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09.02.01 -- Claudia Seidel

RE: Bild von meinem allerbesten Freund














Hi Andrea,
vergiß dein schlechtes Gewissen ganz schnell. Vielleicht hast du dem armen Tier mit deiner Entscheidung sogar noch einiges an Leid erspart, wer weiß was noch gekommen wäre...
Wir haben auch einmal so eine Entscheidung treffen müssen. Quatsch, ich habe es tun müssen, mein Mann war zu feige. Wir hatten damals einen Mittelschnauzer-Mix-Rüden, angebl. 3 Jahre alt, 7 Vorbesitzer, genommen. Angeblich haben sich Herrchen+Frauchen getrennt und keiner konnte den Toni behalten, und Kinder liebt er ganz besonders. Da konnte ich nicht nein sagen, und er war auch ein witziges Kerlchen. Als erstes ist er ohne Vorwarnung nach ein paar Tagen absolut unauffälliger Eingewöhnug meiner Tochter ins Gesicht gesprungen und hat ihr in die Stirn gebissen (nicht geschnappt). Naja, haben wir gedacht, wer weiß was das Kind gemacht hat, und haben beide angeranzt. Kurze Zeit später hat er meinem schlafenden Sohn so ins Gesicht gebissen, dass er am Unterlied nicht eine Wimper mehr hatte.
Söhnchen hat definitiv nichts anderes getan ausser in seinem Bett zu schlafen. Dann ging es rasant bergab: Zack und Leine durchgebissen, des Bauern Hühner, dessen Kuh die Ferse aufgerissen, Farbige massiv bedroht, alte Leute gejagt...
Innerhalb kürzester Zeit eine Menge Schaden angerichtet. Keinerlei Bemühung in Sachen Erziehung kam bei ihm an.
Irgendwann kamen wir zu dem Entschluß dass er weg muß, bevor noch Schlimmeres passiert (es waren inzwischen 7 Monate vergangen). Nur wohin mit so einem Hund? Alte Leute ohne Kinder? Die hasste er. Familie? Niemals. Auf's Land? Auch nicht. Tierheim? Unmöglich, wenn die seine Macken wahrheitsgemäß angegeben hätten, wer sollte ihn als 8. Besitzer denn haben wollen? Blieb nur der Weg zum Tierarzt, der übrigens gleich bei unserem 2.Besuch am Anfang schon sagte, diesem Hund ist mit normalen Mitteln nicht zu
helfen. Also bin ich da mit ihm hingegangen, es war das einzige Mal, wo er richtig lieb, anhänglich und folgsam war,
so dass ich mir noch schlechter vorkam. Er starb in meinem Arm, und ich bin überzeugt, dass ich ihn mit meinem Entschluß vor weiterem Kummer bewahrt habe. Und ich habe ihn
wegen seines Verhaltens bei diesem letzten Gang als lieben Kerl in Erinnerung, und nicht als den Hund der meine Kinder sowie alles was sich bewegt zerlegen wollte. Bis dahin hätte ich niemandem geglaubt, der sagte, er habe einen kleinen Hund der ein hoffnungsloser Fall ist. Bis dahin dachte ich, so einen handlichen Hund kriegt man immer irgendwie in den Griff. Fehlanzeige, Toni hat mich eines Besseren belehrt.
Seitdem glaube ich, dass es tatsächlich (wenn auch selten) Hunde gibt, die seelisch so leiden, dass man ihnen nicht helfen kann.
Obwohl die Zeit mit ihm überwiegend schwierig war, werden wir ihn nicht vergessen, schließlich hat er an jedem von uns mindestens eine Bißnarbe als Erinnerung hinterlassen...
Ich habe aber jetzt schon Angst davor, irgendwann einmal mit meinen jetzigen Hunden den Gang antreten zu müssen, dass ich dann dazu zu feige sein könnte. Mir ist schon klar, dass ich ihnen das schuldig bin, aber ich hoffe dass sie einfach so einschlafen wenn es soweit ist, ich glaube ich könnte so einen Abschied nicht noch einmal ertragen. Aber das überlegt man sich ja leider nicht, wenn man sich einen Hund anschafft.
Gruß, Claudia

Thema: Bild von meinem allerbesten Freund


 
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