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Weihnachten naht und auch im Tierheim stellt sich alles auf den Winter ein - auch die Besucher. So ist es nun für uns Mitarbeiter mal wieder die Zeit in der nicht ein bißchen Besinnlichkeit und Ruhe in den Alltag mit den Tieren eintritt, sondern die Frage nach den Weihnachtsgeschenken. Kam doch neulich ein Ehepaar mittleren Alters herein und meinte ganz gerade heraus, sie bräuchten für Weihnachten einen Hund für die Eltern. Ihre Gesichter, als ich sagte, daß wir keine Weihnachtsgeschenke anbieten, waren ziemlich eindeutig: Verärgert. Sie konnten sich beim besten Willen nicht vorstellen, daß wir nicht einfach nur unsere Hunde an den Mann oder die Frau bringen wollen. Als ich auch noch meinte, daß wir Vorkontrollen machen und wie alt die Eltern wären, wo sie wohnen würden, wie der Hund untergebracht sei, etc. wurden sie richtig wütend. Ungehalten meinten sie, daß der vorherige Hund nie gemeckert hätte und nun mit 14 Jahren eingeschläfert hätte werden müssen. Und überhaupt, schließlich wollen sie einem Tier ein neues Zuhause geben, zähle das denn nicht?
NEIN, das zählt nicht, zumindest nicht allein. In den Tierheimen sitzen Tiere, die es zum größten Teil in ihrem bisherigen Leben nicht besonders gut gehabt haben. Würden wir diese Tiere einfach irgend jemanden mitgeben, so könnten wir gleich eine Tombola damit veranstalten. Jeder Hund muß zu seinem Besitzer passen und auch der Besitzer zum Hund. Ich kann nicht einen Hund, der Kinder aufgrund schlechter Erfahrungen absolut haßt, an eine kinderreiche Familie vermitteln. Oder ein riesenhaftes Tier, das bisher immer 2-3 Stunden am Tag gelaufen ist, zu einem Ehepaar um die 70 Jahre. Und mit den Geschenken ist das sowieso so eine Sache. Ein Hund ist ein Individuum, jeder. Man kann nicht für jemanden - und würde man ihn oder sie noch so gut kennen - irgendeinen Hund aussuchen und mitnehmen. Einen Hund zu sich nach Hause zu holen bedeutet, ein neues Familienmitglied für die nächsten 10 bis 15 Jahre aufzunehmen. Würden Sie ein Kind adoptieren, von dem sie bis vor einer Minute noch nicht einmal gewußt haben, das es zur Adoption steht und das sie noch nie gesehen haben? Bei Hunden aus dem Tierheim ist das noch viel schlimmer. Viele von ihnen haben durch ihr schlechtes Vorleben sogenannte "Macken", die nur mit viel Liebe und Geduld zu beseitigen oder zu dulden sind. Diese Liebe muß aber aufgebracht werden, was gerade in der turbulenten Weihnachtszeit schwer fällt. Da käme also ein scheues oder lebhaftes oder mißtrauisches Wesen in die Wohnung, alle sind im Streß und der Hund weiß gar nicht, wie ihm geschieht. Einen Hund in sein zukünftiges Zuhause zu bringen sollte geplant sein: Sind alle Familienmitglieder anwesend (später Hinzukommende könnten in Zukunft von einem beschützenden Tier nicht mehr akzeptiert werden)? Hat man alles an den entsprechenden Platz gerichtet (Wasser ist nach der Autofahrt besonders wichtig)? Haben alle den ganzen Tag Zeit für den Hund (die Familie sollte Ruhe ausstrahlen und dem Hund zeigen, daß er sich erst mal einleben kann)? Kann man gleich rausgehen, damit der Hund sein neues Revier inspizieren und sich lösen kann? Weiß man die bisherigen Futterzeiten und die Futterart, damit der Hund schonend auf das zukünftige Futter eingestellt werden kann (sonst droht Durchfall)? Hat man an die Leute im Tierheim noch Fragen? Und dergleichen mehr.
All das ist aber in der Weihnachtszeit und meist auch zwischen den Feiertagen kaum möglich. Aus diesem Grund empfehlen wir den Leuten immer, den zu Beschenkenden einen Stoffhund zu schenken und nach den Feiertagen dann gemeinsam ein Tier auszusuchen, daß zu der gesamten Familie paßt.
In unserem Tierheim schützen wir uns auch, indem wir bei jedem potentiellen neuen Besitzer eine Vorkontrolle machen und begutachten, wie die Wohnung aussieht, sowie in einem ruhigen Gespräch bei den Leuten herauszufinden, ob sie die Richtigen für den entsprechenden Hund sind. Denn wir wollen unseren Tieren natürlich ein schönes Zuhause geben und das so schnell wie möglich. Aber niemals auf Biegen und Brechen.
Wir vermitteln unsere Hunde, wir verkaufen sie nicht!
In diesem Sinne wünsche ich allen, die sich mit dem Gedanken tragen, einem einsamen Tierheimhund ein neues Zuhause zu geben schöne Feiertage und danach eine gut durchdachte Suche nach dem passenden Familienmitglied. Der neue Weggefährte wird ihnen diese Überlegtheit danken mit Treue bis zu seinem Tod.
Frohe Weihnachten!
Charlotte Stanek (E-Mail: ba2094@fen.baynet.de), ehrenamtliche Mitarbeiterin in einem Tierheim in Nordbayern
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