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Gesetzentwurf zur Haltung gefährlicher und großer Hunde
Experten: Gefahr geht nicht vom Tier aus, sondern von der Persönlichkeit des Halters
Auf großes Besucherinteresse stieß die Anhörung des Landwirtschaftsausschusses (Leitung: Marie-Luise Fasse, CDU) zum Entwurf der Koalitionsfraktionen SPD und GRÜNE für ein NRW-Landeshundegesetz (Drs.13/2387) am 19. April. Nach dem Entwurf, der die Haltung gefährlicher und großer Hunde regelt, sind künftig Geldbußen bis zu 100000 Euro bei Verstößen gegen das Gesetz vorgesehen. Kennzeichnungspflicht für alle Hunde, Leinenzwang und Rasselisten waren die Hauptthemen der Stellungnahmen.
Andreas Wohland (Kommunale Spitzenverbände NRW) erläuterte, die Anleinpflicht sei gegenüber der Landeshundeverordnung noch verschärft worden. In den Innenstädten sollten die Hunde an einer reißfesten, maximal 1,50 Meter langen Leine geführt werden. Von einer ausdrücklichen Regelung für sogenannte Hundeauslaufflächen rate er ab, um keine „Begehrlichkeiten“ beim Bürger zu wecken. Das Einzäunen und die Verkehrssicherung seien für die Kommunen mit erheblichen Kosten verbunden. Bei Kennzeichnung durch implantierte Chips müsse es eine generelle Meldepflicht geben, mit Aufwand für die Hundehalter und die Kommunen.
Alfred Maciejewski (Arbeitskreis Diensthundeführender Verwaltungen) warnte vor einer generellen Anleinpflicht, weil die Hunde dabei erst recht aggressiv und neurotisch werden könnten. Das „Kulturgut Hund“ gehe auch darauf zurück, dass Hunde Menschen schützen könnten. Bei Polizei, Bundeswehr und Zollbehörden gebe es Hunde, die zu den gefährlichen Rassen gezählt würden und in den Familien der Diensthundeführer lebten. Die Basis des Gesetzentwurfs, nämlich die Größe oder Rasse eines Hundes verantwortlich für seine Gefährlichkeit zu machen, sei falsch.
Kulturgut Hund
Für die Tierärztekammer Westfalen-Lippe sprachen sich die beiden Vertreter Dr. Mechthild Fecke-Peitz und Dr. Rolf Brahm gegen eine generelle Anleinpflicht aus. Aggressionen würden dadurch noch gefördert. Eine Kennzeichnungspflicht aller Hunde durch Chip oder Tätowierung sei sinnvoll. Darüber hinaus werde eine zentrale Registrierung benötigt. Dr. Fecke-Peitz zeigte sich enttäuscht darüber, dass die Rasselisten wieder im Gesetzentwurf erschienen. Der Hundehalter solle lieber einen „Hundeführerschein“ machen.
Dr. Rolf Dannemann (Stadt Wuppertal/Ressort Ordnungsaufgaben) hielt die vorgesehene generelle Anleinpflicht für überzogen. Die Verpflichtung der Kommunen zur Einrichtung von Hundeauslaufflächen sei in seinen Augen zwingend erforderlich, insbesondere in Städten, in denen es wenig andere Auslaufmöglichkeiten für Hunde gebe. Die Kennzeichnungspflicht von Hunden mittels Mikrochips sei zu begrüßen, mache aber nur Sinn bei landesweiter Registrierung. Er wünsche sich die generelle Einführung eines Fachkundenachweises für Hundehalter, möglichst vor Erwerb eines Hundes, und halte nichts von Rasselisten.
Ähnlich äußerte sich Rechtsanwalt Dr. Eisenhart von Löper als Experte für Tierschutzrecht. Rechtsanwalt Dr. Ulrich Wollenteit meinte, die für alle Hunde geltende Anleinpflicht sei für bestimmte Bereiche nicht zu beanstanden. Ein genereller Leinen- und Maulkorbzwang könne aber zu Verhaltensstörungen führen. Die Rasselisten seien weder fachlich gerechtfertigt noch rechtlich zulässig. Er halte sie für wissenschaftlich unhaltbar. Daher befürworte er einen Fachkundenachweis für alle Hundehalter, eine Kennzeichnungspflicht sowie eine Haftpflichtversicherung für alle Hunde. „Der Halter kann jeden Hund jeder Rasse zu einem gefährlichen Hund machen“, betonte er.
Bettina Sokoll, Landesbeauftragte für den Datenschutz, sagte, die eindeutige Identifizierung eines Hundes sei das Ziel des Gesetzgebers. Dies sei legitim. Der Chip, der dem Hund implantiert werde, enthalte eine sogenannte nichtsprechende Nummer, also keine Angaben zum Namen des Halters. Die auf dem Chip gespeicherten Informationen dürften nur von den zuständigen Behörden genutzt werden. Eine kommunale Registrierung der Daten sei ausreichend.
Daten kommunal speichern
Dr. Klaus Grünewald betonte, die im Gesetzentwurf vorgesehenen Regelungen seien rechtlich zulässig und verstießen nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie stellten auch keinen Eingriff in die grundrechtlich geschützte allgemeine Handlungsfreiheit dar.
Franz Breitsamer, Hundezüchter und ehemaliger Leiter der bayerischen Polizeihundeschule, stellte klar, die seiner schriftlichen Stellungnahme beigefügte „Beißstatistik“ zeige, dass als Hauptursache für Hundeattacken die „Mehrhundhaltung“ verantwortlich sei. Der Gesetzentwurf berücksichtige weitgehend das Schutzbedürfnis der Bevölkerung.
Bernhard Meyer (Verband für das Deutsche Hundewesen) begrüßte zwar die Anleinpflicht für Hunde an belebten Orten, gleichzeitig müsse es aber auch Ausnahme-Bereiche geben. Gegenüber der Landeshundeverordnung werde die Anleinpflicht noch deutlich ausgeweitet. Sein Verband lehne Listen gefährlicher Rassen und auch die 40/20er Regelung für große Hunde ab. Das neue Landeshundegesetz werde den Verwaltungsaufwand erheblich erhöhen.
Hans-Jürgen Holler (Tierschutzverband NRW) wandte sich gegen eine generelle Anleinpflicht und begrüßte eine allgemeine Kennzeichnungspflicht. Dies setze allerdings eine zentrale Erfassung der Daten voraus, um auch entlaufene Tiere wieder richtig zuordnen zu können. Derzeit säßen Hunderte von Tieren der aufgeführten Rassen in den Tierheimen. Die meisten der in Heimen untergebrachten Hunde seien auch vermittelbar.
Heimhunde vermittelbar
Christof Marpmann (Landesjagdverband NRW) merkte an, man hatte eine Gefahrhundeverordnung in NRW aus dem Jahr 1994, „die war prima.“ Natürlich müsse die Bevölkerung vor gefährlichen Hunden geschützt werden, aber „die Gefahr ist am oberen Ende der Leine.“ Die Regelungen im Gesetzentwurf erschwerten die Haltung brauchbarer Jagdhunde in unangemessener Weise. Die Brauchbarkeit von Jagdhunden richte sich nach den Anforderungen in den Revieren, nicht nach der Liebhaberei der Jäger.
Zum Gesetzentwurf und zur Anhörung nahmen weitere Sachverständige und Betroffene schriftlich Stellung, darunter der Kinderschutzbund und die Landesseniorenvertretung. Thomas Grunwald
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