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09.11.01 -- Sonneblume

RE: Tierquälerei














Untenstehend der Artikel. Die Bilder dazu konnte ich leider nicht kopieren. Versuchs nochmal unter www.spiegel.de, dann unter Panorama, dort im Archiv.
Gruß, Sonny

Tierquälerei

Tod in der Bille

Von Bruno Schrep

Das Schicksal eines Riesenschnauzers, der am Stadtrand von Hamburg ertränkt wurde, empört Tausende Hundefreunde. Der Täter beruft sich auf Notwehr. Auf ihn war eine Belohnung ausgesetzt worden.

Das Opfer: Cäsar

Hamburg - An diesem Abend werden Radler am Ufer des Flüsschens Bille, in Höhe einer mächtigen Trauerweide, zu Zeugen einer gruseligen Szene. Sie sehen, wie ein großer kräftiger Mann, der bis über die Knie im Wasser steht, mit Hilfe eines Holzknüppels ein schwarzes Bündel unter Wasser drückt, immer und immer wieder. Das Bündel bewegt sich, zappelt, strampelt. Kurz darauf, der Mann ist inzwischen weggelaufen, ziehen von den Radlern alarmierte Polizisten das schwarze Bündel aus dem Fluss: einen Riesenschnauzer, ertrunken. Der Körper des Tieres ist mit Blutergüssen übersät.

Wer macht so etwas? Und warum? Der Fall, passiert am Rande Hamburgs, löst heftigste Gefühle aus. Ein toter Hund, na und? Sagen die einen. Ein Verbrechen, empören sich andere. Ich möchte diesem Hundemörder in die Augen sehen, wünscht sich die Zahnärztin Beatrice Markert-Schilling, Tierschützerin, selbst Besitzerin von zwei großen Hunden. Für sie steht fest: Jemand, der das fertig bringt, ertränkt auch ein Kind.


Reinhard Janke/ argus

Tierschützerin Beatrice Markert-Schilling, Zahnärztin aus Hamburg-Volksdorf mit den Hündinnen Lara und Cindy: "Wer so was macht, ertränkt auch ein Kind"


Zur Ergreifung des Mannes setzt die Medizinerin 1000 Mark Belohnung aus. Andere Tierfreunde, ebenso wütend und aufgewühlt, schließen sich an. Binnen Wochen kommen 12.300 Mark zusammen. Kaum eine andere Straftat hat in Hamburg so große private Spendenbereitschaft ausgelöst. In Deutschland, wo jährlich Milliarden Mark für Tierfutter ausgegeben und Haustiere teilweise wie Menschen bestattet werden, wird Tierquälerei längst nicht mehr als Kavaliersdelikt verharmlost. In schweren Fällen droht Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren. Einerseits.

Andererseits steigt seit Jahren die Zahl scheußlichster Quälereien, richten sich Hass und Gefühlskälte zunehmend gegen Tiere. So genannte Pferderipper traktieren Pferde auf offener Weide mit Messern, Hunde werden geköpft, Katzen aufgehängt. Erst vor Wochen wurde in München die Berner Senner-Hündin Onka aus einem Auto gestohlen, an einen Baum gebunden und mit einem Knüppel totgeschlagen.




Reinhard Janke/ argus

Polizei-Fahndungsplakat


Tausende Exzesse dieser Art registriert der Deutsche Tierschutzbund alljährlich, allein in Hamburg kommt es im Jahr zu über 2000 Anzeigen. Viele Verfahren enden ergebnislos, die Täter werden nie entdeckt. Im Fall des ertränkten Riesenschnauzers verfolgt die Polizei eine Spur, die zu dem kleinen Ort B. in Schleswig-Holstein führt. Dort wohnt seit kurzem der Facharbeiter Thomas K., ein Mann, der sich schon als Kind sehnlichst einen Hund gewünscht hat.

Weil die Eltern es verbieten, erfüllt sich Thomas K. seinen Wunsch erst, als er selbst Vater geworden ist. Seine beiden Töchter, hat er sich geschworen, sollen jedenfalls mit einem Tier aufwachsen. Kinderlieb soll der Hund sein, zuverlässig, kräftig, gehorsam und wachsam. Fachleute raten zu einem Riesenschnauzer. Den drei Monate alten Rüden namens Cäsar, den Thomas K. für 400 Mark bei einem Züchter kauft, finden alle drollig. Wenn der schwarze Welpe ungestüm über Tische und Stühle jagt, Gläser und Vasen herunterwirft, kann ihm niemand böse sein. Auch dann nicht, wenn er nicht auf Befehle hört.


Reinhard Janke/ argus

Tatort an der Bille


Zwar kauft sich Thomas K. mehrere Bücher über Hundeerziehung, will alles richtig machen. Doch es fehlt ihm an Erfahrung, oft ist er einfach nicht konsequent genug. Häufig muss er wochenlang auf Montage, kann sich um den Hund nicht kümmern.

Als Cäsar größer wird, 70 Zentimeter hoch, 40 Kilogramm schwer, beginnen die Schwierigkeiten. Der Riesenschnauzer legt sich oft mit anderen Rüden an, mehrfach kommt es zu Beißereien.

Was schwerer wiegt: Der Hund, völlig auf seinen Herrn fixiert, befolgt keine Kommandos von K.s Ehefrau. Er akzeptiert sie nicht, versucht, sie umzuwerfen, reißt sich beim Ausgang von der Leine los. Die Frau, von Anfang an distanziert und skeptisch, ohne rechte Beziehung zu dem Tier, beginnt, den Hund zu fürchten. Gib ihn weg, bedrängt sie ihren Mann. Der versteht nicht. Wieso denn, warum denn? Sieht sie denn nicht, welchen Spaß die Kinder haben? Wie geduldig sich Cäsar von ihnen an den Ohren ziehen lässt, wie er die Kleinen sogar auf sich reiten lässt. Fotos aus dieser Zeit zeigen eine Idylle: im Bett und auf dem Fußboden tobende Kinder, der Hund immer dabei.

Als die Probleme zunehmen, seine Frau sich häufiger beschwert, versucht Thomas K., die versäumte Erziehung mit Gewalt nachzuholen. Nachbarn beobachten, wie er den Hund mit der Leine verdrischt. Gleichzeitig annonciert er das Tier in Anzeigenblättern, vergeblich. Einigen Interessenten möchte Thomas K. seinen Rüden nicht anvertrauen, umgekehrt stören sich andere an der wilden Art des Hundes. Ein großer Hundeverein, behauptet Thomas K., habe seine Hilfe an Bedingungen geknüpft: Sind Sie Vereinsmitglied? Nein? Hat der Hund Papiere? Nein? Dann können wir leider nichts machen. Im Sommer, nach dem Umzug der Familie in ein Reihenhaus, wird Cäsar zunehmend aggressiver. Ihm fehlt der Auslauf im großen Garten, der zur alten Wohnung gehörte. Seine neue Bleibe, ein ausrangiertes Sofa im Hobbykeller, nimmt er nicht an.



Auch Thomas K., dem der inzwischen sieben Jahre alte Hund bisher aufs Wort gehorcht, hat plötzlich Schwierigkeiten, sich durchzusetzen. Und die älteste Tochter, die das Tier seit Jahren füttert, den Riesenschauzer liebt wie ein Familienmitglied, wird von Cäsar öfter angeknurrt. Nachbarn beschweren sich über ständiges Bellen. An einem Donnerstagnachmittag wird Thomas K. über Handy auf der Baustelle alarmiert. Du musst sofort kommen, fordert seine Ehefrau, der Hund spinnt. Cäsar hat sich nach einer Einkaufsfahrt im Auto verkrallt, hat die Kopfstützen zerbissen, weigert sich, herauszukommen, fletscht jeden an, der sich nähert.

So reagiert nur ein Hund, der krank ist, Schmerzen hat oder der ein Schockerlebnis verdauen muss, urteilt ein Züchter. Oder der misshandelt wurde.

Mit einem Würgehalsband und einem daran befestigten Schaufelstiel zieht Thomas K. den schnappenden, sich mit aller Kraft wehrenden Riesenschnauzer aus dem Auto. Der Kampf dauert 20 Minuten. Zu Hause, im Reihenhaus, wirkt Cäsar plötzlich wieder friedlich. Doch als Frau K. die Treppe herunterkommt, bellt und knurrt er wütend, baut sich drohend vor ihr auf, ist auch von seinem Herrn kaum zurückzuhalten. Bitte schaff ihn aus dem Haus, fordert die Frau erneut. Ich halt es nicht länger aus.

Thomas K. nimmt Cäsar, holt die Leine, das Würgehalsband, den Schaufelstiel. Und verspricht, ohne Hund zurückzukommen. Das Tierheim in Schwarzenbek, sagt er, sei schon geschlossen gewesen. Im großen Hamburger Tierheim an der Süderstraße, wo er den Rüden stattdessen abgeben wollte, habe man ihn abgewiesen: Wir sind überfüllt, versuchen Sie es woanders.

Ratlos war ich, behauptete Thomas K. Er habe mehrere Möglichkeiten erwogen - und wieder verworfen. Den Hund aussetzen, vielleicht an der Raststätte der nahe gelegenen Autobahn? Ihn vor dem Tierheim anbinden? Ihn mitten in Hamburg laufen lassen? Dann sei er über die Brücke gefahren und habe den Fluss gesehen. Und dann "kam mir diese bescheuerte Idee".

Wo ist Cäsar?, fragt die ältere Tochter, die abends von einem Ausflug zurückkehrt. Ich hab ihn zu netten Leuten gegeben, lügt der Vater. Das Mädchen weint. Wo hast du ihn gelassen?, will auch die Ehefrau wissen. Im Tierheim, antwortet Thomas K.

Seine Hoffnung, unerkannt zu bleiben, zerschlägt sich schnell. Nachbarn, die von dem Hundetod in der Bille gehört haben, das Verschwinden des Riesenschnauzers bemerken, geben einen Tipp. Bei einer Hausdurchsuchung mit zehn Polizeibeamten morgens um sechs werden Halsband, Schaufelstiel und Hundehaare sichergestellt.

Thomas K., der anfangs leugnet, gesteht. Dass ich einen Fehler gemacht habe, wusste ich schon auf der Rückfahrt, erklärt er. Aber: Der Hund war eine tickende Zeitbombe.

Warum ist der Mann nicht zu mir gekommen?, fragt der Tierarzt von B. Der Veterinär hält zwar die von K. behauptete Wesensveränderung des Rüden für möglich. Er kann aber wie so viele die brutale Tötung nicht verstehen. ·Ich hätte das Tier doch notfalls einschläfern können. Seit sich der Fall herumgesprochen hat, halten sich Bekannte von Familie K. fern, selbst ehemals gute Freunde haben sich distanziert. Nachbarn grüßen nicht mehr.

Die beiden Töchter, die ihren Spielkameraden verloren haben, sind noch ahnungslos. Wenn sie mal älter sind, werde ich ihnen alles erklären, verspricht der Vater.




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Thema: Tierquälerei


 
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