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23.08.99 --
Yvonne Heichel
Re: gibt es nachteile beim clickern?
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Christoph von Nathusius schrieb in Nachricht ...
gibt es
Grüß Euch,
betrachtet die Frage doch einmal übergeordnet. Gibt es überhaupt eine
(Erziehungs-)Methode, welche keinerlei Nachteile beinhaltet - egal ob
bei Mensch, Hund, Katze, Delphin oder was auch immer angewendet?
Erziehung bedeutet für mich in erster Linie Formung - aus dem
Vorhandenen das Beste herausholen und so wenig wie möglich zu
unterdrücken.
Das Ganze möglichst gewaltfrei, das wäre ideal und ein sehr
harmonischer Gedanke.
Harmonisch sollte es doch auch sein, das Zusammenleben mit unseren
Vierbeinern, um somit die Basis für ein enspanntes Miteinander zu
erzeugen.
Um ein geeigntes 'Millieu' für Lernerfolge zu schaffen, braucht man
sicherlich weder Clicker, Teletakt noch andere neuzeitliche
Gerätschaften, sondern jede Menge Liebe, Toleranz, Freude an der
Sache, Kompetenz und Harmoniebedürfnis um eine Vertrauensbasis zu
schaffen.
Für unsere Kinder und/oder Hunde sollten wir der Fels in der Brandung
sein - unverrückbar und verlässlich, um sie nicht zu verunsichern,
aber dennoch formbar durch die (Ge-)Zeiten sein, d.h. eine
Weiterentwicklung unsererselbst _muß_ im Idealfall stattfinden können.
Im Bereich des Möglichen versuchen wir nun (und ich hoffe, zum
Großteil
nach bestem Wissen und Gewissen) unsere Schutzbefohlenen zu formen
(erziehen) - jeder nach seiner Facon.
Was wir dabei niemals außer Acht lassen dürfen, ist die Tatsache, daß
uns diese auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind.
Darum ist für mich eine gewaltsame Methode (rucken, reißen, schreien,
strafen, Teletakt usw.) nicht unbedingt das Mittel der Wahl.
Gewalt ist gleich (=) Schmerz, Schreck, Angst, Verunsicherung,
Verwirrung - haben wir es wirklich nötig, dies unseren
Schutzbefohlenen anzutun? Stellen wir hier nicht gewaltig unsere
Inkompetenz dar?
Survival of the fittest sollte ja auch niemals zum Ausdruck bringen,
daß der Stärkere überlebt - überleben wird immer der _Geeignetere_ -
wobei wir wieder bei der Kompetenz-Frage angelangt wären.
Im Zusammenhang mit der Clickerei ist oft das Wort 'Shaping' zu lesen
und ich muß sagen, es findet auch während der
Clicker-Anwendungs-Phase, ein ganz gewaltiges Shaping statt - wobei
ich festgestellt habe, daß nicht der Hund, sondern der Mensch am
meisten 'geshaped' wird!
Will man mit dieser Methode wirkliche Erfolge erzielen, dann muß man
SICH SELBST formen (umdenken) - alles andere kommt fast wie von
selbst.
Und ist es denn nicht ein ganz tolles Gefühl, dazugelernt zu haben -
umzudenken und einfacher (gewaltfreier) vorwärts zu kommen?
Der Clicker hat nicht meine Deerhounds verändert, sondern mich - er
war letztendlich nur ein Katalysator zur besseren und einfacheren
Verständigung.
Wieso, um alles in der Welt, sollte das nicht auch beim
Schutzhundsport, Agility usw. klappen?
Solange wir nur das natürliche (angeborene) Verhalten unserer Hunde
modellieren und nicht 'von einem Apfelbaum Kartoffeln erwarten' bin
ich mir ziemlich sicher, daß es funktioniert.
Um schlußendlich auch Steffen's Frage zu beantworten, ob es Nachteile
bei der Clicker-Methode gibt:
Ja - natürlich! Es ist eben wie bei jeder anderen Erziehungs-Methode
auch - wenn der Anwender Fehler macht, ist der Wurm drin - ist doch
klar.
Bei meiner jüngeren Deerhoundhündin habe ich mittels Clicker, völlig
unbewußt, ihre latente Unsicherheit verstärkt.
Da man sich aber Fehler eingestehen kann und sich auch nicht schämen
sollte, ab und zu kompetente Leute zu fragen, bin ich recht schnell
zur Wurzel des Übels (meiner Person) vorgedrungen und hab's ebenso
schnell wieder 'weggeclickert'.
Bevor man also umfassende Gedanken wälzt, ob die Clickerei auch
Nachteile mit sich bringt, sollte man sich einfach in Grundzügen damit
vertraut machen, es versuchen und danach selbst urteilen ob es mehr
Vor- oder Nachteile bringt. Weh tut es jedenfalls nicht.
Sollte allerdings der Anwender wirklich fest davon überzeugt sein, daß
ER die Krone der Schöpfung und der Weisheit letzten Schluß darstellt,
sehe ich wenig Erfolgsaussichten - Toleranz, Anpassungsfähigkeit und
geistige Mobilität kann der Clicker keinesfalls ersetzen.
Gruß
Yvonne
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