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03.05.01 -- Gaby T.

RE: Stachelhalsband - eure Meinung














Hallo Majon,

lies bitte meine Meldung noch mal. Ich schrieb darin ja schon, das bei dem Rotti bereits alternative Methoden angewendet wurden.

Was ich nicht verstehe, ist, das Stachelhalsband immer mit Schmerz asoziiert wird. Warum? Alleine das Anlegen oder Tragen eines Stachlers bedeutet für den Hund keinen Schmerz.

In vielen Fällen habe ich die Erfahrung gemacht, das es für den Lernprozeß des Hundes wesentlich besser ist, mit Stachler zu arbeiten als mit Halti oder mit hunderten von Leinenrucken.

Du hast aber auch recht, das es andere Mittel gibt. Doch hier ist der Einzelfall entscheidend. Einen Hund, der aus Unsicherheit reagiert, kann ich nicht mit Stachler kommen. Was dieser Hund braucht, ist Leckerchen, viel Lob und Stimme, um freudig die Gelegenheit zu ergreifen, aus seiner Sackgasse herauszukommen.


Aber was willst Du einer alten Dame sagen, die ihren Boxer wegen eindeutiger Dominanzprobleme nicht unter Kontrolle hat? Ihr sagen, wie inkompetent sie ist oder ihr sagen, das der Hund sowieso zu groß für sie ist? Da magst Du recht haben, aber das hilft ihr bei ihren Problemen auch nicht.

Dieser erwähnte Boxer hat die Frau mit schöner Regelmäßigkeit gebissen, womit er auch durchkam. Als ich das erste Mal die Leine in die Hand nahm, biß er auch mich. Ich habe das ignoriert (was schwer ist, wenn die Hand dick wird und blutet) und den Hund einfach weiter an der Leine bei Fuß gehalten. Das ging auch ohne Stachler und der Boxer gab bald auf - bei mir, aber nicht bei der alten Dame. Da der gute auch schnell rausbekam, wann er einen Maulkorb anhatte und wann nicht, wurde zuletzt wie folgt gearbeitet: Stachelhalsband, lange Leine, zweite Leine hielt die Dame in der Hand. Wenn die beiden losgingen und der Boxer wollte wieder in die Hand beißen, kam ein Ruck an der Leine von mir (nein, ich hab den HUnd nicht von den Füßen gerissen, sondern etwa die Kraft aufgewendet, die man braucht, um eine Tasse zum Mund zu heben). Der Hund hörte irritiert auf und die alte Dame nutzte das, um den Hund zu loben und ein leckerchen zu geben, gleichzeitig weiterzulocken. Mit der Zeit wurden alle Hilfsmittel abgebaut, zuletzt der Stachler völlig abgemacht, nachdem der Boxer für einige Übungseinheiten die Leine am anderen Halsband hatte. Die Dame und der Hund kommen heute recht gut miteinander aus.

Und glaube mir, wir haben uns vorher viele Gedanken gemacht, wie wir das Problem am besten lösen. Aber hier war einfach der Fall, das die Fronten zu sehr verhärtet waren, das die Dame Angst vor dem Hund hatte.
Was hätte da sonst noch geholfen? Wir sind auf keine andere Lösung gekommen, zumal das Halti nichts nutzte, positive Bestärkung über Clicker nicht möglich war.

Natürlich ging es nicht, ohne der alten Dame vieles über hundegerechtes Verhalten zu erklären.

Der andere Fall ist das von mir beschriebene Fährten. Mein Hund trägt oft, nicht immer, dabei einen Stachler.

Warum? Mein Hund freut sich sehr über das Fährten - so sehr, das er hektisch wird, er will zum Ziel kommen, wird durch die Hektik ungenau, überläuft Winkel, er schnürte sich durch das Ziehen zu sehr die Luft ab usw.
Das Problem war also erkannt. Ein Geschirr hatte den Effekt, das ich tolle Waden bekam und der Hund noch Luft, aber er nahm dadurch die Nase höher, hatte Probleme, die Fährte zu finden.

Was nun? Anschnauzen, Halti? Ging nicht. Positiv bestärken? Womit? Das Ziel sollte sein, das der Hund weiter freudig fährtet. Er findet BEstätigung auf der Fährte (Leckerli), soll davon auch nicht abgelenkt werden.
Also Stachelhalsband an. Die Reaktion war, das der Hund irritiert langsam wurde. Also kam von mir viel Lob, alles andere, wie die Leckerli auf der Fährte, der Ball am Ende usw., blieb gleich, wurde noch verstärkt.
Innerhalb weniger Wochen hat mein Hund gelernt, das er, wenn er langsamer geht, jedes Leckerchen findet, sich nicht so anstrengen muß, um die Fährte wiederzufinden, da er, weil langsamer, jeden Winkel auf Anhieb fand, nicht wieder suchen mußte, wo es weiterging.
Ohne Stachler arbeitet er sogar ohne Leine auf der Fährte völlig konzentriert, wenn ich 10 Meter entfernt bin. Und er hat weiter viel Spaß dabei!

Das ist es, was ich meine. Die welt ist nicht nur schwarzweiß. Wir alle machen Fehler, einige von uns haben vielleicht Hunde, die sie gar nicht haben dürften, wenn Du es ganz streng nimmst.

Was glaubst Du, warum Erziehungshilfen wie das Anti-Zieh-Geschirr, das Halti, Discs, Clicker, Schleppleine und was es alles gibt, so boomen? Weil unsere Möglichkeiten der Kommunikation mit unseren Hunden nunmal sehr beschränkt sind und wir Hilfsmittel sinnvoll einsetzen können.

Auch das Halti oder die Schleppleine arbeitet über Meideverhalten - nur ist das für den Otto-Normalhundehalter nicht so ersichtlich wie beim Stachler.

Mir geht es nicht darum, den Stachler als maß aller Dinge zu sehen. ich glaube, das wird auch ein wenig falsch verstanden. Was ich zum Ausdruck bringen will, ist ganz einfach, das es sehr wohl Gründe und auch Möglichkeiten gibt, den Stachler im Individualfall als sinnvolles Hilfsmittel einzusetzen, ohne den Hund dabei zu quälen und das es durchaus Menschen gibt, die dazu in der Lage sind.
Wer für sich sagt, das ist für ihn absolut abzulehnen, ist das in Ordnung. Aber man sollte doch akzeptieren, das es Menschen gibt, die anderer Meinung sind und trotzdem weder unfähig sind, Hunde anders zu erziehen noch Tierquäler sind.

Sandra schrieb vorher so schön, das sie beim Wort Stachelhalsband meist ziehende oder ängstlich geduckte Hunde vor Augen hat.

Aber das ist der Regelfall in einer Art der Anwendung, die ich genauso verurteile wie Du oder Sandra auch, nämlich dem hirnlosem Einsatz ohne Nachdenken, was man erreichen will/muß/kann und welche Möglichkeiten es sonst gibt!

Und damit wir uns richtig verstehen: Ich bin ebenfalls der Meinung, das bei einer Erziehung für den Hausgebrauch im Normalfall sämtliche Hilfsmittel überflüssig sind, wenn man den Hund von kleinauf schon konsequent in die Richung dirigiert, die er später einschlagen soll.


Grüße, Gaby
Thema: Stachelhalsband - eure Meinung


 
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