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02.11.00 -- Inge

RE: Würger an Sören - an Jochen














Hallo Jochen!

Ja, es stimmt, in einem Wildrudel bestehen sehr direkte und unmittelbare Interaktionen. Und genau das ist ein entscheidender Punkt: direkt und unmittelbar. Ich denke, ich brauche Dir hier nicht zu erklären, dass jede Einwirkung auf den Hund in direktem und unmittelbaren Zusammenhang zum unerwünschten (oder auch erwünschten) Verhalten des Hundes stehen muss. Strafe oder Lob, die erst nach mehreren Sekunden oder gar Minuten erfolgen, sind völlig nutzlos, der Hund kann sie mit keiner Handlung mehr in Verbindung bringen.

Nun haben wir Menschen aber einen entscheidenden Nachteil: wir sind weder so schnell noch so beweglich wie ein Hund. Wenn Dein Hund abhauen will - z.B. jagen möchte - hast Du absolut KEINE Chance, ihn an seinem Tun zu hindern, wenn er erst einmal unterwegs ist. So schnell rennt auch ein Weltmeister im 100-m-Lauf nicht, als dass er den Hund einholen könnte! Welche Alternative hat man also, wenn man DIREKT UND UNMITTELBAR einwirken will? Genau - man muss den Hund bereits im Ansatz seines Tuns hindern (oder auch loben - so werden neue Übungen beim Clickertraining z.B. schon im Ansatz geclickert). Nur so haben auch wir schwerfälligen, langsamen Menschen eine Chance, auf den Hund rechtzeitig einzuwirken. Und es zeigt sich immer wieder, dass dies die beste Form der Erziehung ist. Warum sie dann also nicht auch bei Übungen benutzen, die nichts mit Schnelligkeit zu tun haben? Warum also aggressives Verhalten des Hundes nicht ebenso im Ansatz unterbinden, statt ihn erst loswüten zu lassen, um dann mittels Starkzwang einzugreifen? Die sich aus letzterem ergebenden Nachteile habe ich ja schon geschildert und werde mich hier nicht wiederholen.

Was die Übung mit dem Anbinden angeht: zunächst einmal hatte ich schon geschrieben, dass es sich hierbei um EINE Möglichkeit handelt. Selbstverständlich ist jeder Fall anders zu beurteilen und muss auch anders angegangen werden. Darin stimme ich mit Sören völlig überein: wer meint, dass eine einzige Methode bei allen Hunden funktioniert, sollte sich lieber mit Stofftieren beschäftigen.

Aber Du fragst, ob diese Methode auch mit "wirklich aggressiven" Hunden funktionieren würde. Nun, da sei erst einmal abgeklärt, was Du unter einem "wirklich aggressiven" Hund verstehst. Um es noch einmal klar und deutlich zu sagen: ein wirklich dominanter Hund zeichnet sich durch Ruhe und Gelassenheit aus, er reagiert(!!!)letztlich nur auf besondere äußere Anlässe aggressiv. Ansonsten genügen ihm Imponieren, Drohlaufen, Knurren, Anstarren etc. Aggressivität im Sinne von Angriff u.ä. verbraucht sehr viel Energie, ein solches Tier könnte sich niemals lange als Rudelführer halten. Daher betone ich es noch einmal: echte Dominanz und stark aggressives Verhalten SCHLIESSEN SICH AUS!!! Auch wenn es manchem Hundehalter, der es chic findet, eine keifernde Bestie an der Leine zu führen, gar nicht schmecken mag: er hat KEINEN dominanten Hund, ganz im Gegenteil!

Anders verhält es sich mit dem Wehrverhalten. Selbstverständlich zeigt auch ein dominanter, selbstbewußter Hund bei Bedrohung Wehrverhalten. Aber wie gesagt: es ist eine REAKTION auf einen äußeren Anlaß.

Ein Hund, der ohne gegebenen Anlass auf Menschen und/oder Artgenossen jedesmal wie eine wilde Furie agiert, ist IMMER - und das kann gar nicht oft genug betont werden - ANGST-AGGRESSIV!!! Die Ursachen dafür können sehr vielfältig sein und es wäre müßig, in diesem Posting darüber zu diskutieren, das würde den Rahmen sprengen. Eines aber ist doch wohl klar: Angst - egal wodurch hervorgerufen - durch Schmerz, also wieder durch die Erzeugung von Angst, bekämpfen zu wollen, ist so ziemlich das Idiotischste, was es gibt! Ich empfehle Dir, das Buch "Neue Wege der Polizeihundausbildung" von Thomas Bauman durchzulesen, dort das Kapitel über die besonderen Vorkommnisse bei der Ankaufsuntersuchung. Er schildert da den Fall eines hyperaggressiven DSH-Rüden, der nur mit Beißkorb ausgeführt werden konnte, weil er sich sonst auf alles stürzte. Th. Baumann brauchte keine 5 Minuten, um dem Besitzer des Hundes und den staunenden Umstehenden durch ein einfaches Mittel zu beweisen, dass dieser Hund bis unter den Scheitel voller Angst steckte und darin die Ursache für sein Verhalten zu finden war. Und dieses einfache Mittel funktionierte fast exakt so, wie ich es mit der "Anbinde-Therapie" beschrieben habe - in der Vereinsamung. Lies Dir dieses Buch einmal durch und Du wirst verstehen, was ich meine.

Gruß Inge
Thema: Amigo von Petra an Claudia


 
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