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09.09.99 -- Helmut Steinberger

Re: Rettungshund erschossen














'Am Wed, 08 Sep 1999 10:01:01 +0000, schrieb Paul Cech
«p.cech@magnet.at» Dieses Posting hat erwartungsgemäß und zu Recht eine Flut an Reaktionen ausgelöst. Da ei nGroßteil nur auf Spekulationen beruht, habe ich Jürgen (das ist der, dessen Hund erschossen wurde) selber gefragt. Er hat mir ein Email geschrieben und gebeten es hier zu posten. Nachfolgend also ungekürzt die Worte des Betroffenen: Bitte stelle meine Antwort ins Net: 1. Meine Hunde bellen nicht auf Distanz, sondern hautnah. Einem echten
Opfer, Vermißten, Toten oder Bewustlosen ist es egal, wenn der Hund so knapp verbellt. Die Erfahrung zeigt, daß z.B. Kinder nicht so knapp verbellt werden. Grundsätzlich hat jeder Hund seine Eigenart zu verbellen = Anzeige. Es soll die sichere Anzeige des jeweiligen Hundes mit seiner spez. Eigenart nicht umgestellt werden! Eine echte Belästigung der Opfer, bzw. der Figuranten sollte tunlichst beim Training abgestellt werden. Tatsache ist, daß Hunde mit viel Drang zum 'Opfer' auch nach einer Suche mit mehreren Stunden Dauer und wie in meinem Fall im Aufstieg von 600 Höhenmetern und gleichem Abstieg verlässlich ihrem Geruch nachgehen! Ich habe an diesem Tag zwei Felsgrate bei meiner Tour überschritten, an denen mehrfach Wanderer abgestürzt sind. Diese Felsgeherei kostet den Hunden zusätzlich noch Kraft und Ausdauer. 2. Ich habe vor etwa 10 Jahren mit meinen Ausbilderkameraden Schume
Erwin aus Eisenerz eine Methode der Weg und Steigabsuche für Rettungshunde entwickelt, bei denen der Hund von Anfang der Suche an ohne jedes Kommando in Dienst gestellt wird. Diese Trainingsmethode ist deshalb notwendig, weil in unseren Bergen Nachsuchen nach abgängigen Personen meist den ganzen Tag dauern und dabei schweres Gelände zu begehen ist. Mann kann sich vorstellen, daß hier ein Hund, dem ich alle paar Hundert Meter das Kommando 'Such' geben muß, mir als HF bald den ausgestreckten Mittelfinger zeigt und eine echte Sucharbeit einstellt. 3. Daß diese Methode funktioniert, hat ja Anja und ihre Jungen
bewiesen (Anm.: Jürgen hat neben Anja nooch zwei junge von Anja, einen Rüden und eine Hündin, beide ca. 4 Jahre alt und ebenfalls RH). Nach 4 Stunden Marsch und den oben geschilderten Erschwernissen, verharrten alle drei Hunde am markierten Steig, nahmen intensiv Witterung auf, Schwanz in Erregungshaltung. Dazu ist zu bemerken, daß mir auf meiner Tour etlichliche Leute begegneten, dies ist für die Hunde kein Erschwernis, weil diese Wanderer sich bewegten und für die Hunde keine 'Potentiellen Opfer' abgeben. Unglücklicher Weise hatte ich allein in den letzten Tagen 3 Vermißteneinsätze, die üblichen Schwammerlsucher, ein Opfer mit Herzinfarkt. Würde der Jäger in Sichtdistanz, etwa 20-30 Meter, gelegen sein hätten die Hunde ohne Kommando die Suche aufgenommen. Diesfalls hätte außerdem ein Zuruf von mir die Sache klären können, ob Hilfe gebraucht würde! Nach kurzer Überlegung von mir, vielleicht sieht mann schon Gespenster, wenn man innerhalb einer Woche dreimal ausrückt, habe ich die Hunde mit einem 'Such voran' freigegeben und das Unglück nahm seinen Lauf. 4.Das kupierte, nach oben ansteigende Gelände erlaubte mir nur eine
Sichtweite von etwa 50 Metern. Zusätzlich war der Boden mit hohen Almrauschstauden bewachsen, eine liegende Person hätte vom markierten Steig nicht eingesehen werden können. Ich folgte meinen Hunden im Laufschritt, so schnell man eben in diesem Gelände Bergauf laufen kann. Die Hunde waren etwa 30 Meter vor mir, blieben einmal kurz zur Witterungsorientierung stehen, und liefen dann die Nase hoch im Wind über eine terassenförmige Erhebung, Distanzt vom Steig etwa 300 Meter. Sie verschwanden kurz meinem Blick, nach wenigen Sekunden bellte Anja in ihrer typischen Art. Sie hat Zeit ihres Lebens schon beim ersten Beller keinen Anlauf gebraucht, sondern in Rüdenart losgelegt. Der zweite Beller Anjas und der Schuß fielen gleichzeitig. Ich schrie 'Heeee, aufhören' und war schon über die Terasse. Anja lag 20 Meter entfernt, der Rucksack des Jägers unmittelbar neben ihr, der Jäger mit weit aufgerissenAugen stand zu Salzsäule erstarrt.. Was dann passierte, kann sich jeder vorstellen, ich rastete total aus. Nach einiger Zeit fiel ich weinend zu Boden, liebkoste Anja. Ich war nach über 20 Minuten nicht fähig, mein Handy zu bedienen, ich wollte Hilfe herbeirufen. Ich konnte erst nach geraumer Zeit überhaupt einmal den Jäger fragen, der neben mir stand und offensichtlich selbst unter starkem Schock stand. Es stellte sich heraus, daß er mit ensichertem Gewehr ein krankes Reh anvisiert hatte, und als Anja in von der Seite anbellte, er im Schreck sich im Liegen halb umdrehte und schoß. Anja wurde mitten in die Brust auf eine Distanz von einem halben Meter getroffen. Man kann im Nachinein urteilen, wie man will. Alle Entscheidungen werden in so einer Situation reflexartig getroffen, nach meinem Dafürhalten ist dem Jäger menschlich die Reflexhandlung nicht vorzuwerfen! Ich habe dann noch in der gleichen Nacht mit seiner Mithilfe Anja dort beerdigt, wo sie am liebsten war - in ihren Bergen, ein paar Meter von der Unglücksstelle entfernt. Nachdem heute alle Medien verrückt spielten, habe ich weder mehreren Fernseh - Radioanstalten und Zeitungen ein Interview gegeben. Der Landesjägermeister der Steiermark hat sich ebenfalls entschuldigt, die rechtlichen Ansprüche auf Schadenersatz sind von ihm bestätigt worden. Das alles macht Anja nicht mehr lebendig. Aber ich stehe für keine Hetzkampagne zu Verfügung. Es wird von mir in naher Zukunft in zwei Jagdzeitschriften die Arbeit der Suchhunde vorgestellt, ich werde auch erwähnen, daß in bestimmten Such-Situationen dem Rettungshund die Kenndecke und das Halsband abgenommen werden muß, damit der Hund bei seiner Arbeit nicht behindert oder verletzt wird! Um die Sache der Kenndecke anzusprechen, meine Hunde gehen in mir bekannten Gebieten ohne diese, ich kann doch nicht bei jeder Bergtour oder beim Spazierengehen meine Hunde wie Pfingstochsen herausputzen. Beim planmäßigen Einsatz ist das etwas anderes. Der Jäger hätte die Kenndecke sowieso von vorne beim Hund nicht erkennen können, in der Sekunde vom Bellen zum Schießen? ZumAbschluß: Ich habe heute mit dem Jäger und seiner Frau auf meinem privaten Hundeplatz ein ausführliches Gespräch geführt. Wir sind mit Handschlag, so wie wir Steirer dies tun, in Frieden auseinandergegangen. Für alle, die diesen tragischen Vorfall zum Anlaß nehmen wollen, Öl ins Feuer zu gießen, muß ich sagen 'Ohne mich'. Allen Hundeliebhabern bei uns in Österreich und Deutschland ist damit nicht gedient, das Miteinander, Jäger und Hundehalter, das gegenseitige Verständnis für berechtigte Anliegen auf beiden Seiten sollte akzeptiert werden!!!! Mit einem seit Vorgestern nur zweimalgen Wuff Jürgen
Thema: Rettungshund erschossen


 
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