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Hallo an alle,
heute bekam ich eine Antwort auf meine Nachfrage vom 10.07.;
"Bitte, unternehmen Sie etwas, so kann es nicht weiter gehen..."
Diese, ging an alle Parteien / Fraktionen der Regierung, hier in Berlin.
Hallo Gina,
zuständigkeitshalber beantworte ich Ihre Nachricht an Frau Basten.
Seit Jahren befasse ich mich mit dem Thema "gefährlicher Hund". In der letzten Zeit wurden etliche Gesetze und Verordnungen zum Schutz vor gefährlichen Hunden erlassen, aber nicht kontrolliert. Das Ergebnis ist, dass in Berlin trotz des Aggressionszuchtbverbotes aggressive Hunde
gezüchtet werden, dass trotz Anordnung von Maulkorb- und Leinenzwang Hunde frei in der Stadt herumlaufen, dass es keinerlei Restriktionen gefährlichen Hunden und ihren Besitzern gegenüber gibt. Das Ergebnis ist bekannt: Immer
mehr fragwürdige und gewalttätige Personen bewaffnen sich mit einem Hund und zwar bevorzugt derjenigen Rassen, denen nachgesagt wird, dass sie besonders aggressiv und gefährlich sind.
Die Gefährlichkeit von Hunden ist aber individuell und rasseunabhängig zu bestimmen (Das ist nicht nur eine Erkenntnis der Fachexperten und die Beschlußlage der Bundestierärztekammer, sondern auch das eindeutige Ergebnis
unserer Fraktions-Anhörung vom 28.2.2000).
Wir sind gerade jetzt von drei schrecklichen Beißvorfällen durch Hunderassen wie American Staffordshire und Pibullmischlinge betroffen. Die Besitzer dieser Tiere waren: ein wegen Drogen-und Waffenbesitzes Vorbestrafter, ein gewättätiger Schlägertyp, und ein unter starkem Alkoholeinfluß stehender Mann. In den Händen solcher Personen wird jeder große Hund zur Waffe, weshalb wir weitergehende Regelungen fordern, als das Verbot von
Kampfhunderassen.
Für die Rassen, die heute verboten werden sollen, steht schon Ersatz bereit.
Das Musterland Bayern, das seit Einführung der Rasseliste 1992 die Veröffentlichung der Beißstatistik verweigert, ist auch hier Vorreiter. Die Produktion der neuen
Hunderassen "Alano" und "American Bullterrier" hat nur sechs Jahre gebraucht. So lange die Nachfrage nach gefährlichen Hunden besteht, wird fröhlich weiter gezüchtet und vermehrt. Uns droht die Produktion von Hunderassen mit weit größererem Aggressionspotential, als wir es uns derzeit vorstellen können. Einige werden schon heute in einschlägigen Fachkreisen inseriert unter: "Superlative Owtscharka-springt 3-4 m aus dem Stand", oder "Security Dogs Alano Diabolo-Bentaiga, hart aber herzlich..."
In Frankfurt/M wurde eine Beißstatistik geführt. Die verbotenen Kampfhunde beißen dort jetzt weniger, aber es gibt 12% mehr - auch schwere - Beißverletzungen durch andere Rassen, weil die oben beschriebenen
verantwortungslosen Hundehalter auf diese umgestiegen sind! Das wollen wir nicht. Wir wollen nicht einige Rassen, sondern alle gefährlichen Hunde ohne Ausnahme aus dem Verkehr ziehen. Das Verbot von lediglich fünf Hunderassen -zwei von den benannten Hunderassen tauchen in der Berliner
Beißstatistik überhaupt nicht auf - wird die Gefährdung der Menschen und insbesondere der Kinder durch gefährliche Hunde allenfalls minimal einschränken. Alle
anderen - Mischlinge, Schäferhunde, Rottweiler und Dobermänner -, die die Beißstatistik in Berlin anführen, bleiben nach diesem Gesetzesentwurf auch weiterhin ungeschoren. Wir hatten in diesem Jahr drei schreckliche
Todesfälle, die durch Kampfhunde verursacht waren, zu beklagen: Im März hatte ein Rottweiler in Gladbeck eine 86 jährige zerfleischt, im Mai wurde einem 24 jährigen von eimem Labrador die Halsschlagader zerfetzt und schließlich den furchtbaren Todesfall des sechsjährigen durch Pitbull und Co. Die Rasseliste geht lediglich gegen die letztgenannten Hunderassen vor, ohne grundsätzlich etwas gegen gefährliche Hunde zu unternehmen. Hier muß etwas getan werden. Wir und unsere Kinder brauchen Schutz vor allen aggressiven Hunden!
Nach dem Todesfall in Gladbeck durch einen Rottweiler, forderte die Boulevardpresse das Verbot von Rottweilern.
Dagegen setzte sich die organisierte Rottweiler-Lobby in Bewegung, mit dem Ergebnis, dass die Rasse auf keiner Verbotsliste mehr zu finden ist.
Hunderte empörter Wählerbriefe im Abgeordnetenhaus haben offensichtlich "geholfen", dass über diese Rasse nicht mehr diskutiert wird.
Die aggressiven Bestien sind das Produkt eines sozialen Problems. Sie wurden im Einzelfall gezüchtet, sozialisiert und erzogen mit dem Zweck, Waffe zu werden. Im Gegensatz zu diesen Bestien sind andere Individuen der selben Rassen sogar als Therapiehunde bei Schwerstmehrfachbehinderten im Einsatz.
Wir wollen bei diesem Problem ansetzen, indem wir von ALLEN! Hundehaltern großer Hunde (17 kg, 40cm Schulterhöhe) den Nachweis eines polizeilichen Führungszeugnisses, der Sachkunde, der Friedfertigkeit der Hunde und eine
Hundehaftpflichtversicherung verlangen. Wer das nicht leisten kann, darf auch keinen Hund halten! Um den Vollzug sicherzustellen, fordern wir eine Kennzeichnungspflicht für alle großen Hunde mit Mikrochip und neonfarbener Plakette mit Kennzeichen. Diese Aufgabe soll an eine Art Hunde-Tüv außerhalb der Verwaltung übertragen werden, der gebührenpflichtig und kostendeckend arbeitet.
Diese Regelung hat sich bei der Kfz-Haltung bewährt, warum soll sie bei der Hundehaltung versagen?
Große Hunde gehören wegen ihres Gefährdungspotentials nur in die Hände verantwortungsvoller und überprüfter Hundehalter! Nur so ist sicherzustellen, dass sich gewalttätige Personen nicht mit einem gefährlichen Hund bewaffnen, um ihre Umgebung zu terrorisieren. Nur so können die Allgemeinheit und insbesondere die Kinder vor gefährlichen Hunden geschützt werden.
Als Sofortmaßnahme schlagen wir die Überprüfung aller Besitzer von derzeit auffälligen Hunderassen vor. Auffällige Tiere oder Hunde von Personen, die kein "sauberes" polizeiliches Führungszeugnis nachweisen können, werden eingezogen. Auch die strafrechtliche Verfolgung von Personen, die gefährliche Hunde vermehren, importieren, verkaufen und erziehen ist sinnvoll- aber bitte nicht auf wenige Rassen beschränkt, sondern für alle
gefährlichen Hunde.
Nach über zweijähriger Diskussion in der Berliner AH -
Fraktion, unzähligen Gesprächen und einer sehr informativen Anhörung breit gefächerter Experten haben wir im März 2000 einen entsprechenden Gesetzes-Antrag ins AH von Berlin eingebracht. Der Antrag, die Ergebnisse der Anhörung und die
vielfältigen Reaktionen haben wir in einer Broschüre zusammengefaßt, die im Internet zu lesen und über die Fraktion zu beziehen ist.
Für uns steht heute fest: Ein Verbot von Kampfhunderassen suggeriert der Bevölkerung lediglich ein trügerisches Gefühl der Sicherheit. Es gilt, alle gefährlichen Hunde zu bekämpfen.
Wir brauchen dringend eine Versachlichung der Debatte und eine einheitliche Positionsbestimmung sowie fachlich fundierte Gesetzentwürfe zum Schutz vor gefährlichen Hunden.
Mit freundlichen Grüßen
Claudia Hämmerling
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