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15.12.00 -- Andrea Höger

Aggression, ein überflüssiger Trieb?














Polizeihauptmeister Uwe Junker, tätig als zentralter Einkäufer für Diensthunde der Polizei des Landes Niedersachsen und setzt sich beruflich und privat mit dem Thema "Gebrauchshund" auseinander. Hier sein Statement.

Es ist zu beobachten, dass die Gewaltbereitschaft von Tätern auch vor dem Diensthund nicht Halt macht. So sind in jüngster Zeit Fälle bekannt geworden, bei denen Diensthunde von flüchenden Straftätern lebensgefährlich attakiert oder getötet wurden. Vorkommnisse wie diese geben Anlaß, eine provozierende Frage zu stellen: Wie eigentlich wird der Gebrauchshund heute definiert? Was darf der Mensch vom Hund erwarten und umgekehrt der Hund vom Menschen?
Viele Gründe sprechen dafür, bei der Auswahl von Zuchthunden im Gebrauchshundebereich vemehrt Wert auf wesensmäßige Qualitäten zu legen. Der Begriff "Gebraushund" findet in etlichen Rassestandards Erwähnung. Mangels konkreter Definition besteht Klärungsbedarf, welche Eigenschaften einen Gebrauchshund eigentlich ausmachen. Robustheit, Belastbarkeit, Gesundheit, Härte, Umweltsicherheit und Instinktsicherheit gehören hierzu, womit naturgegebenermaßen aber ebenso eine gesunde Aggressionsbereitschaft gekoppelt ist. Für einen Diensthundeführer, also in Bereichen wie dem Polizeidienst, kann es lebenswichtig sein, einen Hund an der Seite zu wissen, der ein ausgeprägtes Maß an Überblick und Selbstständigkeit besitzt und der vor allem Unerschrockenheit und die Entschlossenheit zeigt, dieses im entscheidenden Moment einzusetzen.

Hundesportler im Zwielicht

Zur Diskussion steht jedoch zunehmend, ob der Umgang mit entsprechend augerüstenten Hunden auch im privaten Bereich, beispielsweise im Hundesport, zu rechtfertigen ist. Etliche polemisch verfaßte Medienberichte über bellende, beißende un d reißende Hunde lassen den Hunds als gesellschaftlichen Störfaktor schlechthin erscheinen und diskreditiert Hundehalter größerer oder wehrbereiter Hunde im allgemeinen. Entspricht das aber der Realität, und wird eine solche vereinfachte Darstellung der Komplexität des Themas gerecht? Bedauerlicherweise wird hier nur allzu oft vergessen, das Hunderassen gezüchtet wurden, um dem Menschen in unterschiedlichen Bereichen dienlich zu sein. Zu den gezielten Aufgaben hat neben der Jagd bereits seit Jahrtausenden auch das Bewachen gehört. Werden insbesondere Halter großer Hunde gefragt, warum sie einen kompakten Hund an der Leine führen, wird häufig unter anderem auch die Schutzfunktion des Hundes herausgestellt. Sowohl eine Gruppe der Hundehalter fürchtet um ihre Unversehrtheit, wie auch diejenigen, die sich durch Hundeattacken bedroht fühlen. Dies führt zu einer Angst geprägten Interessenskollision, was in die Richtung einer gesellschaftlichen Probelmatik weist, für die schlichtweg der als Hund der Aufhänger dient.
Verantwortungsbewußte Hundesportler beispielsweise lassen bei der Arbeit mit dem Hund wissenschaftliche Erkenntnisse nicht außer acht, um die Hundehaltung artgerecht zu gestalten. Für sie ist es selbstveständlich, sich über die Bedeutung der Aggression zu informieren und zwischen fehlgeleiteter und lebenserhaltender Aggression zu differenzieren. Die These: "Aggression stiftet Frieden" und die Mechanismen der Aggression lassen sich leicht verdeutlichen von dem Hintergrund einer stabilen Rangordnung in einem individualisierten Tierverband. Aggression dient erkennbar dazu, die eigene Position zu sicher und ein Funkionieren der Stabilität einer Gruppe zu gewährleisten. In der Folge verhindern festgelegte Dominanzbeziehungen ein stets neuerliches Austesten der Kräfteverhältnisse bei Konflikten. Damit ist Aggresssion neben seiner exesteniellen Bedeutung für das Individuum ein arterhaltender Faktor, der beispielsweise bis in unsere Zeit für den lebensnotwendigen Rudelzusammenhalt bei Wölfen verantwortlich ist. Keinerlei Zweifel besteht heute noch daran, dass der Hund vom Wolf abstammt. Würde vesucht, dem Hund die Aggression abzuzüchten, wäre damit das Wesen des Hundes eindeutig zerstört, die Vernichtung seiner Art vorprogrammiert. Die Aggression beim Hund gehört übrigens auch, wie beim Menschen, zum natürlichen Triebpotenzial dazu. Eine übersteigerte Ängstlichkeit und Unsicherheit kann bei einigen Gebrauchshundezuchten, die statt Leistungsfähigkeit auf Schönheitsmerkmale setzen, zunehmend festgestellt werden. Mit Verdrängungsmechansismen seitens der Verantwortlichen, beispielsweise der Hundehalter und Züchter, also ist nichts gewonne, es sei denn, man schaffte den Hund in seiner ureigenen Art ab.
Damit allerdings würde man den vielen verantwortungsbewußten Hundefreunden, die bemüht sind, degenerative Entwicklungen, wie es fehlgeleitete Aggressionen zweifellos sind, den Spaß an ihrem Hobby nehmen, welches sie für wichtig erachten und das ihnen und ihren Hunden erkennbar ein Stück Lebensqualität verschafft.
Zum einen also ist damit in der Gesamtbetrachtung auch Toleranz gegnüber Andersdenkenden gefragt, zum anderen ist zu berücksichtigen, dass die Menschen, die Hunde für niedrige Zwecke mißbrauchen, nach wie vor einer Minderheit angehören. Die kontrollierte Beobachtung negativer Tendenzen duch - es sei nochmals betont - verantwortungsbewußte Hundesportler hingegen, die sich bewußt und sachverständig ihrer Aufgabe widmen, ermöglicht die Kontrolle und eine Chance, wesensmäßig fehlerhafte Hunde von der weiteren Zucht auszuschließen und unangemessene Wesenszüge damit zu reduzieren. Selbstverständlich erfordern solche erfolgversprechende Ansätze einen gewissen zeitlichen Spielraum.

Wissensvermittlung als Chance

Desweiteren erscheint auch zusätzliche Aufklärung und Information in Sachen Verhalten und Eigenschaften von Hunden zwingend notwendig, um beispielsweise Unfälle, die durch Unwissenheit im Umgang mit Hunden hervorgerufen werden, zu verhindern.
Nicht zu vergessen ist, dass die Gebrauchshundezucht von privater Seite trotz teilweise eingener Züchtungen auf dem Diensthundesektor die genetische Grundlage bilden für kommende Diensthundegenerationen, was dann wiederum der Allgemeinheit zugute kommt.
Durch die moderne Art, den Hund als Partner im Sinne von gleichberechtigten Menschen zu sehen, entsteht zudem der Eindruck einer Verweichlichung der Hunde auf psychischer Ebene. Grund des Übels in Sachen "genetische Verklärung", Mißverständnisse, fehlgeleitete Aggression und Degression rund um den Hund ist einzig allein der Mensch, der oftmals selbst nicht in der Lage ist zu differenzieren, dieses aber nur zu gern vom Hund erwartet. Immer mehr Gruppierungen innerhalb der Hundesportvereine nehmen die negativen Tendenzen in der Gebrauchshundezucht und die zunehmende Verunsicherung verschiedener Personengruppen daher sehr ernst. Hier wird allerdings auch auf die Unterstützung durch die Verbände gehofft.
Ein Verbot der Gebrauchshundezucht in Verbindung mit Strafen jedenfalls kann nicht nur ein falscher Ansatz sein, sonder der führt auch zur Kriminalisierung breiter Bevölkerunsschichten, die ihre Freizeit ihrem Hobby Hund widmen und diese kostruktiv nutzen möchten.
  15.12.00Aggression, ein überflüssiger Trieb?   Andrea Höger  
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  15.12.00RE: 2 Mary + Monty  
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  19.12.00RE: 5 Mary + Monty  
  20.12.00RE: 6 Andrea Höger  
  15.12.00RE: 7 Volker B.  


 
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