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30.08.97 -- Joerg_Heitmann

Noch 'ne Meinung














Nachdem ich hier soviele unterschiedliche Meinungen zum Thema Hundeerziehung und -ausbildung gelesen habe, möchte ich jetzt auch noch meinen Teil dazugeben.

Wir haben zur Zeit drei Beagles: Colleen (9 Jahre), Amy (3 Jahre) und Sonata (1 Jahr alt). Colleen wurde noch von meinem Vater mit "konventionellen" Methoden erzogen und ausgebildet, d.h. mit Druck, ständigem Korrigieren und schließlich und endlich mit dem berühmten Klaps hier und da. Das Ergebnis war mehr als mager, ein nur mäßig gehorchender und teilweise ängstlicher Hund.

Amy ließ sich gar nicht ausbilden, sie war aufgrund multipler Allergien und den Medikamenten nicht in der Lage auch noch den Streß einer Ausbildung zu bewältigen.

Durch meine Kontakte in die USA erfuhr ich von neuen Ausbildungsmethoden, die auf positiver Verstärkung mittels Konditionierung beruhen. Eine der herausragensten Methoden ist die des "Clicker-Trainings". (Eine deutsche Einführung in das Clicker Training gibt es auf meiner Website: http://www.geocities.com/Heartland/Meadows/9446 ) Da mir die Methode interessant erschien, probierte ich sie vor ca. 6 Monaten mit Amy aus. Das Ergebnis war und ist überwältigend. Sie lernte in atemberaubender Geschwindigkeit von den Grundbegriffen, wie "Sitz", "Down" usw. ausgehend, die verschiedenen Hindernisse des Agilitypacours, sei es nun der Sprung oder der Slalom oder was auch immer. Das Beste an der Sache ist aber der unglaubliche Spaß, den sie an der Arbeit entwickelte, die Freude und den Stolz, den man ihr ansehen kann, und schließlich und endlich das Vertrauen, das sie mir entgegen bringt.

Ich stellte auch die Ausbildung von Colleen vollständig um und heute habe ich einen selbstbewußten, freudigen, lernbegierigen, leistungsbereiten Hund, der nur mit Mühe in seinem Tatendrang zu bremsen ist.

Mit Sonata habe ich gleich mit positiver Verstärkung begonnen, sie hat ihre "Grundausbildung" fast abgeschlossen, ist im Ring bei Austellungen einigermaßen perfekt und beherrscht die meisten Hindernisse auf dem Agilitypacours, noch nicht perfekt, aber nach 6 Wochen kann man noch nicht allzuviel erwarten. Sonata hat noch *nie* Schläge bekommen (auch nicht den schon angesprochenen Klaps), es ist gar nicht nötig, ein deutliches "Aus" oder "Nein" reicht vollkommen.

Ich könnte mir nie vorstellen eine Ausbildungsmethode zu wählen, deren fundamentalste Grundlage die Angst ist. Für mich kann eine zuverlässige und für beide Seiten zufriedenstellende Ausbildung nur auf der Basis eines möglichst vollkommenen Vertrauens zwischen Hund und Ausbilder stattfinden. Bei jedem Schlag, bei jedem Tritt wird diese Basis erschüttert, und wenn man Pech hat, unwiderruflich zerstört. Desweiteren produziert jede Aggression gegenüber dem Hund weitere Aggressionen im Hund, kommt es dann irgendwann mal zu einem Ausbruch, kann man die Folgen meist in der Zeitung nachlesen. (Natürlich ist dann der Hund, der die Folgen zutragen hat. Der Hund wird abgeben oder sogar eingeschläfert, weil er ja so gefährlich ist.)

Natürlich ist eine gewaltige Umstellung im Kopf des Ausbilders nötig, wenn er sich mit neuen Ausbildungsmethoden beschäftigt. Es fällt schwer sich immer wieder klarzumachen, daß es eben *nicht* die Schuld des Hundes ist, wenn er ein Kommando nicht beherrscht bzw. versteht, sondern daß es immer am Ausbilder liegt. Vielleicht ist man zu schnell gewesen oder wollte zuviel oder der Hund ist noch nicht soweit oder man hat es dem Hund einfach nicht klarmachen können.

Man muß seine Frustrationen und Aggressionen im Griff haben und sich ständig selbst hinterfragen. Das ist nicht immer leicht, und manchmal ist es auch besser eine Übungseinheit vorzeitig abzubrechen. Das Ergebnis ist es aber wert und nebenbei lernt man auch noch eine Menge über sich selbst und die Mechanismen beim Lernen und nicht zuletzt macht das Ganze unheimlich viel Spaß, sowohl dem Hund wie auch dem Menschen.

Nicht ohne Grund stellen in den USA und im englischsprachigen Europa immer mehr professionelle Tiertrainer und Ausbilder ihre Methoden um, selbst bei der dortigen Ausbildung von Polizeihunden wird inzwischen das Clicker Training eingesetzt, weil es schnellere, bessere und zuverlässigere Ergebnisse bringt als konventionelles Training.

Noch eine Anmerkung zum Thema: "Jeder Hund ist anders." Das ist glücklicherweise richtig, die grundlegenden Mechanismen und Gesetzmäßigkeiten des Lernens sind aber immer die gleichen, egal bei welchem Hund (oder Menschen).

'Tschuldigung, daß es so lang geworden ist.

Tschüs,

Jörg

mailto://oldcopperbeech@geocities.com http://www.geocities.com/Heartland/Meadows/9446
Thema: "Moderne" Ausbildung


 
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