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Früh fuhren wir bei freundlichem Wetter unsere Trainingsrunde, während Gladess noch schlief. Ich ließ die Hunde während der Vormittags-Schauer in die Wohnung. Ganz bewußt verzichtete ich darauf, mit Belana Spielchen und Übungen zu machen. Ich wollte einen Spieltriebstau bei der abendlichen THW-Übung ausnutzen können.
Leider kam Belana heute gar nicht dran. Sie hatte vor Beginn des Übungstermins die Gelegenheit, mit einem jungen Dobermann zu spielen, was heute auch schon viel freier ablief, als letzte Woche. Insofern sind wir nicht ganz umsonst gekommen. Während sie dann im Auto warten mußte, begann die Ortungsgruppe zunächst, mit Sensen und Sicheln dem Überhand nehmenden Bewuchs auf den Trümmern zu Leibe zu rücken. Dann wurde ich von einer Ausbildungsleiterin abgeholt, man habe drinnen etwas zu bereden.
Was ich im Tagungsraum vorfand, war eine Art Tribunal aus den führenden Köpfen der Ortungsgruppe und des Ortsverbandes. Vor ihnen auf dem Tisch lag - ausgedruckt - Belanas Tagebuch. Man warf mir vor, rufschädigende Inhalte zu publizieren und eine der Ausbildungsleiterinnen zitierte mehrere Textstellen, insbesondere von der Seite zum 27.4.98. "Dabei krieg ich sooo 'nen Hals!", sagte sie immer wieder. Das schlimme daran sei jedoch, daß ich wohl zu jeder THW-Übungseinheit Kritik aufgeschrieben hätte, ohne diese auch nur mit ihnen diskutiert zu haben. Wenn ich nach 5 Jahren ehrenamtlicher Mitarbeit sowas schreiben würde, sei das was anderes, warf jemand anders ein.
Ich fand meine eigene Kritik "nicht der Rede wert oder zumindest keine Diskussion wert", und sagte, ich hätte für mich entschieden, daß ich damit leben könne, wie die Dinge laufen. (Wohin es führt, wenn man den Ausbildungsstil mit den Ausbilderinnen zu diskutieren beginnt, hatte mir gleich an meinem 2. THW-Übungsabend das Beispiel von jenem Thomas gezeigt, der genauso neu war, wie ich, aber mit den Methoden nicht einverstanden war, dies auch thematisierte und den man nicht zuletzt deshalb regelrecht weggeschickt hatte.)
"Dienst nach Vorschrift" war eine jener Textstellen vom 27.4., die sie ganz schrecklich aufregte. Sie brachte das Beispiel, daß ein (langjähriges; Anm. d. Verf.) Mitglied der Gruppe jetzt gerade gefragt hätte, ob es möglich sei, vor 20:30 Uhr heute Abend mit der Such-Übung ihres Hundes fertig zu werden. Man habe dies natürlich zugesagt. Außerdem hätte man mich an einem anderen Tage gar nicht auf den Platz lassen dürfen, als ich in Sandalen kam, (weil ich von den THW-Schuhen einige Tage zuvor dicke Wasserblasen bekommen hatte, die mir das Tragen fester Schuhe zu dem Zeitpunkt unmöglich machten.) Ich erinnere mich daran, daß ich zu diesem Anlaß an jenem Tage das erste Mal von einer der Ausbilderinnen an den Kopf bekam: "Warum kommst Du dann überhaupt?!" Am 27.4.98 bekam ich es zum 2. Mal zu hören.
Um den Frieden zu retten, bot ich an, aus meinen Tagebuch-Einträgen die sie störenden Passagen umzuformulieren oder zu entfernen. Ich bot sogar an, die künftigen THW-relevanten Tagebuch-Einträge vor der Veröffentlichung von ihnen "entschärfen" zu lassen. Nein, darum gehe es nicht, vielmehr um meine allgemeine Einstellung zum THW, die, wie man aus den Einträgen entnehmen könne, zu negativ sei. Daß ich selbst "Opfer" brächte, wenn ich mir Kosten, Zeit und Mühe mache, zu den THW-Übungen zu erscheinen, daß sei so nicht akzeptabel. Wenn ich keinen Spaß daran hätte, dann solle ich es lassen. Ich versicherte, daß es genug Momente für mich gebe, in denen ich nichts zu kritisieren hätte und daß ich diese "Opfer" für höhere Ziele - Menschenleben retten - gerne zu geben bereit sei. Einer der Anwesenden wies mich darauf hin, eine Ortungsgruppe sei kein Hundesportverein, in dem es darum ginge, das Können des eigenen Hundes vorzuführen. Die wortführende Ausbilderin machte mir klar, daß sie aber nicht bereit sei, ihrereseits das "Opfer" zu bringen, einem Helfer die Ausbildung eines Hundes zum Rettungshund zu ermöglichen, wenn sie das Gefühl hätte, daß dieser "mit negativen Gedanken dabei ist". Sie hätte dann "jedesmal ein ungutes Gefühl", wenn sie mir begene.
Zu den von mir am 27.4. erwähnten Zeitungsinseraten erfuhr ich, daß sich auf das letzte, daß auch mich dort hinbrachte, über 30 Leute gemeldet hatten, von denen ich und eine weitere Person, bzw. Ab heute nur diese eine andere Person noch übrig sei. Dies wurde mir erzählt mit einem Anflug von Selbstmitleid. Keine Spur von Selbstkritik oder Analyse der Gründe, die die meisten Anfänger bewegen, schnell keine Lust mehr zu haben. Auch nicht der Gedanke, daß man vielleicht etwas zu schnell ist mit dem Rausschmiß. Wieviele der Leute von selbst kündigten und wieviele quasi gekündigt werden (wie ich, s. u.), weiß ich nicht. Mir scheint jedoch hier das Recht auf Meinungsfreiheit mißverstanden zu werden. Offenbar bin ich nicht frei genug von (eigener) Meinung.
Am Ende dieser Sitzung wurde mir aufgegeben, meine Kündigung zu schreiben. Sonst werde man dafür sorgen, daß mir gekündigt wird, immerhin sei ich ja noch in der Probezeit und da sei das ganz einfach, mich wieder loszuwerden. Meine Uniform könne ich frisch gewaschen auch in Düsseldorf abgeben. Im übrigen hätte ich wirklich gute Hunde. Und tschüs. Ich denke, diese Ortsgruppe hat eine gute Chance vertan, sich über Belanas Tagebuch Werbung gratis zu organisieren. Ein freundlicherer Umgang mit uns neuen Mitgliedern allein schon hätte gereicht.
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