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Hallo Claudia,
kurz zu Deinen Fragen: Früher (also noch bevor ich ihn kannte) wurde das Beissen mehr oder weniger als "Spleen" abgetan. Mein Freund dachte immer, das wird schon wieder. Ich muss sagen, dass ich das genauso wenig verstehen kann, schließlich gibt es ja Hundeschulen. Doch das Problem wurde einfach totgeschwiegen. Mein Freund hat jetzt noch immer Probleme, bei Hundeschulen anzurufen und zu sagen, dass sein Hund beisst. Er will es irgendwie nicht so recht zugeben, deshalb ist er auch nie auf die Idee gekommen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Gebissen hat er früher genauso, also kann das ja gar nicht mit der Umerziehung zusammenhängen, oder? Er hat schon als Welpe gebissen, wie gesagt, man dachte, das legt sich schon wieder. Da ich jetzt schon einige Narben habe, möchte ich keine weiteren größeren davontragen. Er kann mit diesem Maulkorb nicht richtig zupacken, wie gesagt, er hat mich nur ganz leicht erwischt, weil ich die Hand so blöd hingehalten habe.
Ich glaube auch nicht, dass wir mit Gewalt sein Verhalten ändern. Oder siehst Du das schon als Gewalt an, dass er sein Fressen erst nach uns bekommt, gewisse Sachen einfach verboten werden oder er nicht mehr an der Leine zieht? Wie gesagt, das auf den Rücken-legen wird nur gemacht, wenn er zubeissen wollte oder zugebissen hat. Und ich glaube nicht, dass er jetzt unsicherer geworden ist, er strotzt noch immer vor Selbstbewusstsein (typisch Dackel). Den Maulkorb sehe ich auch nicht als Gewalt an, schließlich ist er wirklich sehr weit. Hätte ich einen Scanner, würde ich mal ein Bild zeigen, so kann ich es leider nur beschreiben. Er ist aus dünnem Leder und vorne offen, sieht so ähnlich aus wie ein Pferdehalfter. Damit kann er wirklich alles machen (sogar Schweineohren fressen), außer fest zubeissen.
Zum Thema Souveränität etc.: Es ist nicht immer einfach, souverän zu bleiben, wenn er gerade gebissen hat. Ansonsten glaube ich, dass wir nicht diejenigen sind, die bei jedem kleinsten Fehler die Haltung verlieren. Da hilft meiner Meinung nach wirklich nur Geduld und Konsequenz. Wenn er z. B. sich nicht auf Kommando setzt, wird eben so lange nichts anderes gemacht, bis er versteht, dass das so nicht geht. Also nichts mit auf den Rücken legen oder anschreien.
Zum Thema gelassene Überlegenheit möchte ich gerne mal kurz schreiben, wie das damals mit meinem Pekingesen war: Dieser Pekingese wurde von einer älteren Dame gehalten, die den Hund als Kinderersatz hatte. Dementsprechend wurde sie "vermenschlicht" und sie durfte aus Hundesicht der Chef sein. Kam einer zur Tür rein, war sie die erste, die an der Tür stand und ihn in die Füsse biss, so nach dem Motto: ich bestimme wer rein darf und wer nicht. Ich habe sie damals nur ausgeführt, fünf Jahre lang fast jeden Tag. Als die Frau ins Krankenhaus kam, habe ich ihn für diese Zeit übernommen. Da war sie zwölf Jahre alt und wie gesagt ein richtiger "Giftzwerg". Männer hat sie prinzipiell nicht gemocht. Bei uns (meine Familie) hat sie gelernt (ohne Zwang und Maulkorb), wie man sich unterordnet. Ab dem Zeitpunkt gab es kaum noch Probleme mit ihr, sie war ein Traumhund. Als ihr früheres Frauchen wieder aus dem Krankenhaus kam, wollte sie den Hund wieder haben. Tja, der Hund wollte aber nicht mehr zu ihr. Sie heulte nachts und war den ganzen Tag unruhig. Also habe ich sie bis zu ihrem Tod dann wieder übernommen. Also, ich glaube, hätte ich den Hund damals mit Aggression oder überrumpeln erzogen, wäre sie ja nach Deiner Theorie nicht gerne geblieben. Was ich damit sagen möchte: Bei Wutzl verhalten wir uns genauso, er wird nicht überrumpelt oder mit Aggression erzogen, genausowenig wie damals unser Pekingese. Und Wutzl wurde früher ja auch nicht erzogen, trotz alledem hatte er diese Macke bei der Tante meines Freundes.
Puhh, das wurde etwas arg lang, aber ich möchte nicht schon wieder Missverständnisse aufkommen lassen.
Liebe Grüße
Andrea
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