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Hallo!
Also mein erster eigener Hund war von einem Züchter. Als wir ihn holten war er 13 Monate alt und hat sich vor zu ziemlich allem Unbekannten gefürchtet, denn er hat vermutlich die ganze Zeit mit seinen Brüdern im Zwinger gesessen. Insbesondere Männer mit Stock waren ihm ein Graus. (Vermute, dass er von dem Züchter geschlagen wurde.)
Glücklicherweise war er kein Angstbeisser und hatte ein recht ausgeglichenes Naturell. Bei uns zu Hause hat er sich sehr sicher gefühlt und war Besuch gegenüber immer aufgeschlossen. Draussen hat er sich bis zu seinem Tod noch nicht mal von Bekannten anfassen lassen, wenn ich nicht in seiner Nähe war.
Kurz nach seiner Ankunft habe ich ihm das herankommen, sowie Sitz und Platz beigebracht. Ca. 2 Monate später sind wir (meine Mutter und Bruder) in Urlaub gefahren und ich habe ihm in 3 Wochen eine komplette Unterordnung für die Begleithundeprüfung beigebracht. Wir hatten nämlich mit seiner Ausbildung als Rettungshund begonnen.
Während dieser Ausbildung (wir waren fast immer auf dem gleichen Gelände, fast alle Leute hatten Uniformen an) hat sich sein Selbstbewusstsein gesteigert. Er fand Gerätearbeit klasse und auch die Sucharbeit war für ihn spannend. Die Unterordnung in der Gruppe besserte sich von Monat zu Monat.
Später suchte er sauber, auch mit fremden Menschen im Gelände mit Geräuschbelästigung und auch Rauch. Wenn er arbeitete war er ein ganz normaler Hund.
Vom Platz runter veränderte sich sein Verhalten, aber durch diese aufbauende Arbeit wurden seine Reaktionen immer entspannter und normaler.
Vielleicht solltest Du mit Lucifer auch eine Ausbildung machen evtl. Agility. Dieses gibt ihm Halt und sein Selbstbewusstsein wird gefördert. Weil er sich in einer entspannten Atmosphäre selber überwinden muss (ohne Zwang. Denn Dein Lob für eine vollbrachte Übung (auch wenn sie ganz klein ist)ist, macht ihn ganz verrückt darauf Dir zu gefallen und Dir auch andere Wünsche zu erfüllen. Die Bindung zwischen Lucifer und Dir wird dadurch positiv verstärkt. (Axo ist vor lauter Freude, wenn ich die Uniform angezog, wie ein Gummiball durch die Wohnung gehüpft und hat schier "unmögliche" Leistungen erbracht.)
Axo war nach ca. 2 Jahren soweit, dass er die Sucharbeit auch in fremdem Gelände mit fremden Menschen ausführte. Denn ich, die Uniform und die immer gleichen Autos waren für ihn die Gewährleistung, dass es gleich wieder was tolles für ihn gibt. Solche Hunde brauchen feste "Rituale" an denen sie sich orientieren können.
Mut machen möchte ich Dir, dass Du Lucifer mit zum Studium nimmst.
Axo und ich sind nach ca. 2 Jahren zu meiner Oma gezogen, die er schon kannte. Ihr gegenüber hat er sich unmöglich benommen und auch nach ihr geschnappt, wenn sie ihn geschimpft hat. Ansonsten war das Verhältnis zwischen den beiden freundlich. Dort musste er auch mal für einige Zeit alleine bleiben genauso wie vorher als wir noch bei meiner Mutter wohnten. Er hat dort nach kurzer Eingewöhnungszeit nicht mehr geweint oder gebellt, wenn er alleine blieb.
Nach weiteren 2 Jahren sind Axo und ich dann in eine eigene Wohnung gezogen. Tagsüber habe ich ihn zu meiner Oma gebracht, weil ich arbeiten musste. Wenn sie ihn dann nicht zum einkaufen mitnahm hat er Rabatz gemacht. Bei mir in der Wohnung aber nicht! Ihm war wohl wichtig, dass es immer intensiv nach Frauchen roch. Denn bei mir hat er sich immer sicher gefühlt und wusste, dass ich garantiert immer wieder komme. Vielleicht fühlt sich Lucifer bei Dir in der Wohnung auch sicher, selbst wenn er mal auf Dich wartet. Weil er weiss, dass Du schneller wieder für ihn da bist, als wenn er ein paar Tage auf Dich bei Deinen Eltern wartet.
Bei dem seltsamen Verhalten an der Leine vermute!!!! ich keine Agression, sondern Angst. Denn solche Hunde verhalten sich unangeleint normaler. Ohne Leine haben sie die Möglichkeit sich selber auszusuchen, wie nah sie sich an das "Grauen" herantrauen. Die Leine unterstützt die Angst eher, weil sie wissen, dass ihr Fluchtweg sehr beengt ist.
Ich würde Lucifer zu gutem Gehorsam erziehen und ihn dann möglichst frei laufen lassen. Axo war angeleint in der Fussgängerzone ein Häufchen Elend und auch angebunden vor Geschäften. Ich habe ihn meistens ohne Leine und Halsband mitgenommen und er ist in der Stadt bei Fuss gegangen und unangeleint vorm Geschäft abgelegt worden. Er hatte wohl unangeleint immer die Gewissheit, dass es seine Entscheidung ist sich dem "Grauen" zu entziehen und hat die Kommandos ordenlich ausgeführt. Seine Panikattacken haben sich bis auf ein Minimum reduziert. Wenn er sich dem Kommando in Angst entzog, blieb er auch in Entfernung "führbar", sobald die Angstquelle in für ihn ausreichender Entfernung war. Auch die Entfernung reduzierte sich später auf ca. 50 cm Abstand von anfangs ca. 20 Metern. (Die blöden LHVs machen es Dir leider nicht so einfach, wie ich es noch hatte. Aber lass Dich davon und von anderen Problemen nicht entmutigen!!!!! Zum Glück wohnst Du ja ländlich, so dass Du auch einiges meiden kannst.)
Die Arbeit und die Nerven haben sich gelohnt und ich hatte in ihm einen wunderbaren Kumpel, der mit mir durch dick und dünn gegangen ist. Die "Macken" bessern sich und man nimmt sie immer gelassener. So eine enge Bindung wie zu ihm, habe ich bei meinen anschliessenden Hunden nicht mehr gehabt. Obwohl ich sie alle liebe. Das überwinden von seinen Ängsten hat uns wohl zusammengeschweisst.
Wünsche Dir ganz viel Erfolg mit Lucifer! Axo (von "Wolke 7") und meine beiden jetztigen Rüpel (wobei einer wieder ein "Axo" mit 10 Wochen ist; vielleicht erlebe ich meinen "Axo" jetzt als seelisch gesunden Hund wieder, es gibt evtl. doch Wiedergeburt)drücken Euch ganz feste die Pfoten!!!!!!!!
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