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09.11.99 --
Gaby Tischler
Re: HD Zuchtwert- vorsicht lang!
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Tja, lieber Helmut,
vielleicht solltest Du Dich über die Zusammensetzung des Zuchtwertes mal
genauer informieren:
Der Zuchtwert berechnet sich aus der Vererbungskraft eines Hundes, das ist
nicht nur die HD, sondern auch z.B. Einhoder oder Zahnfehler....
Ich zitiere den SV jetzt mal:
Definition des Zuchtwertes
Anhand der vorangegangenen Erklärung wird die Definition des Zuchtwertes leicht
verständlich:
Der Zuchtwert ist ein Zahlenwert zur Anwendung in der Zucht. Er beschreibt,
welche Wirkung die Gene eines Tieres auf ein Merkmal haben, wenn diese mit den
Genen der restlichen Population kombiniert werden und normale Umweltbedingungen
vorliegen.
Es ist damit zu betonen, daß der Zuchtwert zunächst nichts mit wertvoll oder
wertlos zu tun hat, sondern nur ein Zahlenwert mit beschreibender Aussage sein
soll: wirken die Gene in diesem Merkmal verstärkend oder abschwächend. Bei
Krankheiten bedeutet das, daß hohe Zuchtwerte eine Verstärkung der
Krankheitsanlage anzeigen, was der Züchter als unerwünscht ansieht. Ziel muß es
sein, Zuchttiere einzusetzen, die in der Nachzucht das Krankheitsrisiko
reduzieren. Wenig ist in diesem Fall also wertvoll!
Bei anderen Merkmalen, nehmen wir den Beutetrieb, wünscht man sich hohe
Zuchtwerte, also eine Nachzucht mit überdurchschnittlichen Triebanlagen. Hoch
heißt hier also wertvoll!
Bei der Schulterhöhe ist das nicht so einfach. Ein hoher Zuchtwert für einen
Rüden heißt, daß seine Erbanlagen die Größe verstärken. Das kann für eine
kleine Hündin wertvoll und wichtig sein. Für eine Hündin, die selbst schon an
der Obergrenze steht, ist solch ein Rüde nicht empfehlenswert. Es liegt im
Ermessen des Züchters, für seine Hündin den passenden Rüden auszusuchen, wenn
er erst einmal weiß, wie die Zuchtwerte sind.
Der relative Zuchtwert
Wenn man Zuchtwerte veröffentlicht ist es wichtig, daß sie leicht verständlich
sind. Ein HD-Zuchtwert +0.14 bedeutet zum Beispiel, daß die Nachzucht mit
gleichwertigem Partner wahrscheinlich 0,14 HD-Grade höher liegt. Dies ist
unhandlich, daher werden Zuchtwerte auch nicht als absolute Zahlen sondern
relativ zum Rassedurchschnitt ausgewiesen. Dabei nimmt man 100 für das
rassetypische Niveau und Hunde über 100 verstärken, unter 100 reduzieren das
Merkmal. Die mittlere Schwankung beträgt +/- 10 Punkte.
Wenn somit eine Hündin für HD den Zuchtwert 95 hat, so weiß man, daß sie die
Rasse verbessern kann, ein Hund mit 115 verstärkt die HD-Probleme.
Durch den Bezug auf das Rasseniveau wird die Einstufung auch über Merkmale
hinweg vergleichbar. Wird z.B. ein Hund mit HD 92 und Schulterhöhe 108
ausgewiesen macht dies deutlich, daß er ein großvererbender, die HD
verbessernder Zuchtpartner ist.
Warum ist Zuchtwertermittlung stets nur eine Schätzung?
Es liegt in der Biologie der Vererbung begründet, daß wir den wahren Zuchtwert
nur schwer ermitteln können. Selbst die Eigenbeurteilung des Tieres ist kein
hundertprozentiger Spiegel der Erbanlagen, also des Zuchtwertes, obwohl die
Gene vollständig die Lebensfunktionen kontrollieren.
Die Erbanlagen wirken nur unter sich selbst und nicht in Kombination mit den
Erbanlagen der restlichen Population (es können z.B. Genwirkungen rezessiv
verdeckt sein).
Die Erbanlagen wirken unter ganz spezifischer, für dieses Tier vorliegender
Umwelt.
Beide Gründe geben ein verfälschtes Bild. Die Sicherheit, mit der man den
wahren Zuchtwert aus dem Erscheinungsbild erkennen kann ist beispielsweise für
HD um 20%, für Schulterhöhe um 50% usw. Diesen Prozentsatz nennt man auch
Erblichkeit bzw. Heritabilität.
Jedes Tier erhält seine Gene von Vater und Mutter, von jedem eine zufällige
Hälfte. Jede Information über Geschwister oder Nachkommen basiert daher nur auf
einer zufälligen Stichprobe aus dem Genbestand der Eltern. Erst die Statistik
erlaubt, aus den vielfältigen Erkenntnissen bzw. Beobachtungen ein
unverfälschtes Bild zu bekommen. So, wie ein einziger Löffel aus dem Suppentopf
nur ein ungefähres Bild gibt, wieviel 'Brocken' und wieviel 'Brühe' in der
Suppe sind und jedes weitere Schöpfen uns immer mehr erkennen läßt, wie
gehaltvoll die Suppe ist, so wächst mit jedem Nachkommen unsere Erkenntnis über
den 'Gehalt' eines Zuchttieres.
Stand der Erkenntnisse
Zuchtwerte müssen zu jedem beliebigen Zeitpunkt verfügbar sein, zum Zeitpunkt
der Entscheidung, ob ich einen Deckrüden auf eine gegebene Hündin einsetze, zum
Zeitpunkt einer Körung, eines Welpenkaufes, falls der Welpe Zuchthund werden
soll, ja sogar vor der Geburt schon, wenn sich die Frage stellt, ob die später
geborenen Welpen von ihrer Genausstattung für ihr Leben gerüstet sind.
Insofern müssen zu jedem Termin alle verfügbaren Informationen verarbeitet
werden, um die Erkenntnisse zu einem geschätzten Zuchtwert zusammenzubringen.
Geschätzter Zuchtwert bedeutet, 'nach den aktuellen Erkenntnissen das
wahrscheinlichste Vererbungsniveau'. Da im Laufe der Zeit immer mehr
Erkenntnisse dazukommen, ändert sich in gewissen Grenzen auch der geschätzte
Zuchtwert.
Erster Wissensstand
Von Vater und Mutter liegen durch ihren geschätzten Zuchtwert Aussagen über
ihre Vererbung vor. Da Vater und Mutter jeweils die Hälfte ihrer Gene in die
Welpen einbringen und die Wirkung dieser Gene durch den Zuchtwert beschrieben
wird, gilt für den geschätzten Zuchtwert der Welpen, daß er 1/2 Vaterzuchtwert
plus 1/2 Mutterzuchtwert sein muß. Zum Zeitpunkt der Paarung werden somit die
entscheidenden Weichen gestellt. Je besser die Zuchtwerte der Eltern sind, um
so günstiger ist die wahrscheinliche Genausstattung (Zuchtwert) der Welpen!
Zweiter Wissensstand
Während der Trächtigkeit einer Hündin und noch ehe man den Erfolg einer Paarung
tatsächlich erfahren kann, können Hunde aus früheren Würfen der Eltern geprüft
werden. Diese Geschwister können die Aussage über Vater oder Mutter verbessern
und deren Zuchtwerte 'nachkorrigieren'. Dadurch können sich Zuchtwerte für
einen Welpen ändern, ohne daß über den Welpen selbst bereits etwas bekannt ist.
Dritter Wissensstand
Bis hierher war der Wissensstand nur aus dem Zuchtwert der Eltern abgeleitet,
der zunehmend genauer wird. Da alle Welpen eines Wurfes dieselben Eltern haben,
müssen alle Welpen auch den gleichen geschätzten Zuchtwert haben.
Jeder Welpe hat aber jeweils eine andere Hälfte aus dem väterlichen und dem
mütterlichen Genom erhalten. Rein zufällig kann daher ein Welpe mehr günstig
wirkende Gene als sein Wurfgeschwister erhalten haben. Dieses 'Zuteilungsglück'
oder 'Zuteilungspech' bei der Zellteilung und Bildung der Ei- und Samenzellen
führt dazu, daß sich Vollgeschwister genetisch zum Teil erheblich unterscheiden
können.
Ob ein Einzeltier vom Zufall gesegnet oder gestraft ist, beispielsweise
bezüglich der HD-Gene, kann nur abgeschätzt werden, wenn die Tiere auf HD
geröntgt werden. Da diese 'Eigen-Leistung' jedoch auch von Umwelteinflüssen,
Röntgentechnik, Lagerung und Beurteilung abhängt, ergänzt sie lediglich die aus
der Abstammung vorliegenden Erkenntnisse. Je nach Erblichkeit des Merkmals
ändert sich zu diesem Zeitpunkt der Zuchtwert mehr oder weniger drastisch.
Vierter Erkenntnisstand
Werden die Vollgeschwister, meist ziemlich zeitgleich zum interessierenden Tier
(Proband) auch beurteilt, so ergänzen diese Aussagen die Zuchtwerte der Eltern
und damit aber auch indirekt den Zuchtwert des Probanden. Zuchtwerte können
sich nach der Eigenbewertung somit weiter verändern, auch wenn ein Hund nicht
in der Zucht eingesetzt wird.
Fünfter Erkenntnisstand
Wenn das Tier in die Zucht kommt, wird sein Genbestand auch in seiner Nachzucht
wirksam, mit verschiedenen Paarungspartnern kombiniert, und mit jedem geprüften
Nachkommen steigt das Wissen über seinen Zuchtwert. Die Schätzwerte pendeln
sich auf das Niveau des wahren Zuchtwertes ein.
Mit jedem geborenen Welpen beginnt aber für diesen der Punkt des ersten
Erkenntnisstandes, so daß sich der Kreis schließt.
Weitere Erkenntnisse
Wenn ein Nachkomme geprüft wird, ergibt das Erkenntnisse über Vater und Mutter.
Dem Vater wird nur zugeordnet, was über die Mutter nicht zu erklären ist und
der Mutter nur das, was über den Vater nicht zu erklären ist.
Als Beispiel soll folgende einfache Situation dienen:
Ich importiere einen Rüden und eine Hündin, über deren Verwandte nichts bekannt
ist. Ein Wurf daraus offenbart schlechte HD-Ergebnisse. Da die Schuldzuweisung
auf einen Elternteil nicht möglich ist, erhalten beide gleichmäßig einen
schlechten Zuchtwert (z.B. 110).
Die Hündin wird für einen zweiten Wurf von einem häufig eingesetzten Deckrüden
(80 Nachkommen, 30 geröntgt, überwiegend gute Hüften, Zuchtwert 89) belegt und
es entsteht wieder mittlere und schwere HD. Jetzt wird für die Hündin durch
diese zweite Paarung ihre schlechte Vererbung offensichtlich. Mit einem bekannt
gutvererbenden Rüden hat sie negative Ergebnisse! Ihr Zuchtwert steigt dadurch
drastisch an. Und das hat im nachhinein Folgen für den importierten Deckrüden
des ersten Wurfes. Er wird entlastet und kann u.U. auf unter 100 geraten,
obwohl er selbst keine weitere Nachzucht hatte.
Der Anspruch
Zuchtwertschätzung erhebt nicht den Anspruch, die Wahrheit über die 'Gene' zu
dokumentieren. Die vorausgegangenen Ausführungen sollten dies zeigen. Aber sie
soll 'Signal' für die Züchtung sein und Hinweise geben, wo gute oder ungünstige
Gene sein könnten. Diese Signale braucht der Züchter dringend. Er muß seinen
Zwinger aus den besten Familien speisen und alle Hinweise auf Probleme, sei es
bei HD, Größe, Wesen, Leistungsfähigkeit usw. aufnehmen. Wenn der Zuchtverein
durch seine Zuchtwertschätzung aktuell die Hinweise anbietet, zumindest für
einige vordringlich anzugehenden Merkmale, wird sich die Rasse rasch in die
gewünschte Richtung entwickeln.
Erfahrungen
Seit 1989 gibt es in anderen Vereinen Zuchtwertschätzung mit konsequenten
Zuchtplänen, aber auch zur unverbindlichen Information. Über Erfolge und
Erfahrungen soll in einem nachfolgenden Beitrag berichtet werden.
Und noch ein Zitat zum reinen HD-Zuchtwert:
1. Wie berechnet sich der Zuchtwert HD für meinen Hund? Wie sieht die Formel
dafür aus?
Eine Formel gibt es in diesem Rechenverfahren nicht direkt. Der Zuchtwert jedes
Tieres wird zu Beginn der Berechnung als 'Unbekannte' angesehen. Dann wird für
jedes Tier eine Gleichung aufgestellt, in der Form:
HD = Rassenmittel + Zuchtwert dieses Tieres + Verfälschung des Geschlechtes +
sonstige Wirkungen.
In dieser Gleichung sind Rassemittel, Zuchtwert und Geschlechtseffekt als
'Ursache' für HD formuliert. Im SV werden so für 450.000 Tiere 450.000
Gleichungen aufgestellt mit den 450.000 unbekannten Zuchtwerten. Mathematisch
werden dann einige Zusatzbedingungen über Vererbungsgesetze und Erblichkeit
formuliert. Der Computer muß anschliessend die 450.000 Gleichungen mit den
450.000 Unbekannten lösen. Die Lösungen sind dann die geschätzten Zuchtwerte.
Eine Formel, in der für einen Hund separat der Zuchtwert berechnet wird, gibt
es somit nicht.
2. Welche Rolle spielt der eigene HD-Befund meines Hundes für seinen
HD-Zuchtwert?
Der eigene HD-Grad modifiziert das, was man über die Linie (Vater und Mutter)
schon wußte. Geschwister (gleicher Vater und gleiche Mutter) unterscheiden sich
durch einen evtl. unterschiedlichen HD-Grad. Wenn ein Tier Nachkommen hat,
tritt der eigene HD-Grad mehr und mehr in den Hintergrund. Bei 30 - 40
Nachkommen spielt er praktisch keine Rolle mehr.
3. Wie wird ein ausländisches 'a' für die Zuchtwertschätzung HD bewertet?
Ausländische Hunde mit 'a' werden im Rechenverfahren derzeit so gewertet, als
wären sie nicht geröntgt. Ihr Zuchtwert ergibt sich nur aus den untersuchten
Verwandten. Da die Tiere nicht eindeutig als 'frei' oder 'noch zugelassen'
einstufbar sind, wäre eine 'Annahme' im Einzelfall ungerecht.
4. Wieso kann ein Hund, der selbst nicht geröntgt wurde, einen Zuchtwert für HD
haben?
In dem Gleichungssystem (s.a. Antwort auf Frage 1) gibt es eine Nebenbedingung,
daß der Vater (und die Mutter) die Hälfte seiner Erbanlagen an die Nachkommen
weitergibt. Daher ist der Zuchtwert der Nachkommen auch schätzbar, wenn man
über das Tier nichts weiß (ungeröntgt), solange der Zuchtwert von Vater und
Mutter bekannt ist. Genauso ist auch ein Elterntier schätzbar, wenn man
Nachkommen kennt, denn Nachkommen haben die Hälfte der Erbanlagen von den
Eltern. Geschwister helfen einerseits die Eltern zu charakterisieren, das
Wissen über die Zuchtwerte der Eltern hilft andererseits, die Zuchtwerte der
ungeprüften Geschwister zu schätzen.
5. Wie genau kann die Zuchtwertberechnung für HD sein, wenn für mehr als die
Hälfte der Welpen pro Jahr gar kein HD-Befund vorliegt?
Bei der Zuchtwertschätzung kommt es nicht auf den Prozentsatz der Welpen an,
sondern auf die absolute Zahl. Der letzte Bundessieger hat derzeit 71 geröntgte
Nachkommen, die seine Vererbung gut charakterisieren.
Ach ja, versuch mal 'Bill von der alten Bäckerei', dann wirst Du genau das
sehen:
Billy hat nicht einen einzigen Nachkommen mit HD, (Dux ist sein Sohn), trozdem
haben viele Hunde aus seiner Linie einen hohen Zuchtwert.....
Und wenn es Dich dann noch so sehr interessiert, dann nimm auch mal 'vom
Rassestandard', 'von Karthago', 'vom Erlenkamp', 'von der bösen
Nachbarschaft'....DU wirst sehen, es gibt viele Werte über 100....
wobei sowohl Karthago als auch Nachbarschaft Leistung ist, Rassestandard ein
Zwischending und Erlenkamp mehr Schönheit....
Übrigens sind alle Geschwister von Dux absolut HD-frei, seine Geschwister sind
aber nicht aufgeführt, wie man an der SZ-Nummer unschwer erkennen kann.....Und
es sind nicht alle Hunde aufgeführt, die von der Düsselquelle sind....
Also, jetzt konkret: Geschwister von Dux: Dann, Darius, Diva, Dini
Mutter:Zita 106, Großmutter: Ossi 113
Urgroßmutter Edda nicht aufgeführt, alles Düsselquelle
Bei Interesse kann ich Dir gerne die Richtlinien zur Ermittlung des Zuchtwertes
zukommen lassen - Dir ist aber schon bekannt, daß ein Züchter einen Buchstaben
mehrfach verwendet, oder? Sonst hätte er ja nur 26 Würfe.....
Gruß, Gaby
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