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25.09.96 -- Gudrun_Beck

Hart durchgreifen ?














Hallo Marc,

mir scheint, Du hast ein ernsthaftes Problem. Da Du es Dir gefallen läßt, seit 3 Jahren gelegentlich angeknurrt zu werden, hast Du selbst Deinem Hund gesagt, daß er der Chef ist. Immerhin ist es in Wolfsrudeln absolute Chefsache. Wer das Knurren (=den Willen) des Alpha-Tieres in Frage stellt, riskiert eine Rauferei um die Rangordnung, die möglicherweise von einem der beiden Beteiligten nicht überlebt wird. Das größte Problem ist die Gewohnheit ! So, wie ich Dich einschätze, hast Du Deinem Hund noch nie weh getan. Du machst eher einen Rückzieher und hast vielleicht sogar ein wenig Angst, wenn er Dich anknurrt. Man muß Euch lassen, daß Ihr so schon 3 Jahre Koexistenz hinbekommen habt. Wenn Du jetzt die Rangordnung umwerfen willst, geht das sicher nicht gewaltfrei. Die Frage ist sogar, ob es bei dem 8-jährigen überhaupt noch geht. Möglicherweise riskierst Du, daß er hinterhältig und gefährlich wird.

Ich hatte einen tierlieben Bekannten, der sich einen mehrjährigen Neufundländer aus dem Tierheim holte. Nach wenigen Wochen ging ihm dieser Hund auf einem Spaziergang - weit und breit kein Mensch in Sicht - an die Kehle. Er meinte, kräftig genug zu sein, um seinen Herrn unterordnen oder loswerden zu können. Dieser ist ein kräftiger Kerl, er konnte sich den Hund am Halsband buchstäblich vom Hals halten. Er meinte, der Hund habe sich wohl noch nicht richtig eingelebt, aber wenige Monate später wiederholte der Hund in einer ebenso abgelegenen Gegend sein Attentat. Auch diesmal kam der Bekannte wenig verletzt davon, doch den Hund ließ er einschläfern.

Nach diesem traurigen Beispiel möchte ich Dir ein weiteres erzählen, das gut ausgegangen ist. Ein Rottweiler sollte eingeschläfert werden, nachdem er mehrmals seinen eigenen Herrn angefallen hatte, sowie dieser ihn von der Leine ließ. Ein Schäferhundeausbilder sagte: - Nein, gib mir den Hund. Mit dem Hund ging er in seinen Zwinger, einen Baseballschläger hinter seinem Rücken versteckt. Er hakte die Leine aus, der Hund nahm Anlauf und setzte zum Sprung auf den Schäferhundeausbilder an. Dieser war darauf gefaßt und donnerte dem Hund mit voller Wucht den Schläger an den Kopf, so daß dieser eine Weile bewußtlos am Boden lag. Herr und Hund wurden für Jahre die besten Freunde, der Hund eines der bravsten Tiere im Stadtteil. Er war sozusagen schlagartig geheilt.

Ich will Dich bestimmt nicht zu tierquälerischen Handlungen motivieren. Aber das folgende Zitat solltest Du genau lesen und Dich dann fragen, ob Du die Unterwerfung von Deinem - nicht mehr jungen - Tier wirklich verlangen willst.

In Dr. Tillmann Klinkenbergs Buch "Hundeerziehung ohne Zwang" (Natur Buch Verlag, ein vom VDH empfohlenes Buch, dessen Titel oft mißverstanden wird) lesen wir auf den Seiten 206-208 zu diesem Thema:

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"Wer ist der Herr im Haus?

Der Hund ist ein Meutetier. Das ist die Grundlage jeder Abrichtung, bedeutet aber zugleich eine Gefahr. Denn jede Meute hat ihren Führer, und jedes Mitglied der Meute hat die Chance, Meuteführer zu werden. Es muß sich dazu nur bis zur Spitze durchbeißen. Das gilt für die Wildhundmeute. Es gilt aber ebenso für die Kleinmeute von Mensch und Hund.

Hereinwachsen in die natürliche Rangordnung

Wenn Sie den Anleitungen dieses Buches gefolgt sind, haben Sie Ihrem Hund von frühester Jugend an Gelegenheit gegeben, Ihre Überlegenheit zu respektieren und in die natürliche Rangordnung von Mensch und Hund hineinzuwachsen, nach der er der niedrigere ist.

Darf Ihr Hund Sie anknurren?

Haben Sie jedoch den Hund weitgehend sich selbst überlassen und nicht abgerichtet, müssen Sie mit etwa einem Jahr damit rechnen, daß er das Recht für sich beansprucht, Herr im Hause zu sein. Das merken Sie sehr schnell! Er knurrt Sie an, wenn Sie ihn beim Essen oder anderen Lieblingsbeschäftigungen stören oder wenn Sie ihn anleinen wollen. Jetzt wird es höchste Zeit für Sie, die Hosen anzuziehen. Überlassen Sie ihm die Führerschaft, müssen Sie mit bösen Folgen rechnen. Ihr Hund wird zu einer Gefahr für Sie, Ihre Familie und Ihre Umgebung. Bei aller Liebe dürfen Sie auf keinen Fall dulden, daß der Hund Sie selbst an knurrt oder anbellt. Sie müssen handeln, und zwar rasch und - in diesem Fall - energisch. Den Halbstarken können Sie noch zur Raison bringen, den ausgewachsenen Zerberus nimmermehr.

Herstellen der Rangordnung

Sie gehen wie folgt vor: Wenn der Hund Sie anknurrt, unternehmen Sie zunächst gar nichts; aber Sie bereiten sich auf das nächste Knurren vor, das Sie bewußt provozieren. Sie lassen ihn mit Absicht etwas hungern, leinen ihn zur Fütterung an, am besten mit Stachelhalsband, und ziehen die Leine hinter einem Zwinger- oder Zaunpfahl durch, vor dem die Futterschüssel steht. Eine ausreichend kräftige Gerte liegt bereit.

Wenn der hungrige Revoluzzer sich begierig auf das Futter stürzt, nehmen Sie es ihm weg, wobei Sie mit Hilfe der Leine ein Zuschnappen verhindern.

Sollte er dies wagen oder auch nur knurren, beginnt die peinliche, aber leider unumgängliche Prozedur, für deren Verlauf Sie 5 Punkte beachten müssen:

1. Der Hund muß Ihnen völlig ausgeliefert sein. Er darf nicht die geringste Möglichkeit zur Gegenwehr haben. Empfinden Sie das bitte nicht als unfair. Was sich hier abspielt, ist ein echter Machtkampf, bei dem der Hund seine Waffen einzusetzen bereit ist und das sind vier nicht gerade harmlose Fangzähne. Auch der Mensch muß seine Überlegenheit voll ausspielen - und das ist sein Verstand.

2. Der Hund muß dabei die ganze Überlegenheit des Menschen drastisch spüren. Bauen Sie sich daher in Ihrer vollen Größe vor ihm auf. Solange er sich nicht unterwirft, geben Sie die Leine ab wechselnd locker und fest, jeweils verbunden mit einem harten "Pfui! Was soll das?" und einem gezielten kräftigen Hieb. Geben Sie sich Mühe, dabei (wenigstens äußerlich) völlig kühl zu bleiben.

3. Die Auflehnung wider seinen Herrn muß für den Hund im wahren Sinne "peinlich" sein. Es geht hierbei nicht ohne Schmerz. Ihre Hiebe sind nichts gegen die erbarmungslosen Auseinandersetzungen, wie sie unter Meutegenossen üblich sind. Sie müssen daher der Größe des Tieres entsprechend zuschlagen.

4. Die Unterwerfung des Hundes muß sichtbar werden, indem er sich von sich aus auf den Rücken wirft. Solange das nicht geschieht, müssen Sie mit Ihrem rohem Werk fortfahren.

5. Seine Unterwerfung müssen Sie aber sofort akzeptieren. Es ist mit einem Schlage (dem letzten) alles vergessen und vergeben. Ihr Hund ist jetzt wie von Zauberhand verwandelt und plötzlich das bravste Tier, das es je gab. Und es ist Ihre Sache, es ihm deutlich zu machen. Sie befreien ihn von der Leine, knien sich zu dem hart Getroffenen nieder und trösten und liebeln ihn mit aller Aufmerksamkeit und Zärtlichkeit, zu denen Sie fähig sind.

Das Versäumte jetzt nachholen

Und holen Sie von jetzt ab das Versäumte nach! Von Ausnahmen abgesehen liegt die eigentliche Ursache der Auflehnung des Hundes nämlich darin, daß er zuwenig Gelegenheit hatte, die natürliche Rangordnung bei seiner Erziehung im Alltag zu erleben. Dazu ist es nie zu spät. Was Sie von der 7. Lebenswoche an hätten üben können, können Sie auch jetzt noch, nach einem Jahr üben."

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Nach dem Zitat nochmal der Hinweis, daß Klinkenberg von einem etwa 1-jährigen Hund spricht und daß er selbst nicht davon ausgeht, daß so etwas bei einem alten Hund noch funktioniert !

Viele Hundeschulen sind reine Geldschneiderinstitute, die den Hund auf dem eigenen Platz für ein Leben hinter dem eigenen Zaun ausbilden, wenn überhaupt. Deshalb ist er in der Wohnung so brav ! Du mußt ihm Gehorsam auf dem Gehweg und auf Wiesen, unter Menschen und Hunden abverlangen - dort findet er aber alles andere interessant, besonders unterzuordnende Rüden (er ist ein Chef!). Solange Du nicht seinen Respekt hast, wird er auf Deine Wünsche pfeifen.

Ich würde - zunächst angeleint - mit diesem Hund ein hartes Training in der Öffentlichkeit beginnen. Sitz, Platz, Straße nicht betreten, andere Hunde nicht anbellen, selbst wenn diese provozieren usw. Gewöhn Dich daran, daß ungebildete Über-Tierschützer Dich in dieser Trainingszeit gelegentlich als Tierqäler titulieren. Du lebst mit dem Hund zusammen, nicht sie. Setz Dich durch ! Gewaltfreie Hundeerziehung gibt es nicht. Auf den richtigen Moment (sofortiges Handeln ist angesagt) und auf die Wirkungsschwelle kommt es an. Die wird bei Deinem Burschen ganz schön hoch liegen ! Was ihm nicht weh tut, ändert sein Verhalten nicht.

In der Hoffnung, mit diesen harten Worten bei Dir nicht in Ungnade zu fallen,

Grüße

Gudrun
Thema: Problemhund


 
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