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02.01.00 --
Volker Wollny
Schußfestigkeit/Silvesterund andere furchterregende Dinge
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Hallo zusammen!
Mein Alfons (Golden/Labrador Retriever-Mix + ein paar andere Zutaten)
soll irgendwann die Brauchbarkeitsprüfung als Jägersknecht ablegen und
dafür ist es erforderlich, daß der Bursche schußfest ist, daß heißt,
er darf nicht gleich einen Nervenzusammenbruch bekommen, wenn es neben
ihm mal knallt. Weil gestern Silvester war und da ja immer die große
Panik in Hundekreisen angesagt ist, hier also mein Bericht über meine
Bemühungen dem Fonse die Angst vor dem großen Knall zu nehmen. Für
diesmal ist es zwar zu spät, aber der nächste Sylvester kommt ja mit
hoher Wahrscheinlichkeit. ;-)
Vorgestern deckte ich mich mit einer erklecklichen Anzahl von
Silvesterkrachern ein. Kleinere, die etwa so laut knallen wie eine
Spielzeugpistole und größere, die dem Geräusch einer Schrotflinte nahe
kommen.
Beim Spazierengehen zündete ich dann immer mal wieder einen der
kleineren Kracher, während Alfons an der Leine ging, wobei ich die
Dinger recht weit weg warf. Die große Panik blieb aus, aber es gab die
typischen Anzeichen von Streß: Angelegte Ohren und auch das Leckerli
war absolut nicht interesant.
Später ließ ich meinen Vierläufer frei laufen und zündete kleinere und
dann größere Kracher - entweder in meiner Nähe, wenn Alfons ein Stück
weg war oder ich warf die Dinger ein Stück weg, wenn der Hund bei mir
war bzw. ich ließ das Ding mit brennernder Lunte zurück und lief mit
Alfons weiter. Das gleiche Spiel machten wir gestern wieder. Zunächst
gab es dabei einige Schwierigkeiten mit dem 'Hier!', was wir aber in
den Griff bekamen. Gestern war es noch so, daß mein vierläufiger
Freund und Jagdgehülfe in spe noch eine ganze Weile nach dem letzten
Schuß für kein Leckerli zu haben war; heute kam ich darauf, daß es am
besten geht, wenn der Hund bei mir sitzt, wenn es knallt - das
entspricht ja auch der späteren Praxis-Situation. Zwischendurch ließ
ich Alfons übrigens immer wieder laufen, damit er den Stress abbauen
konnte.
Mittlerweile sind wir so weit, daß ich einen Kracher von der
Schrottflinten-Güte in 3 - 4 m Entfernung explodieren lassen kann,
Alfons neben mir sitzt und anschließend sein Leckerli verspeist. Ich
denke, daß der entscheidende Schritt stattfand, als ich Alfons das
erste Mal nach dem Knall zu einem Leckerli überreden konnte.
Überhaupt sind Leckerli meine Geheimwaffe für das 'Entschrecken'
furchterregender Dinge: Als Klein-Alfons mit 9 Wochen seine erste
Begegnung mit dem heulenden Ungeheuer hatte, welches wir als ganz
gewöhnlichen Staubsauger kennen, war er wie ein Blitz bei mir auf dem
Sofa und hinter meinen Beinen verschwunden. Abhilfe: Auf der
Staubsaugerdüse servierte Leckerli. Erfolg: Sowie der Staubsauger
auftaucht wird er von Alfons dominiert - bis hin zum Aufreiten.
Außerdem hängt er seine Zunge in das Rohr, daß sie darin flattert und
brummt. Was daran nun so toll ist, weiß ich allerdings nicht, denn ich
konnte mich bisher noch nicht zu einer Erprobung am eigenen Leibe
entschließen...
Auch mein Luftgewehr wurde zunächst offenbar als gefährlicher Feind
klassifiziert. Warum, kann ich mir allerdings nicht erklären, denn das
Ding war die erste Waffe, die Alfons zu Gesicht bekam - er konnte
nicht wissen, daß ganz ähnlich aussehende Apparate ekelhaft laut
knallen können. Einzig mögliche Erklärung: er kann das Geräusch des
Kugelschlags im blechernen Kugelfang nicht leiden. Allerdings führte
der Trick mit den Leckerli auch hier zum Erfolg: Eine ganz Weile
zeigte Alfons sogar auffallende Interesse an Gewehren.
Zurück zu der Knallerei: Auf die eine Art ist Alfons, trotzdem er ein
rotzfrecher Kopfrüde ist, irgendwie ein Sensibelchen - ihm auf die
harte Tour (Schüsselwegnehmen) abzugewöhnen beim Fressen zu knurren,
wenn sich ihm jemand näherte habe ich sofort eingstellt, als er anfing
nur noch mit angelegten Ohren und eingeklemmten Schwanz zu fressen.
Anstattdessen habe ich ihn einfach gnadenlos beim Fressen gestreichelt
und beruhigend auf ihn eingeredet - obwohl ich Bedenken hatte, ihm
damit womöglich das Napfverteidigen erst richtig anzuerziehen.
Andererseits war ich jedoch erstaunt über die Wesensfestigkeit, mit
der er auf die Knallerei reagiert hat. Auch vom anfänglich
auftretenden Stress - von Panik war nicht zu reden - hat er sich
jedesmal schnell wieder erholt. Mag sein, daß es eine Rolle spielt,
daß ich mit meinem Alfons fast Tag und Nacht zusammen bin und wenn
nicht ich, dann jemand anderes aus der Familie.
Sensiblere Hunde kann man vielleicht nicht in drei Tagen schußfest
machen, sicherlich aber in drei Wochen oder in drei Monaten. Notfalls
kann man auch mit ganz kleinen Knallkörpern anfangen oder zunächst vor
dem Haus knallen, während der Hund mit einem vertrauten Menschen
(Herrchen/Frauchen) drin ist. Bis zum nächsten Silvester sollte man
auch bei extrem empfindlichen Hunden wenigstens soweit sein, daß die
Knallerei draußen ertragen werden kann. Ein Hund, der nicht als Jagd-
oder Schutzhund arbeitet, muß ja nicht unbedingt eine Büchsenschuß in
nächster Nähe abkönnen. Obwohl ein knallresitenter Hund kein Fehler
ist - schließlich kann es ja auch im ganz normalen Alltag überraschend
knallen: Fehlzündungen, Düsenjäger, Sektkorken und was weiß ich
alles....
Deswegen wollte ich Euch meine Erfahrungen der letzten Tage nicht
vorenthalten. Ein kleines Problem bei der Sache ist jedoch, daß es
außer an Silvester eigentlich nicht erlaubt ist, mit Krachern zu
knallen und daß man die Dinger eigentlich nicht in der Hand anzünden
und dann erst wegwerfen soll, sondern sie zuerst hinlegt, anzündet und
weggeht.
Trotzdem sind diese Dinger geschickt: Der übliche Weg zur
Schußfestigkeit ist, daß jemand mit einer Waffe erst in größerer
Entfernung und dann immer näher am Hund schießt. Dazu ist aber eine
zweite Person erforderlich - und nicht jedermann besitzt eine
Schußwaffe. Bei den Krachern läßt sich der Knall durch die Größe der
Kracher und die Wurfweite regulieren.
Es trat übrigens noch ein interessanter Nebeneffekt auf: Nachdem wir
heute unser Knallpensum bewältigt hatten, war Alfons auch bei den
anderen Übungen, die wir in den Rest des Spazierganges einbauten,
besonders gut. Vielleicht hat er die Knaller nicht als von mir
ausgelöst erkannt sondern als Gefahr von außen interpretiert, die er
mit mir gemeinsam bestanden hat, was ja bekanntlich die Beziehung
vertieft. Oder es war ganz einfach das gemeinsame Erfolgserlebnis
einer gelungenen Arbeit, das unsere Kommunikation verbesserte und
Ansporn zu weiteren Taten war.
Liebe Grüße
Volker
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