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16.12.00 -- Alice

RE: Zum Thema "Dominanzverhalten"














Hallo Volker,

+#8222;In der Sache möchte ich nur anmerken, daß ich aus allen Richtungen von Hundeaktiven, mit denen ich direkt zu tun hatte, übereinstimmend die Meinung übermittelt
bekam, daß man unerwünschte, problematische Entwicklungen (kurzzeitig, oder über längere Sicht ist dabei egal) im Verhältnis zwischen Hund und Mensch sehr
wirkungsvoll durch die Demonstation von körperlicher Überlegenheit unterbrechen kann.

Nur hier im Forum wird suggeriert, vielleicht aber nicht wirklich gemeint - keine Ahnung! -, daß man allein mit seiner mentalen Kraft und Konsequenz einen
Hund ausreichend und zu seinem Wohl steuern und beeinflussen kann.+#8220;

Man kann es schon so ausdrücken, daß man den Hund durch mentale Kraft beeinflusst oder steuert. Das funktioniert, da der Mensch in der Verhaltenslehre Lernabläufe bei Lebewesen erforscht hat und in der Lage ist den Hund nach diesen Prinzipien zu beeinflussen.
Grundsätzlich gibt es 2 Arten erwünschtes Verhalten zu fördern, bzw. unerwünschtes Verhalten zu unterbrechen. Entweder man wirkt auf den Hund mit aversiven Reizen ein, was ein Meideverhalten auslöst oder man fördert ein erwünschtes Verhalten, um es zu belohnen. Das ist die Methode der positiven Bestärkung. Bei beiden Methoden ist der Hund motiviert das erwünschte Verhalten zu zeigen. Es ist jedoch entscheidend, ob er motiviert ist zu meiden, um der Strafe zu entgehen oder ob er sich durch sein Verhalten eine Belohnung erhofft. Nach Angermeiers Lerntheorie lernt egal welches Lebewesen, durch positive Motivation effektiver als durch Zwang oder Strafe. Seit dem der Mensch begann mit dem Hund zu arbeiten, war es ihm möglich durch Strafen und Zwänge erwünschte Verhaltensweisen zu formen. Wie sieht es aber mit Tieren aus, die man nicht direkt bestrafen kann, die jedoch hoch intelligent und lernfähig sind z. B. Delfine. Man kann sie nicht mit einem Leinenruck bestrafen, es ist jedoch möglich komplexe Abläufe und präzise Verhaltensmuster mit ihnen einzuüben. In ihrem Buch +#8222;Positiv bestärken +#8211; sanft erziehen+#8220; beschreibt Karen Pryor das Prinzip der positiven Bestärkung. Ich kann es jedem sehr empfehlen. Es ist nicht nur für die Arbeit mit Tieren ein sehr guter wegweiser.
Die Methode des positiven Bestärkens stieß in der +#8222;alten+#8220;, aber leider noch ncht der Vergangenheit angehörenden Hundeszene auf ablehnung und Spott. Das ist jedoch nicht ungewöhnlich, da es Galileo auch nicht anders erging. Besonders im Schutzsport hält sich bis heute hartnäckig die Meinung daß alles mit Zwang abgesichert werden muß, sonst wird das erwünschte Verhalten nicht zuverlässig gezeigt. Mit Zwang absichern heißt, daß der Hund etwas nicht tut, meidet, um der Strafe zu entgehen. Da der Hund jedoch ein sehr intellgentes Lebewesen ist, versucht er immer wieder, ob es nicht möglich ist einem Zwang zu entkommen. Das tut er häufig weniger um Dominanz zu zeigen, als deshalb, weil der Reiz der sein Verhalten auslöst sehr stark ist, stärker als die Angst vor der Strafe, die auch unweigerlich an Bedeutung für den Hund verliert. Ich habe Hunde gesehen, die wegen der Anwendung des Stachelhalsbandes Hornhaut am Hals hatten und wo immer intensiveres bestrafen notwendig war. Unerwünschtes Verhalten zu korrigieren ist gar nicht so einfach, da der Mensch entweder nicht schnell oder nicht konsequent genug ist um immer optimal einzuwirken.
Um endlich mal konkret zu werden, wähle ich ein Beispiel, das für einen körperbehinderten Hundebesitzer von großer Bedeutung ist. Der Hund zieht an der Leine. Man kann es durch Leinenrucken, einen aversivreiz vorübergehend unterbinden. Bewusst betone ich vorübergehend, da ich und viele andere die Erfahrung gemacht haben, daß es nicht zu dauerhaftem Erfolg führt. Man kann den Hund jedoch auch ohne jede körperliche Gewalt, um die es ja hier hauptsächlich geht, dazu bringen, daß er nicht mehr zieht. Der Hund zieht, da er sehr stark motiviert ist irgendwohin z. B. zum Auslaufgebiet zu gelangen. Man muß dem Hund zeigen, daß er mit seinem gezeigten Verhalten nicht zum Erfolg kommt, daß hingegen, wenn er das erwünschte Verhalten zeigt, dieses sofort belohnt wird. Spricht beim geringsten Ziehen bleibt man stehen, lässt den Hund einmal um den Hundeführer herumgehen und fängt wieder von vorne an. Es dauert bedeutend länger bis der Hund begriffen hat worum es eigentlich geht, als wenn man mit der Leine ruckt, aber der Lernprozeß ist wesentlich nachhaltiger, da der Hund aus eigenem Antrieb und nicht aus körperlichem Zwang ein Verhaltensablauf nachvollzogen und ausgeführt hat. Die Motivation für den Hund nicht zu ziehen, besteht darin, daß er begreift, daß man durch ziehen nicht weiter kommt, ohne dagegen erreicht man das Auslaufgebiet, wenn auch etwas langsamer. Man kann den Hund auch zusätzlich durch Futter motivieren. Der Leinenruck bewirkt nur ein Meideverhalten und wenn der Reiz zum Auslauf gebiet zu kommen, stärker ist als die angst vor der Strafe wird der Hund nach kürzester Zeit wieder anfangen zu ziehen.
Die Vorgehensweise unerwünschtes Verhalten zu ignorieren und erwünschtes zu belohnen macht es möglich auch weniger intelligenten Tieren wie Vögeln, etwas beizubringen.

Bei dem von dir erwehnten Briard-Rüden war das Problem die Zeit. Bei Hunden, die nicht vom Welpenalter an mit dieser Methode erzogen werden, dauern die Lernprozesse länger als bei Tieren bei denen schon immer so gearbeitet worden ist. Es ist auch leichter mit einem Hund der ausgesprochen sensibel und kooperativ ist, in dieser Weise zu arbeiten, als mit einem +#8222;Brocken+#8220; :-)), der der nicht so aufmerksam und sofort arbeitswillig ist, aber gerade mit schwierigen Hunden erzielt man mit der positiven Methode wesentlich bessere und nachhaltigere Erfolge. Ein ängstlicher Hund wird sich schnell unterordnen und wird Strafe meiden, ohne daß sie immer wieder ausgeübt werden muß, ein sehr selbstsicherer Hund hingegen wird immer wieder, besonders wenn er einmal erfolg hatte, versuchen den Zwängen zu entkommen. Er ist jedoch gleichermaßen wie ein sensibler Hund motiviert etwas für eine Belohnung zu tun. Unerwünschtes Verhalten hat immer eine Ursache und auch bei Krankheiten ist es wirksamer nach Ursachen zu suchen als die Symptome zu unterdrücken.

Wenn du Lust hast kannst du unter www.clicker.de nachlesen, wie es einem schwer körperbehinderten Mann mit Cklickertraining gelang seinen Beagle, sehr bewegungs und Zugfreudige Rasse, so zu trainieren, daß er ohne Probleme mit ihm zu recht kommt. In verschiedenen Arbeitsfeldern arbeiten Menschen ohne jeden körperlichen Kontakt mit dem Hund z. B. Agility, Obedience oder Hütearbeit. Wenn es nicht möglich ist auf den Hund körperlich einzuwirken, muß man sicherstellen, daß er ein erwünschtes Verhalten zuverlässig zeigt.
Behindertenbegleithunde müssen so ausgebildet werden, daß der neue Hundebesitzer nicht immer wieder durch Zwänge das unerwünschte Verhalten durch physische Einwirkungen unterdrücken muß. Sie werden ausschließlich mit der methode der positiven Bestärkung ausgebildet. Ein Blindenführhund, der gelernt hat Autos zu meiden, ist nicht besonders verkehrssicher und man kann nie genau einschätzen, ob er sich im Stress wie erwünscht verhält. Ein Hund der positiv bestärkt wurde Autos zu umgehen oder ihnen auszuweichen, wird es auch in einer stresssituation zuverlässig ausführen, da er selbstsicher ist und weiß, daß sein verhalten belohnt wird.

Liebe Grüße
Alice

Thema: Zum Thema "Dominanzverhalten"


 
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