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19.11.01 -- Claudia Seidel

RE: Hilfe - hab ich mit der Erziehung was falsch gemacht?














Hallo Anita,

eigentlich ist ja schon alles gesagt worden. Trotzdem möchte ich meinen Senf auch noch dazugeben, weil mir gerade Dobermänner sehr am Herzen liegen.

1. Solange du so viel Wert darauf legst, dass andere Leute ein gute Meinung von dir haben, wirst du mit deinem Vorhaben den Hund zu erziehen nicht sehr weit kommen, weil man es niemals allen Recht machen kann. Mit einem Dobi wirst du sowieso von dem ein oder anderen Mitmenschen komisch beäugt, dann ist die Quietscheente in deiner Hand doch völlig wurscht, oder? Lass die Leute gucken oder sabbeln, konzentriere dich lieber nur auf deinen Hund, dann kannst du denen die jetzt doof geschaut haben in einiger Zeit einen tollen Hund präsentieren auf den du stolz sein kannst, allen Unkenrufen zum Trotz. Mit so einem Hund brauchst du deiner Umwelt gegenüber nun mal ein etwas dickeres Fell ;-)

2. Warum nutzt du nicht die Macht der Leckerlies wenn dein Hund darauf reagiert? Keine Sorge, diese Taktik muss man nicht lebenslänglich einsetzen, man kann sie später nach und nach abbauen ohne dass der Hund seine bis dahin gelernten Dinge schlagartig wieder vergisst.

3. Zum Lärmen im Auto fällt mir leider nicht viel ein. Ich kenne das Problem von vielen Dobi-Besitzern. Aber mit konsequentem Überhören und Nicht-Reagieren haben alle Hunde früher oder später gelernt die Klappe zu halten ;-)

4. Was das anknurren deines Freundes betrifft: Kann es sein, dass dein Hund es nicht böse meint, sondern dass er nur gelangweilt ist und gern spielen möchte? Dann solltest du versuchen ihn kopfmäßig mehr auszulasten. Gib ihm was zu denken, lass seine Birne rauchen. Suchspiele sind dafür gut geeignet, nur über eine Wiese zu rennen lastet einen Dobermann schon in dem Alter keineswegs aus.

5. Das er bisher gelernte Kommandos vergisst ist in seinem Alter normal, ich würde ihn aber damit nicht durchkommen lassen. Aber du schreibst auch, dass er bei deinem 'Sitz-Befehl' manchmal Platz macht oder auch umgekehrt. Deshalb vermute ich einfach mal, dass dein Hund noch gar nicht richtig weiß, was du überhaupt von ihm erwartest. Er kann die Befehle nicht umsetzen und versucht einfach irgendetwas zu tun, schließlich hast du ja was gesagt. Und wenn er dann so einen Versuch startet der aber falsch ist gibt es nicht mal einen Grund gelobt zu werden. Das ist für deinen Hund auch ganz schön frustrierend und viele Hunde reagieren darauf irgendwann mit absoluter 'Befehlsverweigerung'.

Alles in allem denke ich, dass dein Hund genauso überfordert wie auch unterfordert ist.
Unterfordert weil er nach 2 Monaten Hundeschule jetzt Langeweile schieben muss.
Überfordert weil er vielleicht gar nicht verstanden hat, was die Kommandos ihm eigentlich sagen sollen, aber deren Ausführung dennoch verlangt wird.

Mein Tipp für dich wäre, mit deinem Hund noch einmal ganz von vorn anzufangen. Also ihm das 'Sitz' etc. mit Hilfe und Unterstützung deinerseits ganz neu beizubringen. Das würde ich beim gassigehen jeden Tag mehrmals immer wieder üben. Allerdings würde ich mit dem 'Hier' anfangen, weil ich es für am Wichtigsten halte dass ein Hund sofort und egal in welcher Situation auf meinen Ruf hin bei mir zu erscheinen hat. Das kannst du auch ganz prima in der Wohnung (wie alle anderen Kommandos auch) ohne Ablenkung üben. Nimm ein leckeres Stück Wurst (nur ein Ministück, aber etwas besonderes!) in die Hand beobachte deinen Hund und wenn er dich anschaut dann ruf fröhlich 'Hiiiier', halt deine Hand vor deinen Bauch und gib ihm die Wurst wenn er schnell anlaufen kam. Gib ihm die Wurst aber nicht solangen er rumkaspert, sondern erst wenn er entspannt vor dir steht oder sitzt, und wenn es eine halbe Stunde dauern sollte. Ich gebe dir Brief und Siegel, wenn du das zwei Tage zuhause immer wieder übst, dann hat dein Hund begriffen was er zu tun hat wenn du ihn rufst. Genauso kannst du mit den anderen Kommandos verfahren. Immer schön eins nach dem anderen, nicht alle durcheinander. Neuen Lernstoff immer erst anbieten, wenn das zuletzt gelernte wirklich sitzt. Und achte darauf was du sagst und wie du es sagst. Also für das Herankommen nicht einmal 'Hiiiiiier', beim nächsten Mal 'Hier!', dann wieder 'Komm' oder 'ich habe gesagt du sollst herkommen'...
Immer das gleiche Kommando mit immer der gleichen Stimme benutzen, sonst machst du es dem Hund unnötig schwer und er kann nicht richtig lernen.

Noch etwas: Du fragst ob das normal ist in seinem Alter oder ob es an der Rasse liegt. Meine Antwort wäre: Beides ;-)))
Du hast dir eine Rasse ausgesucht die mit viel Feingefühl und Trick 17 erzogen wunderbar leichtführig, anschmiegsam und lernbegierig ist. Aber ohne Fingerspitzengefühl erzogen können Dobis die Hölle auf Erden sein, schwerführig und rotzfrech bis hin zur Gefahr für ihre Umwelt. Die Erziehung kann oftmals eine Gratwanderung sein, man driftet leicht in die falsche Richtung ab. Dobermänner sind trotz ihres oft rüpeligen Verhaltens kleine Mimosen und sehr sehr sensibel, sie nehmen ungerechte Behandlung sehr übel und können dann schnell unangenehme Verhaltensauffälligkeiten entwickeln. Mit einem unsicheren Dobi ist nicht gut Kirschen essen.
Anschreien ist das allerletzte womit man einen Dobi beeindrucken kann. Für ihn ist Geschrei Unsicherheit seines Chefs, und wie soll der Hund bei einem unsicheren Chef selber ein sicheres ausgeglichenes Verhalten zeigen?
Das Prinzip trifft für andere Rassen zwar genauso zu, aber einen sensiblen Dobi kann man schon mit ein, zwei 'gut' plazierten Brüllern zu einem seelischen Wrack machen.

Am besten fährts du bei einem Dobermann, wenn du immer einen ruhigen, souveränen Eindruck machst. Lass dich niemals (!) von seiner Hektik oder seinem Temperament anstecken. Bleib immer gleichbleibend ruhig, egal was passiert, steh über den Dingen. Versuche nicht deine Kommandos mit Lautstärke durchzusetzen, sondern mit Beharrlichkeit und freundlicher Stimme. Immer und immer wieder, solange bis es klappt. Und schaffe viele Situationen in denen du deinen Hund für etwas geleistetes loben kannst. Mit viel Lob, Engelsgeduld und gleichbleibender Ruhe wirst du deinem Hund alles beibringen können, er wird sich darüber freuen dir zu gefallen. Spaß ist die beste Basis für erfolgreiches Lernen, verkniffen und schlecht gelaunt wird es nie etwas.
Wenn du in ganz kleinen Schritten von vorn anfängst, wirst du selber wieder mehr Freude an der Sache haben und dann klappt auch eure Kommunikation wieder.

Wo wohnt ihr denn? Es muss doch auch bei euch einen vernünftigen Hundeplatz geben, wo euer Hund u.a. Beschäftigung für den Kopf finden kann...

Eins noch zum Schluss:
Ein Hund, egal welcher Rasse, der nicht zuverlässig hört wenn er gerufen wird, gehört grundsätzlich an die Leine.

Viel Erfolg,
Claudia
Thema: Hilfe - hab ich mit der Erziehung was falsch gemacht?


 
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