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12.02.01 -- Volker B.

RE: bonsaikitten/Check Your Head!/Alex














Hi Alex!

Gerne versuche ich meinen Gedanken noch mal in andere Worte zu fassen, wenn sich jemand wirklich dafür interessiert.

Zuerst einmal möchte ich noch einmal ganz deutlich die Aussage aus dem von Sabine weitergeleiteten Artikel herausstellen: es ist keiner Katze auch nur ein Haar gekrümmt worden, um »bonsaikitten« zu erzeugen. Alle Abbildungen wurden durch elektronische Bildbearbeitung erzeugt auf der Basis völlig normaler, harmloser Katzenfotos.

Das interessante, und damit wertvolle an Aktionen wie »bonsaikitten« ist für mich, daß damit ausgelotet wird, wo die Reizschwelle bei den Menschen unserer entwickelten Gesellschaften angesiedelt ist. Eine Dokumuntation über z. B. Pferdetransporte in LKWs von Polen nach Italien, bei der sich mir der Magen umdrehte, findet keine nennenswerte Resonanz, obwohl diese Sache normaler Alltag ist. Eine sehr leicht als inzeniert zu entlarvende Tierquälerei mit im Weltbild ganz anders verankerten Haustieren, die auch noch vom Menschen mit Pflanzen durchaus praktizierten Techniken dazu heranzieht, sorgt dann - im Gegensatz zu der verachtenswerten Realität - für wütende Entrüstung. »bonsaikitten« ist technisch so gut gemacht, daß sich viele haben täuschen lassen, und das ist für mich der Knackpunkt: die Leute, die sich täuschen ließen trauen anderen Menschen zu eine solche, bei nüchterner Betrachtung unmögliche Praktik wirklich auszuüben.

Die nachgeschobene Begründung, auch wenn das Gezeigte gar nicht möglich ist, könnte es ein schlechtes Beispiel für Debile oder Kinder darstellen ist einfach absurd. Denn das ist in meinen Augen der Offenbarungseid einer zivilisierten Gesellschaft. Wenn man etwas wie »bonsaikitten« bekämpft sollte man voraussetzen, daß ein nenneswertes Potential an »schlechtem Beispiel« besteht, also sich nicht nur irgendwo auf der Welt ein Zurückgebliebener oder ein unzureichend sozialisiertes Kind inspirieren läßt. Von solchen Menschen werden auch ohne Vorlagen aus dem Internet tagtäglich Grausamkeiten an Schwächeren - vielfach an Tieren begangen, über die keiner spricht. Aber nun zurück zur Argumentation:

Eine funktionierende zivilisierte Gesellschaft sollte doch eigentlich ihre zugehörigen Mitmenschen so konditionieren, daß ihnen ohne jeden Zweifel klar sein müßte, daß etwas wie »bonsaikitten« sowohl technisch als auch ethisch nicht existieren kann. Die Tatsache, daß massenhaft von Menschen das Gegenteil angenommen wurde ist die entlarvende, und bittere Aussage über das Selbstverständnis der abendländischen modernen Hochkulturen. DAS finde ich erschütternd, nicht den sicher unappetitlichen Inhalt von »bonsaikitten«. Weil »bonsaikitten« in meinen Augen diese Erkenntnis hervorgebracht hat finde ich, daß Aktionen wie diese sehr sinnvoll sind.

Erinnerst Du Dich an den Spielfilm, in dem ein Lehrer einer höheren Schule einen politischen radikalen Kult etabliert hat, der sich gegen Schwache, Absahner, Schmarotzer und alle Minderbemittelten wandte. Eine Elitenbewegung wurde sehr subtil gefördert. Im Nu fanden die Thesen des Lehrers großen Anklang, worauf er preisgab, daß die Ideen nicht von ihm stammen würden, sondern von einem ihm bekannten geistigen Vorbild. Die Sache wurde geschickt zugespitzt in der Weise, daß die begeisterten Studenten in einer großen Veranstaltung dieses geistige Vorbild kennen lernen sollten. Bei der Jubelparade wurde dann keine real existierende Person vorgestellt, sondern Filme von Adolf Hitler gezeigt. Die jungen, aufgeklärten Nachkriegskinder waren ganz schnell und leicht den gleichen Thesen wie Ihre Väter und Mütter auf den Leim gegangen und entsprechend geschockt.

Einen vergleichbaren Zweck erfüllen in meinem Verständnis Aktionen wie »bonsaikitten«. Sie zwingen einen die eingeübten Denkmuster zu prüfen, wenn man ihren verführerischen Botschaften (die in diesem Fall umgekehrt radikale Ablehnung provozieren soll) nicht auf den Leim gehen will.

Das meine ich mit »kulturellem Nullabgleich« und »Check Your Head«.

Hat diese Erklärung ein wenig Licht in das Dunkel meiner Denkweise gebracht? Ich hoffe es.


Gruß, Volker B.
Thema: bonsaikitten


 
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