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Bundesgerichtshof bestätigt Urteil im Hamburger Kampfhundeprozeß
Karlsruhe/Leipzig, 11.12.01
Das Landgericht Hamburg hat die Angeklagten der fahrlässigen Tötung für schuldig befunden und den Angeklagten K. zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und die Angeklagte W. zu einer Jugendstrafe von einem Jahr unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.
Die Angeklagten waren Halter von zwei sogenannten Kampfhunden, bei denen es sich um Mischlinge der Rassen Bullterrier, Pitbull und Staffordshire Terrier handelte. Die Hunde waren wiederholt auffällig geworden, weil sie andere Hunde angegriffen und ihnen zum Teil erhebliche Bißverletzungen beigebracht hatten. Eines der Tiere hatte auch ein Kind angesprungen und es in den Arm gebissen. Den daraufhin erteilten Anordnungen und Auflagen des zuständigen Wirtschafts- und Ordnungsamtes kamen die Angeklagten nur unzureichend nach.
Am 26. Juni 2000 führte der Angeklagte K. mit Wissen der Mitangeklagten beide Hunde in einen Innenhof und ließ sie dort von der Leine, damit sie ihr "Geschäft" in den dortigen Büschen verrichten konnten. Plötzlich sprangen beide Hunde über die 1,40 m hohe Mauer auf das angrenzende Gelände einer Grundschule, wo sich gerade Schulkinder während der Schulpause aufhielten und Ball spielten. Die Tiere sprangen einen sechsjährigen Jungen an, so daß er zu Boden stürzte; sodann fielen die Hunde über das Kind her, das infolge der Vielzahl der Bisse zu Tode kam. Intensive Rettungsbemühungen des Angeklagten K. waren vergebens.
Gegen das Urteil hatten sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte Revision eingelegt, die Staatsanwaltschaft mit dem Ziel einer Verurteilung der Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Der Bundesgerichtshof hat beide Revisionen verworfen. Die Verneinung des bedingten Körperverletzungsvorsatzes des Angeklagten war vertretbar. Der Senat hat darauf hingewiesen, daß die landgerichtliche Beurteilung dieses Grenzfalles zwischen (bedingt) vorsätzlicher Körperverletzung mit Todesfolge und (grob) fahrlässiger Tötung sicher nicht die einzig mögliche sei. Sie sei aber in sich widerspruchsfrei, nicht unklar oder lückenhaft und lasse auch keine sonstigen Rechtsfehler erkennen; sie müsse daher – ebenso wie die sehr maßvollen Strafen - vom Revisionsgericht hingenommen werden.
Urteil vom 11. Dezember 2001 – 5 StR 419/01
Ergänzend dazu:
Morgenweb
Eineinhalb Jahre nach dem Tod des kleinen Volkan durch Bisse zweier Kampfhunde in Hamburg hat heute der Bundesgerichtshof (BGH) den Fall verhandelt. Der 5. Strafsenat des BGH in Leipzig wollte seine Entscheidung über die Revisionsanträge von Staatsanwaltschaft und Verteidigung am späten Nachmittag verkünden. Das Hamburger Landgericht hatte den 25-jährigen Hundebesitzer im Januar dieses Jahres wegen fahrlässiger Tötung zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Seine mitangeklagte, damals 19 Jahre alte Freundin erhielt ein Jahr Jugendstrafe auf Bewährung.
In der Revisionsverhandlung ging es um die Frage, ob den Angeklagten nur Fahrlässigkeit oder doch ein bedingter Vorsatz vorzuwerfen ist. Die Bundesanwaltschaft beantragte vor dem BGH, das Urteil aufzuheben und den Fall zur Neuverhandlung an das Hamburger Landgericht zurückzuverweisen. Nach ihrer Ansicht hätten die beiden Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge bestraft werden müssen. Dies hätte eine härtere Strafe zur Folge.
Auch der Verteidiger des 25-Jährigen beantragte eine Neuverhandlung - allerdings mit dem Ziel eines Freispruchs. Der Hamburger Anwalt Michael Wulff argumentierte vor den Bundesrichtern, für seinen Mandanten wäre es seinerzeit nicht vorhersehbar gewesen, dass die Hunde mit tödlichen Folgen über einen Menschen herfallen würden.
Der Pitbull-Mischling "Zeus" des 25-Jährigen hatte den Jungen am 26. Juni 2000 gemeinsam mit dem Kampfhund "Gypsi" seiner Freundin auf einem Schulhof in Hamburg-Wilhelmsburg zerfleischt. Der Angeklagte hatte die Hunde trotz Leinenzwangs frei laufen lassen. Die Tiere waren über eine Mauer auf den Schulhof gesprungen, wo Volkan und andere Kinder Ball spielten.
Der Fall hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst. Viele Bundesländer verschärften ihre Regelung zur Zucht und Haltung bestimmter Hunderassen. Außerdem entstand ein Bundesgesetz gegen gefährliche Hunde. Das Bundesverfassungsgericht hatte es erst in der vergangenen Woche abgelehnt, Teile davon auszusetzen. Die Entscheidung in der Hauptsache steht hier noch aus.
Erst am Montagabend hatte in Essen erneut ein Kampfhund ein dreijähriges Mädchen angefallen und es an Stirn und Auge verletzt. Wie die Polizei mitteilte, musste die Kleine im Krankenhaus behandelt werden. Zu dem Vorfall kam es, als eine 24 Jahre alte Frau ihre drei Kampfhunde unangeleint aus dem Auto ließ.
Die verbraucherpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gudrun Kopp, kritisierte, mit dem im Frühjahr 2001 verabschiedeten Bundeskampfhundegesetz und den Länderverordnungen sei ein Schutz vor gefährlichen Hunden nicht wirklich gegeben. Nur Einzelfallprüfungen von Mensch und Tier gäben Auskunft über eine bestehende Gefahr.
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