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Hallo Christof,
über Deinen letzten Eintrag habe ich mich ganz besonders gefreut.
Ich weiß ja, was Du von Züchtern hältst...
Für die VDH-Leute bin ich ein "Dissident", allerdings ohne
die geringste Chance, mit meinen Hunden
überhaupt dort Mitglied werden zu dürfen. Schließlich sind auch meine Hunde alle 3
"dissitentisch" gezüchtet worden und damit für VDH und FCI Mischlinge. Vielleicht sind sie aufgrund ihres geringen Inzuchtkoeffizienten aber besonders gesund und langlebig?
Ich habe mich lange auf diversen Ausstellungen von "Dissidenten-Vereinen"
umgesehen und mir überlegt, in welchem ich mit meinen Hunden evtl. mitmachen möchte.
In den Nicht-VDH-Vereinen sind meine Hunde jederzeit willkommen - als Collies.
Andererseits habe ich auch dort die vielen kleinen Geister kennengelernt, von denen Du
schon geschrieben hast. Und, was mich besonders stört: Sie machen eigentlich
gar nichts anders, als der VDH: Auch dort steht das Outfit - wer ist der standardmäßigste? -
im absoluten Vordergrund. Das hat zur Folge, daß rassetypische
Merkmale, wie z. B. das Langhaar beim Langhaar-Collie, immer weiter übertrieben werden
ohne Rücksicht auf Wesen und Gesundheit der Tiere.
Wie auch, soll der Ausstellungsrichter etwas anderes beurteilen, als das, was er sieht?
Es würde auf jeden Fall komplizierter. Für manche Rassen muß zumindest die Gebrauchshund-Tauglichkeit
nachgewiesen werden. Die Begleithundprüfung für alle zur Zucht zu verwendenden Tiere
vorzuschreiben, wäre ein Schritt in die richtige Richtung.
Bleibt eine Hündin wiederholt leer, wird
sie in der Regel verkauft und durch eine produktivere
ersetzt, ohne Rücksicht auf die Gefühle der Hündin, die so ihr angestammtes "Rudel" verliert.
Nein, mit Tierliebe hat das nichts zu tun.
Ich denke nicht daran, irgendwelche Papierchenschreiber zu unterstützen, nur damit ein
"Zuchtwart" seine Unterschrift mit auf die Abstammungsurkunden bringt, die der VDH eh nicht anerkennt.
Nein, wenn überhaupt, bin ich mehr "Dissident" als "Züchter", und wenn es mit
meinen Tieren nicht ohne tiermedizinische Tricks klappt, nicht einmal das. Ich werde ggf. meinen Welpen auf jeden Fall
eine Ahnentafel ausstellen, damit nicht irgendwann aus Versehen Bruder Schwester trifft
und die Besitzer meinen, sie passen ja so schön zusammen... Inzucht vermeiden -
das ist für mich das wichtigste Argument.
Die Entscheidung für eine bestimmte Hunderasse kann mit einer bestimmten Erwartungshaltung zusammenhängen. Beispielsweise sind Collies grundsätzlich sehr sanftmütige, eher triebschwache, "weiche" Hunde, während Malinois (kurzhaariger belg. Schäferhund) triebstarke, "harte" Hunde sind, die einerseits sehr viel mehr "einstecken" können, ohne sich von Ziel ihrer Arbeit ablenken zu lassen, was sie als Diensthunde so wertvoll macht, andererseits aber im Wehrverhalten auch ihrerseits gefährlich werden können. Während sich ein Collie höchstens mal durch Abschnappen wehrt, bei dem er meistens nicht einmal trifft, und wenn, nur ein wenig zwickt, kann es bei einem wütenden Mali durchaus zum Zupacken und sogar Festbeißen kommen. In diesem Sinne hat die Hundezucht nicht nur verschiedene äußerliche Merkmale, sondern auch sehr verschiedene Wesensmerkmale erreicht. Diese zu erhalten ist ein durchaus schützenswertes Kulturgut. Andererseits sollte sich ein jeder Welpenkäufer vor Katalogdenken hüten und vergegenwärtigen, daß die in Rasseportraits gelobten Wesens-Eigenschaften natürlich nur dann zu erreichen sind, wenn der Welpe gut sozialisiert und erzogen wird. Werden die Zuchttiere allein aufgrund ihrer äußeren Merkmale zusammengeführt, kann die Veranlagung zum typischen Wesen verlorengehen. Auch vor körperlichen und wesensmäßigen Übertreibungen sollte man sich hüten. Manche Rassehunde bekommen z. B. kaum genug Luft durch die Atemwege. Es ist gefährlich, eine besonders durchsetzungsfähige, triebstarke Malinois-Hündin mit einem ebenfalls sehr dominanten, extrem triebstarken Rüden belegen zu lassen. In der nächsten Generation können Hunde auftreten, die ab der Pubertät nicht mehr handhabbar sind.
Jeder, der vor der Anschaffung eines Hundes steht, sollte sich fragen, was er vom Hund im Laufe seines Hundelebens erwartet. Wer einfach nur einen "feinen Kerl" bei sich haben will, wer züchterisch keine Ambitionen hegt, wer keine speziellen Ausbildungsziele anvisiert, der hat mit einem Mischling nicht nur "genug", sondern auch die Chance, etwas einmaliges zu haben, denn kein Mischling gleicht dem anderen!
In diesem Sinne habe ich meiner Schwester voriges Jahr geraten, eine Schäfer-Mix-Hündin zu nehmen. Bislang ist sie mit ihr sehr zufrieden.
Daß ich selbst Collies habe, liegt daran, daß mein Sohn erst 2 J. alt war, als wir vor der Anschaffung standen.
Einen triebstarken Hund traute ich mir einfach nicht zu. Auch mußte der Hund mit Rücksicht auf die dicht besiedelte Nachbarschaft sehr gut erziehbar sein. Gebell wird hier nicht toleriert. Meiner 10-jährigen Gladess
wollte ich dann wiederum keinen wesentlich dominanteren Gesellschafter zumuten. Zu meinem
kerngesunden Aron paßte 2 1/2 J. später am besten eine Colliehündin. Da er die tierärztlichen
Zuchttauglichkeitsuntersuchungen alle fehlerfrei bestand, begann ich davon zu träumen, von diesem
Hund eines Tages Welpen zu haben. Da Belana genauso gesund ist und auch alle tierärztlichen
Zuchttauglichkeitsuntersuchungen fehlerfrei bestand, Aron bzgl. der Standardmerkmale sogar ergänzt und mir beide Hunde vom Wesen her sehr gut gefallen,
möchte ich versuchen, zu Nachzucht von den beiden zu kommen.
Genug Interessenten für junge Collies zu finden, ist wesentlich einfacher als für Mischlinge gute
Plätze zu finden. Trotzdem (oder gerade deshalb) muß ich natürlich aufpassen...
Viele Grüße!
Gudrun
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