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12.10.99 --
Hubertus Doehring
Haus- und Hofgeschichten 3
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Guten Abend,
als ich jetzt die Probleme von Elena (Godd Evening, Elena!) zu lesen bekam,
auch die Erwiderungen von Mona (Hallo Mona!) und Graziella (Buona sera,
Graziella!), da fiel mir die Geschichte von Alf wieder ein.
Ihr kennt Alf nicht?
Also gut, ich werde sie Euch aufschreiben, setzt Euch hin und lest.
Aber sitzt gerade und zappelt nicht.
'Wie ich meinen Hund gebissen habe oder vom Wert der Fremdsprachen'
Also mit Alf fing alles an.
Alf, das ist der Hund vom Fahrradfrosch. Er ist nicht besonders groß, aber
dafür zottelig und ein Rumtreiber.
Nein, nicht der Fahrradfrosch, sondern der Alf.
Besagter Fahrradfrosch ist unser hiesiger Fahrradhändler namens Frosch. Und
Alf ist sein Hund.
Wir waren gerade erst einige Jahre im Dorf. Unser Haus war zwar fertig, aber
die Grünanlagen fehlten noch, genauso wie das Hoftor. Unsere Halka, was
unsere kleine Pinscher-Terrierdame ist, sauste oft auf dem Hof umher und
spielte mit mir und den Hühnern.
Halka ist überaus folgsam und gelehrig.
Damit sie nicht mal auf die Straße rennen würde zog ich an der
Grundstücksgrenze, dort, wo normalerweise sonst das Hoftor wäre, mit dem Fuß
einen großen Strich und gab Halka die Weisung, bestimmten Strich nicht zu
betreten geschweige zu überschreiten. Und Halka verstand.
Aber eines morgens, als Halka mit mir zum Zeitungholen ging, sauste
plötzlich ein zotteliger Hund auf unserem Hof herum.
Halka fltzte sofort los, um den Eindringling zu vertreiben.
Der rannte zwar ein Stück zurück, aber dann blieb er stehen und beäugte
unsere Halka. Sonnst ging Halka jeden Eindringling an, hier blieb sie aber
plötzlich stehen.
Sie schien irgendwie an dem Kerl interessiert. Der wiederum fing sogar an zu
sabbern. Was war da bloß los?
Meine Frau schaltete da schneller. Ehe ich mich versah, rannte sie mit dem
Schrubber in der Hand auf den Alf los.
Das half. Dem Alf vergingen die Gefühle, er gab Fersengeld.
Am nächsten Morgen konnte ich nur noch den weghuschenden Schatten von Alf
sehen, so schnell war er weg.
Aber dafür war an unserer Eingangstür von außen eine große Pfütze.
'Das ist die Höhe, jetzt pinkelt dieser Hund schon an unsere Tür!', meinte
meine Frau, 'Tu was, Mann!'.
Und ich fing an, zu überlegen.
Ich überlegte und überlegte.
Am Abend dann, Halka war im Flur, hörte ich von draußen leise Kratzgeräusche
an unserer Tür, Halka spitzte die Ohren und gab leise fiepende Laute von
sich. Es war Alf, der draußen ein Liebeslied anstimmte.
Und Halka sang von drinnen mit.
Nun war guter Rat teuer.
Mir war klar, die Methode Schrubber würde bestimmt nichts nützen. Welcher
liebeskranke Kerl würde sich von einem Schrubber abhalten lassen. Es mußte
was wirksameres sein, etwas was Alf verstehen würde.
Also wälzte ich Fachliteratur, jedenfalls das, was ich dafür hielt.
Und mir kam ein Buch über Wölfe in die Hände.
Und damit kam die Erleuchtung. Alf markierte sein Gebiet.
Aber das war doch mein Gebiet, ich war doch der Leitwolf.
Jedenfalls auf meinem Hof. Und da beschloß ich, mein Gebiet selber zu
markieren.
Gedacht, getan.
Spät abends, als Frauchen noch in der Küche beschäftigt war, schlich ich
nach draußen. Zuerst zur Grundstücksgrenze.
Es war dunkel, das war günstig für mein Vorhaben. Also zuerst mal eine
Ladung an den Zaunpfosten vom Nachbarn, schön hoch auch, aber nicht zuviel,
es mußte ja noch reichen. Dann an die Ecke von unserem Vorgarten, uff,
geschafft.
Ein wenig noch an den ersten Weinstock, dann an die Kante vom Schuppen.
Es machte schon ein wenig Schwierigkeiten, jedesmal in der Verrichtung
wieder abbremsen zu müssen.
Noch eine Gabe an der anderen Hausseite.
Und zum Schluß den Rest an die eigene Haustür, ah, geschafft.
Ich war erleichtert.
Und was soll ich Euch sagen, es funktionierte.
Am nächsten Morgen bin ich noch vor meiner Halka zum Postkasten gegangen und
wartete draußen auf unsere Halka.
Als die dann angeflitzt kam, bremste sie zwar wie immer ab, aber sie war
irgendwie anders.
Immer und immer wieder schnupperte sie, dann ging sie ganz langsam an den
Zaun vom Nachbargarten, roch, schaute am Pfosten empor, man sah noch den
nassen Fleck ganz bis oben, dann drehte sie den Kopf zu mir und sah mich
erstaunt an. Irgendwie sah das wie Anerkennung aus.
Und Alf kam nicht mehr.
Nur meine Frau schimpfte, ich hätte nicht aufgepaßt, Alf wäre wieder auf dem
Hof gewesen.
Man könne es genau an den Pißflecken erkennen, aber Männer würden ja immer
nicht das machen, was sie sollen.
So war das vor Jahren.
Alf hatte sich nicht wieder blicken lassen. Aber dafür hatten wir uns im
vorigen Jahr einen kleinen Rüden als Zweithund geholt.
Jetzt ist Halka offensichtlich wieder in Stimmung. Dabei hatte ich gehofft,
daß sie langsam in die Wechseljahre kommt, sie wird ja schon acht.
Und unser Terry, so heißt der Neue, ist fast ein Jahr.
Wenn sie spielen, dann ist Halka immer die bestimmende. Aber die letzten
Tage sah das Spiel irgendwie anders aus.
Statt Terry wegzuschicken, ließ sie es zu, daß er sie von allen Seiten
beroch, es schien ihr sogar zu gefallen.
Wollten die beiden etwa meine Führungsrolle mißachten?
Inzwischen hatten wir ja ein Hoftor. Das Revier war klar abgesteckt. Und
doch erdreißtete sich der kleine Scheißer, meine Weisungen, Alpha-Weisungen,
zu mißachten.
Die Alfmethode zog bei ihm nicht. Also mußte etwas anderes her.
Terry kennt außer Platz und Sitz und Pfötchengeben noch nicht viel
Kommandos. Und ich dachte mir, daß er mich nicht verstehen würde.
Aber inzwischen bin ich ja Leser von de.rec.tiere.hunde.
Ich mußte etwas finden, was Terry als Hund verstehen würde.
Und gestern, bei mir im Zimmer, ich lese gerade neue Nachrichten der
Hundler, da geht das Getanze bei mir im Zimmer los.
Terry immer rum um Halka, Halka immer rum um Terry.
Das war zuviel.
Ich runter auf alle viere und erst mal gebellt. So tief mit der Stimme wie
ich konnte.
Beide bleiben sofort stehen und sahen mich an.
Klar, ich wußte ja inzwischen, wie ich mich bemerkbar machen mußte.
Und dann habe ich geknurrt. Ganz ganz grimmig.
Halka ist ja manchmal etwas ängstlich, sie jedenfalls legte schuldbewußt die
Ohren an.
Aber Terry sah schon wieder zu Halka.
Da stürtzte ich vor, so etwas von schräg oben auf den kleinen Rüden, das
Ganze vermischt mit einem fürchterlichen Geknurre und biß meinem Terry ins
Genick. ich habe ihn zwar nicht geschüttelt, aber runtergedrückt habe ich
ihn. 100 kg gegen 8 kg.
Da das Kerlchen etwas strubbelig ist, hatte ich eine ganze Menge Haare im
Mund. Das war aber nicht schlimm, nur sehr trocken und kratzig.
Schlimmer war, daß durch die anfängliche Bewegung von Terry sich sein langes
Fell an der Gebißspange verfangen hatte.
Da hockte ich nun also auf allen Vieren, den Terry unter mir, sein Fell in
meinem Mund.
Ich konnte nicht aufstehen, weil Terry gewissermaßen sehr an mir hing.
Nun wollte ich ihn aber auch nicht gleich hochlassen, er sollte ja
begreifen, daß ich der Bestimmer bin.
Also nestelte ich mit einer Hand an meinem Gebiß, um den Kerl abzubekommen,
mit der anderen stützte ich mich.
Und Terry war so was von still, richtig versteinert.
Ich fürchtete nur, daß ich ihn gleich plattdrücken würde, denn nicht nur für
Terry sind 100 kg zuviel, sondern auch für mich, jedenfalls in dieser
Haltung, dreibenig gewissermaßen und mit einem Hund am Mund.
Die Brille war mir auch noch von der Nase gerutscht und lag irgendwo unter
Halka.
Wie immer bei uns zu Hause geht alle Rettung von den Frauen aus.
Jedenfalls kam gerade meine Frau ins Zimmer als ich kaum noch Luft bekam.
Ich schreibe lieber nicht, wie sie die ganze Situation einschätzte.
Irgendwas von Zwangsjacke und Psychatrie murmelte sie.
Aber ich verzeihe ihr. Sie liest ja so selten, eigentlich kaum, in
de.rec.tiere.hunde.
Meine Frau half uns allen dreien wieder auf die Beine und schickte jeden an
seinen Platz. Halka kam aufs Sofa, Terry auf seine Liegedecke, ich an den
Computer.
Mein Gebiß kam ins Reinigungsglas.
So wars, genau so.
Und es wirkt, jedenfalls bis heute.
Während ich schreibe, sitzt Terry brav auf seiner Decke.
Er weiß ja, was passiert, wenn er in meinem Revier hier wildern will.
Und wie Ihr lesen könnt, ging alles ohne Kastration ab.
Nun analysiert mal.
MfG
Hubertus
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