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Liebe NG,
ich lese nur noch sporadisch mit, aber was in den letzten
Tagen von diesem Peter kam, das ist sehr heftig.
Das weckt sogar Newsgrouprentner ;-)) wieder auf!
Ich werde nicht direkt auf seine Postings eingehen, denn
dieser Mensch schreit nach negativer Zuwendung. Motzt
ihn an und es geht ihm gut. Aber das Thema Clickertraining
ist doch zu wertvoll, um es so vermiesen zu lassen.
in der Nachricht: «379c8552.33671599@news.btx.dtag.de»
schrieb Wolfgang_Stichler@t-online.de (Wolfgang Stichler):
Danke Wolfgang, solche Rückmeldungen machen
Freude. Clickertraining sollte man nicht einfach auf
Blechfrosch und Leckerchen reduzieren, das wäre zu
kurz gegriffen. Und für alle mehr historisch orientierte
Hundler möchte ich auch nicht vergessen zu sagen,
daß diese Methode ihre Ursprünge schon in den 60er
Jahren und früher hat. Skinner, Bailey, Pryor, um nur
mal ein paar Namen zu nennen sind schon seit vielen
Jahren ein Begriff. Ich könnte jetzt auf die wirklich guten
Webseiten zu diesem Thema verweisen. Aber da ich,
ähnlich wie auch Martin (und hoffentlich Thomas) ein
Optimist bin, versuche ich doch etwas zum Hintergrund
zu schreiben. Vielleicht wirkt's?
Im Unterschied zur konservativen Ausbildung, wo
bereits im Aufbau (beim Lernen) mehr oder weniger
starker Zwang ausgeübt wird, wird beim operanten
Konditionieren Verhalten verstärkt (= es wird häufiger
gezeigt), welches der Hund von sich aus anbietet.
Daher auch das Vorurteil, daß alles so lange dauert
und so viele Schritte erfordert.
Das mit den vielen Schritten ist richtig, aber so furchtbar
lange muß es nicht dauern. Das hängt von den Fähigkeiten
des Trainers ab, das erwünschte Verhalten mit dem richtigen
Timing zu verstärken, und von der Fähigkeit des Trainees
(in diese Fall des Hundes) ab, Verhalten anzubieten.
Das letzte klingt vielleicht etwas seltsam, aber da gibt
es große Unterschiede. Gerade Hunde, mit denen immer
auf die 'harte Tour' gearbeitet wurde, sind erschreckend
monoton und eingeschränkt, wenn es um das Anbieten von
Verhalten, das 'Ausprobieren' geht. Wieso ist das so?
Das 'Ausprobieren' bedeutet auch, mal etwas falsches
zu versuchen. Und genau das wird von den konservativen
'Abrichtern' als Befehlsverweigerung (obwohl der Hund
den 'Befehl' noch gar nicht verknüpfen kann) gewertet.
Dadurch wird das freie operante Verhalten konsequent
unterdrückt oder bestraft. Solche Tiere brauchen relativ
lange, bis sie wieder anfangen auszuprobieren, für welches
Verhalten Verstärkung möglich ist. Oft ist das einzige, was
diese Hunde im Wahlverhalten anbieten, ein monotones
Gebell. Das könnte (Thomas, Martin, was meint ihr?)
daher kommen, daß auch 'Starkzwangabrichter' das
'gib Laut' nicht einprügeln können, sondern daß der Hund
eher mit Futter oder Beißwurst gereizt (-» ins Wahlverhalten
gebracht) wird und beim Bellen belohnt wird. Vielleicht
erinnern sich die Hunde wieder an diese Situation,
und reagieren daher auch nach Jahren im Wahlverhalten
wieder mit Bellen.
Das alles bedeutet, daß es gerade mit den hart
ausgebildeten Hunden am Anfang recht schwer
ist, mit Clicker zu arbeiten. Und damit haben
die Konservativen sofort ein gutes Argument,
nämlich, daß es nicht richtig klappt.
Das zum Thema kleine Schritte und lange Dauer.
Nein, vielleicht doch noch drei Sätze dazu.
Ich habe mal mit einem Belgischen Schäfer-Mix
angefangen mit Clicker zu arbeiten, und er hat
nach 2 oder 3 Clicks genau kapiert, worum es
geht. Nach wenigen Minuten machte er 'touch'
auf die Hand und den Stick. Dieser Hund wurde
durch mehrere Hundevereine 'gestachelt', und
galt als bissig und schwer erziehbar...
Noch ein paar Sätze zur 'Leistung' (obwohl ich
das fast nicht mehr hören kann :-(( .... )
Im Zusammenleben mit dem Partner Hund ist
Leistung nicht alles. Hunde, die von der
konservativen Ausbildung auf Clicker umgestellt
wurden (man nennt das Crossover), ändern oft
ihr ganzes Verhalten in einer wunderbaren
Weise. Hat Thomas nicht mal geschrieben,
daß man es mit einer sich öffnenden Blume
vergleichen kann? Der Hund wird sichtbar
munterer, orientiert sich oft und gern (!) an
seinen Menschen, bietet von sich aus
erwünschtes Verhalten an, ist in der
Umwelt sicherer und zeigt mehr Neugier
und Erkundungsverhalten. Das steht im
krassen Widerspruch zum gedrückten und
oft hilflosen Verhalten der gehorsam geprügelten
Hunde. Man kann selbstverständlich auch
sportliche Leistung mit dem Clicker erbringen,
aber ich habe Verständnis dafür, daß das
Hauptinteresse vieler 'Clickerer' bei den
modernen Sportarten liegt. Im Agility,
THS, Obedience kann und wird mit Clicker
schon eine Menge Positives geleistet. Auf einem
Agility-Trainerseminar war der Clicker so
selbstverständlich, daß sich keiner mehr
über das Geräusch gewundert hat. (Wir hatten
aber einen Haufen sehr aufmerksamer Hunde ;-)))
Einen ganz wichtigen Punkt sollte ich nicht
vergessen. Das Verhalten, welches auf diese
Art und Weise erlernt wurde, ist sehr lange
abrufbar. Meiner Erfahrung nach ist es wesentlich
stabiler, als Verhalten, welches mit Zwang oder
Druck aufgebaut wurde. Martin hat mit seiner
Aussage 'Langzeitoptimierung versus Kurzzeiterfolg'
völlig recht.
Zum Schluß noch etwas über den 'Clicker-Mensch'.
Auch er macht ein 'Crossover', eine Veränderung
durch. So mancher sieht sich selbst plötzlich in einem
ganz anderen Licht. Der Spiegel der eigenen Unfähigkeit
(Thomas hat das mal gesagt) ist eine harte Lektion.
Jede Antwort, die man findet, wirft wieder neue Fragen
auf. Man beginnt selbst zu lernen, möchte immer mehr
wissen, und merkt, wie wenig man doch bisher von
Lernen und Ausbildung verstanden hat. Gleichzeitig
sieht man, welche Möglichkeiten man bisher 'verpennt'
hat, und wie sehr man doch die Beziehung zu seinem
Hund durch unnötige Strafen belastet hat. Am Ende
hast Du nicht nur einen anderen Hund, sondern bist
auch ein wenig ein anderer Mensch geworden.
Ich hoffe, lieber Peter, und alle anderen
Skeptiker, daß ihr auch diesen Weg machen
dürft, es ist eine Erfahrung, die ich nicht mehr
missen möchte. Und euren Hunden wünsche
ich das ganz besonders.
Viele Grüße und viel Erfolg mit euren Hunden
wünscht,
Matthias.
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