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03.02.00 --
Volker Wollny
Re: Freilauf um jeden Preis !?!
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Hallo Stefan
Stefan Kowalski schrieb:
Das ist keine Maßregelung, sondern gewissermaßen 'Notwehr'. Warum soll
sich jemand von meinem Hund alles gefallen lassen müssen? Ein alter
Schäfer riet mir mal, als mich einer seiner Hunde aufdringlich
beschnupperte auf gut schwäbisch: 'Schlag em doch dr Schua in Arsch
nei!' ('Gib im doch einen Tritt in den Hintern!') Für mich kam das
zwar nicht in Frage, denn ich fühlte mich nicht belästigt, sondern
freute mich über die Aufmerksamkeit des Hundes. Vom Prinzip her aber
richtig, wenn auch nicht ganz ungefährlich: Der Hund hätte eventuell
sehr schnell gelernt die Leute zu erkennen, die seine Annäherung
akzeptieren und die anderen gemieden, bei denen es 'dr Schua in Arsch
nei' gegeben hätte...
Das steht natürlich auf einem ganz anderen Blatt...
Aha! Du würdest *ihn* also für *Dein* Versäumnis bestrafen....
Wobei die Katze sicherlich unangenehmer bzw. sogar gefährlicher sein
kann.
Ich bin mir da noch nicht ganz sicher, aber meine Arbeitshypothese
geht in die Richtung, daß bestimmte körperliche Einwirkungen vom Hund
als Kampf aufgefaßt werden können. Wer mit ihm kämpft, der steht aber
nur wenig über ihm, auch wenn er gewinnt, und folglich steht deshalb
seine Rangstellung zur Disposition. Der Rudelführer sollte aber so
haushoch über dem Hund stehen, daß ein Kampf gar nicht zur Diskussion
steht. Zugegeben, noch etwas unausgegoren, es ist aber wie gesagt eine
Arbeitshypothese - die wir hier auch durhaus diskutieren können.
Das haben die Hundeführer aber offenbar nicht getan und Cora hat damit
ein legitimes Mittel eingesetzt. Wenn ich meinen Hund nicht unter
Kontrolle habe, darf ich nicht beschweren, wenn er irgendwo anders
eins aufs Dach kriegt.
Bei der negativen Einwirkung als Dressurmittel (Meidemotivation) ist
die Gefahr der Fehlverknüpfung ungleich höher. Aus Sicht des Hundes
ist jedes Verhalten Problemlöser, welches die Strafeinwirkung
vermeidet, z.B. Entziehung durch Flucht. Bei der positiven Motivation
ist nur das gewünschte Verhalten Lösung und der Hund muß die jeweilige
Aufgabe lösen, wenn er die Belohnung will. Man kann sich das leicht an
einem stofflichen Modell klar machen: Versuche eine
Streichholzschachtel auf einem Tisch mit der Fingerspitze in einem
Bogen durch ein 'Tor' aus zwei Gegenständen zu bugsieren: Du wirst
sehr große Schwierigkeiten bekommen und ständig verhindern müssen, daß
die Schachtel seitlich ausbricht. Ziehst Du die Schachtel dagegen an
einem Faden, ist es ein leichtes, sie an jedes gewünschte Ziel zu
bringen.
Das ändert nichts daran, daß der Hund womöglich sehr genau zu
unterscheiden lernt, ob Stachel oder TT im Spiel sind und sein
Verhalten daran anpaßt.... Beim Teletakt sehe ich zusätzlich noch das
folgende Problem: Wenn ich den Stromstoß eine Moment zu spät gebe,
dann nämlich, wenn der Hund sich zum erwünschten Verhalten bereits
'entschlossen' oder dieses gar eingeleitet hat, dann habe ich
verloren....
Beim Hund habe ich noch keine diesbezüglich Erfahrung gemacht, wohl
aber mit einem ausgefuchsten Luder von einem Pferd: Dieses Biest wußte
genau, ob ich eine Gerte hatte oder nicht. Ganz verloren hatte man,
wenn man sich hinreißen ließ, ihr einen Klaps mit der Hand zu geben:
Dann war sie sich sicher, daß die Gerte daheim geblieben war. Sie
wußte sogar, was es bedeutete, wenn man anschließend zu einem Busch
reiten wollte: Dagegen sträubte sie sich mit allen Mitteln - schaffte
man es doch, genügte der Knack, den das Abreißen eines handlichen
Zweiges verursacht um das widerborstige Roß in ein artig Reitferdchen
zu verwandeln: Konnte man ihr vorher fast die Rippen brechen, ohne
auch nur den schwerfälligen Schritt dieses gewieften Monstrums zu
beschleunigen, trabte sie jetzt auf leisen Schenkeldruck an.... Mit
ihrem Eigensinn war Otti der Schrecken aller Reitgäste: Sie drehte am
Tor um, wenn ihr der Reiter nicht sympatisch war, um sie zu trensen
brauchte man immer jemanden mit Spezialqualifikation, die Mädchen, die
sonst die Pferde ausgaben, konnten es nicht. Sie hätte längst den Weg
in die Wurstfabrik angetreten, hätte sie nicht einen kleinen, aber
feinen Fanclub gehabt, aus Leuten, die wie ich von ihr begeistert
waren und es genossen, ein Pferd zu reiten, mit dem kaum jemand klar
kam. Wer sich durchsetzte, der hatte nämlich ein sehr bequemes und
handliches Reitpferd. Dieses ausgekochte Aas war aber eben in der Lage
Leute genau einzuschätzen: Vor mir lief sie nicht einmal auf der
Koppel weg und bleib allein stehen, während alle anderen Pferde
davonsausten. Wahrscheinlich wußte sie genau, daß so oder so geritten
wurde, und Widerstand nur unnötige Anstrengung bedeutete und die Zeit
verlängerte, bis sie wieder ihre geliebte Ruhe hatte.
Da ich annehme, daß sich das Lernvermögen und die Lerntechnik bei
Hunden und Pferden gut vergleichen lassen, bin ich bei beiden sehr
vorsichtig und rechne immer mit äußerster Gewitztheit.... ;-) Folglich
habe ich halt auch kein Vetrauen in 'unlautere' Mittel, sondern
versuche ganz einfach psychische Überlegenheit auszuspielen. Meine
Simme und meinen Blick habe ich immer dabei. Wirksame Mittel,
übrigesn: Ein Bekannter warf mir sogar vor, daß mein Alfons von meinem
knurrenden 'Was hab ich gesagt?' bstimmt soagr träumen würde....
Warum mußt du mit einem unangenehmen Erlebnis verknüpft werden? Das
Problem kann nämlich auch umgekehrt auftreten und der Hund verknüpfen:
Wenn der Chef dabei ist, tut es weh, wenn man Leute anspringt. Dann
tut der Hund es doch wieder, wenn Du halt mal nicht dabei bist. So wie
er unter Umständen doch an
Lebensmittel geht, wenn Du ihn zawr dafür gestraft hast, er sich aber
im Moment vor dir sicher glaubt - dies aber unterläßt, wenn du anstatt
ihn zu beobachten und zu bestrafen, ihm das Tabu mit Mausefallen oder
ähnlichen 'automatischen' Strafen verleidet hast.
Das ist unlogisch: Es wäre gegen den Selbsterhaltungstrieb, Dinge, die
erfahrungsgemäß unangenehm wirken, grundlos anzugreifen. Die richtige
Lösung ist, ihnen aus dem Weg zu gehen: Erst kommt die Flucht, nur in
auswegloser Situation wird mit Angriff verteidigt.
BTW: Coras Problem liegt im Grunde weder an ihr, noch an den Hunden,
noch an den Leuten: In einem Ballungsraum kann man einfach nicht
vernünftig leben, weder der Mensch noch sein natürlicher Begleiter,
der Hund. Coras Mitteilung, daß sie eine Autostunde braucht, um
richtig nach draußen zu kommen, erfüllt mich mit Grausen. Was bin ich
Gott dankbar, daß ich am Arsch der Welt wohnen darf! Wer dieses Glück
nicht hat, wird halt immer zu Halbheiten greifen müssen um sich trotz
Hund mit den Gegebenheiten zu arrangieren, denn jemandem einen Hund zu
verwehren, ist halt ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Liebe Grüße
Volker
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