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Hallo Volker,
kann Dir dazu mal folgenden Literaturauszug von Eberhard Trumler geben (Der schwierige Hund):
"Weglaufen beim Spaziergang"
Zunächst sei klargestellt, dass man keinen Hund von der Leine lassen darf, mit dem man nicht so vertraut ist, dass man sich auf ihn, beziehungsweise seine Anhänglichkeit verlassen kann. Das trifft vor allem auf neuerworbene, erwachsene oder halberwachsene Hunde zu. Außerdem darf man keinen Hund in Tollwutsperrbezirken frei laufen lassen, insbesondere nicht in einem deckungsreichen Gelände, eher noch auf einem weiten Stoppelacker oder einer Wiese, wo man den Hund stets im Auge behalten kann.
Wer die Möglichkeit hatte, den angeborenen Folgetrieb des Welpen, der bis zum Ende des dritten Lebensmonats sehr deutlich sichtbar ist und sich ab da nur ganz langsam allmählich vermindert, sinnvoll ausnutzen, wird nicht so leicht in Schwierigkeiten geraten. Jung gewohnt ist alt getan, heißt es. Freilich ist dieser Folgetrieb beim kleinen Welpen oft recht unangenehm. Er stolpert uns immer zwischen den Füßen herum, behindert uns, wenn wir zum Telefon oder zur Tür eilen, - das kann schon lästig werden. Dabei ist das gewöhnlich nur deswegen so, weil wir uns mit dem Welpen zuwenig beschäftigen, - deswegen will er stets etwas von uns und hängt so an unseren Pantoffeln wie ein Kind am mütterlichen Rockzipfel. Denken wir nicht daran, und wehren wie den Welpen ab, so wird er, wenn er älter wird, bald gewohnt sein, dass er sich eben allein beschäftigen muß, aber damit lockert sich die Bindung an uns oft so stark, dass er dann keine besondere Lust hat, zu uns zu kommen, wenn es uns nun einfällt, ihn herbeizurufen.
Es ist nun leider einmal so, dass nur wenige Menschen die Möglichkeit und Geduld haben, ständig auf den Welpen folgerichtig einzugehen. Man hat als normaler Mensch eigentlich auch gar nicht die Neigung, den Hund so zu dressieren, dass er wie ein Sklave gehorcht und gibt sich damit zufrieden, dass er beim zweiten Ruf herkommt. Natürlich kann man auch in dieser Richtung übertreiben und sich zufriedengeben, wenn der Hund erst nach dem zwölften Schrei angetrabt kommt. Aber das ist dann doch nicht so besonders gut.
Man muß schon bei der frühen Erziehung des Hundes so auf ihn einwirken, dass er bereits auf den ersten Zuruf herankommt, wenn auch nicht wie ein geölter Blitz, aber doch zügig. Vor allem muß er gelernt haben, in gewissen Fällen beim Spaziergang uns überhaupt nicht von der Seite zu weichen und so neben uns herzugehen, als wäre er an der kurzen Leine.
"Bei Fuß" nennt man das, man sollte es gut üben, wobei es für den normalen Begleithund sicher unwichtig ist, in welchem Abstand seine Nase von unserem Knie zu sein hat, wie das von militanten Hundeführern sehr präzise angestrebt wird. Haupsache für uns: Er weicht uns bei diesem Befehl nicht von der Seite.
Natürlich werden wir einen Hund, auf dessen Gehorsam wir uns im Großen und Ganzen verlassen können, nicht ständig an der Leine führen wollen. Es soll sich ja auslaufen können. Aber da kommt es dann doch gelegentlich zu Schwierigkeiten! Vor allem, wenn unser Hund plötzlich eine Hasenspur, eine Rehfährte oder gar eine läufige Hündin endeckt! Es kann auch der Hund eines anderen, uns entgegenkommenden Spaziergängers sein. In solchen Augenblicken überhört der sonst so folgsame Hund nur zu gerne unseren Ruf. Ganz schlimm ist es, wenn plötzlich ein Hase oder Reh dicht vor dem Hund aufspringt und flüchtet. Das ist eine Situation so voller Anreiz zu einem fröhlichen Verfolgungsspiel, dass kaum ein Hund widerstehen kann. Er muß einfach hinterher!
Freilich gibt es unterschiedliche Hunde. So mancher Hund lernt bald, dass es überhaupt keinen Zweck hat, allein einen Hasen zu verfolgen oder so einfach hinter einem Reh herzurennen. Wenn wir es geschickt anfangen, folgt so ein gescheiter Hund am Ende doch lieber unserem Zuruf, weil er die Erfahrung gemacht hat, dass dabei mehr herauskommt. War er nähmlich hinter dem Wild her, dann wurde er hinterher an die Leine genommen, mußte gesittet neben uns hertraben, was stinklangweilig war, meist brachen wir dann den Spaziergang ab. Umgekehrt aber, wenn er nicht nachlief, gab es ein fröhliches Spiel, Lob und vielleicht auch einen für solche Zwecke bereitgehaltenen Leckerbissen. Solchen Gehorsam sollte er aber schon in einem Alter gelernt haben, in dem er noch gar keine Möglichkeit hatte, Wild zu verfolgen. Um Verfolgungsjagden zu vermeiden, wenn man den Hund nicht so ganz per Zuruf in der Hand hat, empfiehlt es sich, dem Hund beizubringen, allerhöchstens 10 Meter weit vorauszulaufen oder zurückzubleiben. Letzteres sollte aber auch besser unterbunden werden, da es später nämlich darauf ankommt, dass wir mit unserem Blick dem Hund immer folgen. Wer schaut schon ständig zurück!
Da wir Dank unerer Größe viel weiter sehen können als der Hund, können wir noch vor ihm mögliche Herausforderungen durch ausweichendes Wild erkennen. Haben wir es früher als der Hund bemerkt, können wir ihn heranrufen. Er wird kommen, weil er nicht ahnt, was wir ihm vorenthalten. Wir sollten ihn auch dann heranrufen, wenn wir uns nicht einsehbaren Geländestellen nähern, etwa einer durch Büsche und Bäume verdeckten Wegbiegung, - wir wissen ja nicht, was dahinter ist. Grundsätzlich ist es so, dass der Hund eher zu uns zurückkommt, wenn der Abstand zwischen ihm und uns geringer ist als der Abstand zwischen ihm und dem eine Verfolgung herausfordernten Tier. Um dem Hund unsere grundsätzliche Einstellung zu Zurückruf-Verweigerung deutlich klar zu machen, gibt es einen allgemein bekannten Trick:
Kommt der Hund nicht, geht er sogar noch weiter weg, drehen wir uns einfach auf dem Absatz um, und entfernen uns möglichst eilig in die entgegengesetzte Richtung. Das hält kaum ein Hund länger als 2 Sekunden aus, - er rast uns sofort nach. Laufen wir statt dessen auf ihn zu, dann meint er, dass wir ihn auffordern, mit uns weiterzulaufen. Es ist grotesk zu sehen, wie manche Leute ihrem Hund nachrennen und ihn dabei ständig rufe; für den Hund ist das doch das schönste Spielvergnügen, denn er kann dieses Rufen doch nur als Aufforderung verstehen, noch schneller zu werden. Eine fröhliche, gemeinsame Jagd!
Es ist heutzutage schon schwer, einem Hund den nötigen Auslauf zu verschaffen, wenn man in dichter besiedelten Gegenden oder gar in Städten wohnt. Der damit verbundenen Mangel an artgerechter Bewegung trägt viel dazu bei, dass ein Hund sein aufgestautes Bewegungsbedürfnis zu passender Gelegenheit abreagiert, dann diesem Drang folgend, - den Gehorsam verweigert. Da, wo ein Hund häufig Gelegenheit hat, mit anderen Hunden zu spielen, mit ihm auch viele herrliche Verfolgungsspiele machen kann, ist es viel leichter, einen Hund davon abzuhalten, bei der Begegnung mit flüchtendem Wild diesem blindlings nachzurasen. Man sollte alles daransetzten, seinem Hund solche Spielmölichkeiten mit anderen Hunden zu bieten, und ihm außerdem noch durch Apportieren geworfener Stöckchen, Bällchen oder Wurfhölzer zusätzliche Möglichkeiten zum Abreagieren seines Verfolgungstriebes geben. Hat ein Hund einmal erkannt, dass wir machtlos sind, wenn er sich etwas erlaubt, was ihm entgegen unserem Willen Vergnügen bereitet, hat er unsere Hilflosigkeit begriffen, dann freilich ist guter Rat teuer. Man hat dann nämlich meist nur noch den Weg offen, seinen Hund einem erwerbsmäßigen und erfahrenen Hundererzieher anzuvertrauen, - und der macht es eben nicht umsonst. Aber auch er kann nicht immer helfen! Es ist unbedingt erforderlich, dass der Hund bei unseren Spaziergängen zu unserer Hand zurückkommt, wenn wir ihn rufen, auch wenn ihn andere Dinge sehr locken.
Ein Hilfsmittel, das zu erreichen, ist eine Leine von etwa 10 Meter Länge. An ihr kann er auch den zuvor geforderten Maximalabstand von uns einüben. Ist der Hund so weit vor uns, dass diese lange Leine straff gespannt ist, rufen wir ihn, wobei wir mehr oder weniger deutlich durch kurzes Zurückziehen der Leine den Ruf unterstreichen. Kommt der Hund zu uns, wird er tüchtig gelobt und gestreichelt, kommt der schnell und eilfertig zurück, gibt es sogar eine genießbare Belohnung. Auf keinen Fall sollte man, weil er trotz unseres Rufes oder Ruckes an der Leine nicht sofort kommt, an der Leine herumreißen und wie wild schreien. Lieber kehrt machen und in eine andere Richtung gehen, in die er ja in diesem Fall unausweichlich folgen muß. Da er gern vorausläuft, wird er wahrscheinlich vorzulaufen versuchen, und wir können ihn, sobald er in unserer Höhe ist, zu uns locken, loben und belohnen.
Es bedarf wohl keiner näheren Begründung, dass man einen Hund NIEMALS strafen darf, wenn er unseren Wünschen erst viel später nachkommt als uns lieb ist. Und doch wird hier immer und immer wieder SINNLOS (aus der Lernfähigkeit des Hundes gesehen!) gestraft, und sei es nur, dass der Mensch dabei den eigenen Zorn abreagiert! EIN GANZ SCHWERER ERZIEHUNGSFEHLER!
Wenden wir die Übung mit der Leine konsequent und folgerichtig an, und bleiben wie später, wenn wir die Leine weglassen, konsquent bei der 10-Meter-Enfernung, müßte sich, zumindest bei einem noch bildungsfähigem Hund, der gewünschte Erfolg einstellen. Ergänzend sei hier noch gesagt, dass es auch ein Davonlaufen gibt, das im Grunde gar keines ist. Wir sollten es sogar fördern, weil wir damit den Jagdeifer des Hundes mindern. Gemeint ist das "Im-Kreis-Rasen" des Hundes, das man auf einer entspechend großen Wiese möglichst zu Beginn des Spazierganges herausfordern kann. Jeder Hund wird, wenn wir ihn inmitten einer solchen großen Fläche auffordern, sofort etwa 20 oder mehr Meter von uns davonlaufen und dann in rasendem Lauf einige Kreise in dieser Entfernung um uns ziehen. Hat er sich ausgerast, kommt er ganz von selbst, japsend mit heraushängender Zunge, aber zufrieden wieder zu uns zurück. Wer dieses Rennvergnügen seinem Hund täglich einmal bieten kann, wird erkennen, dass der Hund danach viel leichter zu lenken ist, meist auch gar nicht mehr so triebhaft darauf versessen, hinter flüchtigem Wild herzulaufen.
Gewarnt sei vor industriell angepriesenen mechanischen Geräten, da diese nur in die Hand eines Fachmannes den gewünschten Erfolg bringen!!!
Das soweit ufff
Viele Grüße und Erfolg Andrea
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