhig und kräftig: John Lee, jetzt singt er auch noch unter der Kapuze!
Überrascht und etwas hilflos schaut der Henker den Richter an. So etwas erlebt er wirklich zum ersten Mal könnte man nicht....?
Aber der Richter wird schon ungeduldig"worauf warten sie noch Mr. Berry?"
Warum um Himmels willen gibt er das Zeichen nicht?
Der Richter nickt energisch und der Henker gibt das Zeichen weiter, der Gehilfe zieht an der Schnur , der Riegel gleitet hörbar zurück - nur die Falltüre bewegt sich wieder nicht.
Ein Aufschrei der reude schallt durch den gefängnishof. Die Häftlinge jubeln vor Begeisterung. Tobend vor Zorn wirft der Richter seine Perücke zu Boden und tritt sie mit den Füßen: "Man führe den verurteilten wieder in seine Zelle...... und schicke mir den Idioten von Tischler der dieses Schafott gebaut hat!"
Unter dem beifallsgejohle seiner Mitgefangenen verlässt John Lee den Hof, wie ein Torero seine Arena und nach allen Seiten grüßend, begibt er sich gemächlich in seine zelle.
Der Geistliche wendet sich an den Richter wird aber sofort unterbrochen: Kümmern sie sich nicht um Sachen die sie nichts angehen!!
Der Tischler heisst Frank Ross, ein Gefangener der auch ursprünglich zum Tode verurteilt , dessen Strafe aber in lebenslänglich umgewandelt worden war.
Mit unschuldiger Miene steht er vor dem Richter : "Hast du etwas dieses Mistding gebaut"?
"Das ist nicht zu leugnen. Vor vierzehn tagen hat mich die verwaltung damit beauftragt, das galgengerüst nach herkömmlichem Muster anzufertigen".
"Und warum funktioniert das Ding dann nicht wenn ich fragen darf?
Frank Ross zuckt mit den Schultern. Er weiss es nicht...keine Ahnung....vielleicht hat durch den regen nachts , das Holz gearbeitet.
Dann hoble gefälligst die Falltüre ab!
Zum gaudium der Häftlinge, die an den zellefenstern klebten, überwachte der Richter jetzt selbst die Überarbeitung der Klappe. Dreimal nimmt er selbst den Platz des Verurteilten ein, so wie es vorhin Mr. Berry gemacht hatte. Dreimal liess er den Riegel öffnen , schaukelte er am Strang, den er mit beiden Händen hält. Es funktioniert jedesmal!
"Na wer sagts denn alles in ordnung. Also los wir müssen zu einem Ende kommen.
Unter stürmischen Jubel der Häftlinge tritt John Lee zum vierten mal unter den Galgen. Zum vierten Mal - und dieses mal mit zitternden Händen - zieht ihm Mister berry Kapuze und Schlinge über den Kopf, zum vierten mal schliesst der Kaplan die Augen und betete zum Himmel , das Wunder möge vielleicht doch noch einmal geschehen.
Wieder senkte sich Totenstille über den Hof.
Da dem armen Henker alle Gliedee schlotterten, gibt der Richter dieses mal dem Gehilfen selbst das Zeichen.
Der zieht nun zum vierten mal an der Schnur - und zum vierten mal senkt die Falltüre sich nicht.

DAS DARF DOCH NICHT WAHR SEIN!
Ungeheurer Beifall braust los - die Häftlinge toben.
Totenblaß, mit gesenktem haupt, verlässt der Ricter den Hof. Der geistliche kniet auf dem Boden und dankt Gott für das leben von John Lee. Der kommt wieder in seine Zelle.
Ein paar Tage später wandelt das Unterhaus sein Todesurteil in eine lebenslängliche haftstrafe um. 22 jahre später wird John Lee begnadigt und entlassen .
Er heiratet sogar noch - und stirbt schliesslich 1943 eines natürlichen Todes.

Auf dem Sterbebett hat er das Geheimnis verraten.
Denn es hatte natürlich kein Wunder sein Leben gerettet, sondern allein die Geschicklichkeit von Frank Ross, dem Tischler: genau an der Stelle nämlich, wo der geistliche bei der Hinrichtung zu stehen pflegte, hatte er ein brett angebracht, das sich immer um ein paar zentimeter verschob, wenn jemand drauf stand - einige Zentimeter nur aber sie reichten aus die falltüre zu blockieren. Nun, bei den Proben stand der geistliche nicht an seinem vorgesehenen Platz, da hatte die Falltüre funktioniert. Aber bei jedem Hinrichtungsversuch tat das Brett seinen Dienst. Der Geistliche hatte dem Veruteilten sozusagen an der richtigen Stelle beigestanden.
Es war übrigens das letzte mal, das die Justizverwaltung in England einen Häftling mit der Errichtung eines Galgengerüsts beauftragte.

*gg*
Grüssle
Claudi
  23.7.02Unglaubliche Geschichten 1   Claudi + Loulou  


 
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