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17.12.00 --
Tanja, Achim + Cyril
RE: Zum Thema "Dominanzverhalten"/Mary
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Hallo Mary,
ich antworte Dir einfach mal mit einer Beobachtung / Geschichte. Vor Jahren hatte ich ein Jahr nur am Schreibtisch zu tun und nicht immer so richtig viel Lust dazu und da ich noch kein Internet hatte :-)), hab ich viel aus dem Fenster geschaut und angefagen eine älteres Ehepaar mit kleinem, älteren Hund zu beobachten. Der Hund war für sie wie ein Kind, er wurde verhätschelt und betüddelt und zwar von beiden. Keiner schimpfte richtig mit ihm, geschweige denn, dass sie ihn angebrüllt, untergeordnet oder gar gehauen hätten. Er schlief im Bett und lag bei beiden auf dem Sofa und war nie in dem Sinne erzogen / ausgebildet wurden, wie wir das machen.
Trotz allem (und darum fing ich auch an sie mehr zu beobachten), schien es sich je nachdem, ob er mit Herrchen oder Frauchen draußen war um zwei verschiedene Hunde zu handeln. Mit Frauchen draußen, bestimmte der Hund wo es lang ging. Er ging immer so weit es die Leine zu ließ vorweg. Sie folgte, ging er auf der falschen Seite eines Laternenmastes, dann ging sie um den Mast zu seiner Seite, etc. Wenn er schnüffelte, hielt sie an. Überhaupt ging sie immer langsam mit ihm und immer etwas zu ihm hin gebeugt und passte dabei höllisch auf, ob andere Rüden kommen würden, denn sie hatte Angst vor Raufereien. Traf sie mit ihm unverhofft doch andere Hunde, veranstalte ihr Hund ein riesiges Spektakel. Das beobachtete ich und traf sie auch ab und an draußen und sie erzählte mir, dass sie den Hund nie von der Leine machen würde, denn sie hätte zu viel Angst, dass er nicht hören würde.
Dann sah ich das erste Mal ihn mit dem Hund draußen. Komplett verdrehtes Bild. Er ging strammen Schrittes mit rausgedrückter Brust, den Blick stur geradeaus gerichtet vor dem Hund. Und der Hund folgte ihm, sprich er blieb relativ dicht hinter ihm. Kamen sie an anderen Hunden vorbei, gab der Hund keinen Ton von sich. Er schien vollends damit beschäftigt zu sein, seinem Herrchen zu folgen. Irgendwann schien Herrchen dann einzufallen, Hund könne ja mal müssen, also hielt er an nem Gebüsch oder so an und wartete 3-4 Minuten, danach ging es strammen Schrittes weiter. Herrchen ließ den Hund auch ab und an von der Leine. Als ich ihn fragte, ob der Hund bei ihm denn hören würde, sagte er sinngemäß "natürlich, der kommt schon und dass seine Frau ja leider so ängstlich sei". Selten musste er den Hund überhaupt nur rufen, denn auch ohne Leine folgte er seinem schnell marschierendem Herrchen, das nicht links und recht guckte.
Ich fand das spannend zu beobachten und hab mich auch im Stillen drüber amüsiert. Aber letztendlich ist es genau das: Frauchen folgte dem Hund und Hund folgte Herrchen. Für Herrchen waren auch andere Dinge selbstverständlich. Wenn der Hund nicht musste und er hatte zu dem Zeitpunkt noch keine Lust mit ihm rauszu gehen, dann ging er auch nicht. Hatte Herrchen Lust ihm was Leckeres zu geben, dann bekam er es. Hatte Hund Lust auf ne Scheibe Wurst, dann bekam er sie von Frauchen. Theater machte der Hund in solchen Situationen nur bei Frauchen.
Vom Prinzip war es also schlicht so, dass Herrchen seine Interessen vor die des Hundes stellte, keinerlei Angst und Unsicherheit zeigte, sehr souverän und forsch wirkte (sowohl auf Menschen als offensichtlich auch auf den Hund) und gar nicht auf die Idee kam der Hund könne ihm nicht folgen.
Diese Art im Umgang mit Hunden finde ich schwer in Worte zu fassen. Letztendlich habe ich oft das Gefühl es ist eine Frage von "autentisch"sein, also, dass was man von dem Hund fordert / verlangt auch wirklich zu wollen. Wenn jemand meinetwegen nur in Büchern gelesen hat, lasse den Hund nicht aufs Sofa, aber eigentlich hätte er ihn gene da zum Kuscheln oder Füße wärmen, dann ist dieses "autentische sein" weg und er wird sich bei diesem Verbot ganz anders durchsetzen können, als bei einem Verbot (z.B. Mülleimer ausräumen) hinter dem er fest steht, weil ihn das Zuwiderhandeln auch wirklich stört.
Ich hoffe es ist einigermaßen rüber gekommen, was ich damit sagen will.
Lieben Gruß
Tanja
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