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21.11.99 --
MSc4563037
Re: Kastration und TSchG (Kürzer,kastriertso
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Im Artikel «1e1ivaq.1ktfatn7t2nnqN@velizy-27-221.dial.proxad.net»,
volker.greulich@free.fr (Volker Greulich) schreibt:
Hallo Volker,
Es mag sein, das die generelle Kastration gegen jenen Paragraphen verstößt. Dir
scheinen aber einige Gesichtspunkte nicht sonderlich nahe zu liegen:
Zuerst mal das rein zweckmäßige: In den letzten hundert Jahren hat sich das
Bild der Hunde in Europa (und vielen Teilen der Welt) immens verändert. Hunde
waren bis dato Arbeitstiere; von einigen Gesellschaftshunden der Upper Class
abgesehen. Erst vor 100 Jahren begannen Züchter, die Anzahl der Hunderassen auf
etwa 400 aufzublähen. Warum? Markt. Man brauchte eben für verschiedene
Geschmäcker verschiedene Hunde.
Gleichzeitig; wie eigentlich immer, wurde die artgerechte Haltung (über deren
Einzelheiten ich hier nicht langatmig diskutieren will) der Tiere immer
erheblicher eingeschränkt. Viele Hunde - und das kann jeder sehen, der sich in
Tierheimen umsieht - leben unter Bedingungen, die einem als Tierschützer die
Galle hochgehen lassen.
Darum geht man bei Tierheimen dazu über, durch Kastration zumindest dem
Hobbyzuchtwesen einen Strich durch die Rechnung zu machen.
Dann etwas Kynologie. Würdest du dich etwas mit Werken von Mech und Ziemen
befassen, dich über Rudelordnung bei Wölfen informieren (und man bedenke, der
Hund ist dem Wolf nicht fern), würdest du erstaunlicherweise feststellen, das
die meisten Mitglieder eines Rudels überhaupt nicht zum Ausüben der Paarung
kommen, weil ihr Stand im Rudel zu niedrig ist. Das mag grausig klingen, aber
so funktioniert Evolution nun mal.
Wenn man dann noch hingeht und dem Hund quasi (vereinfacht) als spezialisierten
Wolfswelpen betrachtet (denn sein Verhalten ist eines Wolfswelpen recht
ähnlich, nur mit Spezialisierung eben aufs Laufen, Hüten, Jagen...), würde ich
gern mal einen Wolfswelpen in einem Rudel sehen, der sexuelle Ambitionen
durchsetzen kann.
Daraus kann man schließen, das es für den ganz gewöhnlichen Hauswufftel im
Grunde vollkommen belanglos ist, ob er nun könnte oder nicht. Weil, die Familie
ist sein Rudel, und er ist niemals der Alpha - dann kann nämlich die ganze
Erziehung in Frage stellen.
Zu guterletzt setzt der Trieb die Tiere wirklich unter Streß. Ich will gerne
von meinen Erfahrungen berichten. Ich besitze zwei Huskies, mit denen ich auch
Sport ausübe. Eine Hündin, ein Rüden (bald kommt eine weitere Hündin dazu.) Den
Rüden Leonid haben wir von Welpentagen an, Aisha bekamen wir kastriert von
einer Nothilfe speziell für Polarhunde. Die zwei verstehen sich bis heute
blendend. Nun, eines Tages rannte aussen eine läufige Hündin umher. Leonid
drehte verständlicherweise durch und machte sich plötzlich auf, Aisha zu
beglücken. Die, entsetzt, drehte den Spieß um (wenn eine Hündin einen Rüden
besteigt, ist das für den Rüden im Rudel höchst blamabel und damit eine
Deutlichmachung der Rudelstellung). Frieden aber gab es erst, als wir Leonid
dann doch kastrieren ließen. Die anderen Nebeneffekte traten nicht ein, er jagt
noch immer gern jedem Wild hinterher, er ist noch immer ein Quirl, mag immer
noch nicht sonderlich kleinere Hunde usw...)
Ok, und dann noch dein geliebtes Tsch.G. Jenes ist nun wirklich nicht das
Musterbeispiel für Tierschutz. Eher Tiernutz. Wenn überhaupt eine
Diskussionsgrundlage bestehen sollte, dann müssten wir uns auf eine langwierige
ethische Grundfrage einlassen. Dazu braucht es aber wenigstens etwas Wissen um
Verhaltensforschung, und da habe ich; sorry, meine Zweifel. Zudem gibt es
weißgott wesentlich grausamere Dinge in Sachen Tiere als die Kastration.
so einiges ansprechend
Maico Schulz
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