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Soko Wolf" hält Isegrim mit Lappen von den Schafen fern 
 
http://www.dnn.de/regional/25579.html 
 
Lausitzer wagen sich nicht in Wald / Auch entlaufene Hunde rissen Tiere 
 
 
Schleife/Bautzen/Dresden. Alarm in der Oberlausitz: Wieder wurden 
 
Schafe getötet, diesmal vier Tiere. Sie starben Freitagnacht, auf einem Hof 
 
im Dörfchen Neuteich bei Weißenberg. Der Verdacht der Bautzener Polizei lag 
 
nahe: Die Täter waren Wölfe. Doch Fehlanzeige: Im Laufe des Wochenendes 
 
klärten Experten der neuen "Soko Wolf" den Mordfall auf: Zwei entlaufene 
 
Doggen sollen den angebundenen Schafen ins Genick gesprungen sein, sie 
 
geschüttelt und blutig gebissen haben. "Kein Zweifel: Das waren keine 
 
Wölfe", sagt Biologin Gesa Kluth, die Sachsens neue Bewohner erforscht und 
 
zur Sonderkommission des Umweltund Agrarministeriums gehört. 
 
 
Doch die Nervosität in der Region ist groß, seit die Wölfe in zwei 
 
Nächten Ende April und Anfang Mai insgesamt 33 weibliche tragende Tiere 
 
einer Schafherde bei Mühlrose nahe Weißwasser gerissen haben. Es war eine 
 
blutige Orgie: Ein Schaf wurde größtenteils aufgefressen, andere wie im 
 
Rausch auf Vorrat getötet, weitere sind bis heute nicht gefunden. Einige 
 
Schafe starben gar an Stress. Der Fall war klar. Der gezielte Drosselbiss in 
 
die Kehle, die Tatzenabdrücke, die gelben Augen, die Schäfer Frank Neumann 
 
nachts gesehen hatte, verrieten eindeutige Wolfsspuren. Expertin Kluth geht 
 
davon aus, dass die Mörder die zweijährigen Jungtiere des Oberlausitzer 
 
Rudels waren. Die Elterntiere seien bisher so nicht aufgefallen, doch der 
 
Nachwuchs streife umher und suche ein neues Revier. 
 
 
 
Bis vergangenen Sonntag legte sich Schäfermeister Neumann Nacht für 
 
Nacht auf die Lauer, um eine erneute Bluttat zu vermeiden. Doch Isegrim 
 
schlug nicht wieder zu. Die Landesregierung kam für die Schäden auf, zahlte 
 
256 Euro pro Tier, stellte vorübergehend einen Schäfer ein und finanzierte 
 
einen besseren Schutz: Elektrische Lappenzäune mit wehenden roten Tüchern, 
 
die nach Meinung der "Soko Wolf" den Angreifern suspekt sind. "Da gehen die 
 
in der Regel nicht drüber", sagt Kluth. Neumann hat einen solchen Zaun um 
 
jene Weide gezogen, auf der der Angriff geschah. Weitere gefährdete Herden 
 
sollen ebenso geschützt werden. Wenn doch noch was passiert, werden wieder 
 
Nachtwachen eingerichtet. Dann könnte auf die Wölfe auch mit Gummigeschossen 
 
aus Schrotflinten gezielt werden, um sie zu vergraulen. 
 
 
 
Die Wölfe, die bisher geschützt auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz 
 
lebten, müssen auch mit Schmerzen erzogen werden. Der einst verteufelte 
 
Großräuber war hier zu Lande mehr als 150 Jahre ausgestorben. 1995 siedelten 
 
sich zwei Alphatiere aus Polen diesseits der Grenze an. Die Rückkehr der 
 
Wölfe ist für den Artenschutz spektakulär und wurde ein Medienereignis. 
 
Schließlich bilden sie die einzige Population im westlichen Mitteleuropa. 
 
 
 
Doch die Schafsattacken verunsichern die Bewohner der Muskauer Heide. 
 
Rentnerin Anna Schur, die am Waldrand beim Tagebau Nochten wohnt, wagt sich 
 
nicht mehr in die Beeren und Pilze. "Das ist mir unheimlich", sagt sie. 
 
Ehemann Willi pflichtet ihr bei: "Hundert Jahre war hier Ruhe. Doch jetzt 
 
hat jeder Angst." Die Schurs konnten bisher vom Küchenfenster aus sogar 
 
weiße Hirsche füttern. Nun aber würden Rotund Damwild vertrieben, bedauern 
 
sie. "Und wenn die Wölfe im Winter Hunger haben, fallen sie vielleicht 
 
Menschen an", fürchten sie. Eine andere Rentnerin sagt, was manche im Ort 
 
denken: "Die Wölfe soll man abschaffen." 
 
 
 
Schäfer Neumann gibt sich moderater. Der 54-Jährige sagt, es sei 
 
möglich, gezielt jene Wölfe zu erlegen, die Schafe reißen. "Eines gefällt 
 
mir nicht: Wir sind die Leidtragenden." Den Experten sträuben sich 
 
angesichts der Ängste vor dem mystischen Räuber die Haare. "Wölfe sind 
 
scheue Tiere und greifen keine Menschen an. Sie werden sich nicht in Gefahr 
 
begeben", erklärt Gesa Kluth. Die "Soko Wolf" hat daher nicht nur eine 
 
Hotline eingerichtet, unter der sich Polizei, Fachleute, Amtstierärzte und 
 
Naturschützer im Krisenfall rasch verständigen können. In Arbeit ist auch 
 
eine Imageund Informationskampagne, um Sorgen zu zerstreuen und die 
 
Wolfsregion zu vermarkten. Denn die streng geschützten Tiere fühlen sich in 
 
der Lausitz wohl. Kluth geht davon aus, dass gerade in diesen Tagen zwei bis 
 
vier neue Welpen geboren werden. 
 
 
Von Sven Heitkamp 
 
 
 
© Dresdner Neueste Nachrichten erschienen am 13.05.2002 
 
 
 
 
[Die Teile dieser Nachricht, die nicht aus Text bestanden, wurden entfernt] 
 
 
 
 
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